Klimaschutz im Gebäudebereich ist ein mühsames Anliegen. Mit der Klimaschutzabgabe, die Kirchengemeinden dazu verpflichtet, finanziell für ihren CO2-Ausstoß einzustehen, ist die EKBO Vorreiter. Und es scheint zu wirken, sagt Jörn Budde, Leiter des Umweltbüros der EKBO, im Interview mit Constance Bürger. Viele Baustellen für mehr Klimaschutz bleiben jedoch. Ein Beitrag zum Tag der Schöpfung.
Herr Budde, wie steht es aktuell um die Klimaschutz- und Umweltarbeit in der EKBO?
Budde: Das Ziel, mit dem wir angetreten sind, war, dass Klima- und Umweltschutz in den vorhandenen kirchlichen Strukturen mitgedacht werden. Das ist in den allermeisten Organisationen ja heute noch nicht gegeben. An vielen Stellen ist uns das gelungen.
Was hat dazu beigetragen?
Das Klimaschutzgesetz der EKBO, das den Gebäudebereich adressiert, hat das am offensichtlichsten bewirkt. Es ist in fast allen Kirchengemeinden und Kirchenkreisen angekommen, dass Klima- und Umweltschutz auch die Gebäude betrifft. Außerdem drückt es sich auch personell aus. Durch die Klimakümmer:innen vor Ort in den Kirchenkreisen haben wir aus dem Umweltbüro nun auch Ansprechpartner:innen vor Ort.
Teil des Klimaschutzgesetzes der EKBO ist die sogenannte Klimaschutzabgabe. Je nachdem, wie viel Emissionen das Gebäude einer Kirchengemeinde ausstößt, muss die Gemeinde oder der Kirchenkreis eine CO2-Abgabe zahlen. Wie steht es aktuell um die Einsparung von Treibhausgasen im Gebäudebereich?
Basierend auf dem Trend der vergangenen drei Jahre können wir das übergeordnete Klimaschutzziel – Null Emissionen bis 2045 im Gebäudebereich – erreichen. Dort stehen wir aktuell bei rund fünf Prozent Einsparungen pro Jahr. Das ist sehr gut.
2022 hat die Klimaschutzabgabe erstmalig gegriffen. Allerdings befinden wir uns noch nicht auf dem Zielpfad der EKD-Klimaschutzrichtlinie für den Gebäudesektor. Der sieht vor, dass bis 2035 90 Prozent Emissionen eingespart werden und die verbleibenden 10 Prozent bis 2045. Wenn sich die aktuelle Entwicklung weiter beschleunigen würde, dann könnten wir auch dieses Ziel erreichen.
Wie kann das passieren?
Es dürfte nicht bei „nur“ 5 Prozent Einsparung von Emissionen pro Jahr bleiben. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wir können einerseits die Beheizung von Gebäuden reduzieren, andererseits können wir Gebäude energetisch sanieren oder nicht-fossile Heizungsanlagen einbauen. Ein Großteil der Gebäude, insbesondere im Gebiet der ehemaligen DDR, braucht neue Heizungsanlagen. Viele wurden nach 1990 eingebaut. Nach Bundesgesetzgebung müssen die meisten nach 30 Jahren getauscht werden. Im Fall von Fernwärme tragen kommunale Wärmeplanungen dazu bei, von fossilen Energieträgern wegzukommen. Hier gibt es also eine bunte Melange, die mich hoffnungsfroh stimmt.
Beispiel: Ladesäule vor der Kirchengemeinde Kleinmachnow
Würde es ohne die Klimaschutzabgabe auch so aussehen?
Mittlerweile haben alle evangelischen Landeskirchen ein Klimaschutzgesetz oder vergleichbare Regelungen, aber außer der EKBO keine so eine Klimaschutzabgabe. Die Landeskirchen, die ähnlich strukturell aufgebaut sind wie die EKBO, kommen noch nicht so recht voran. Die Klimaschutzabgabe scheint hier ein wichtiges Lenkungsinstrument zu sein.
Wie erleben Sie das Bewusstsein für Klima- und Umweltschutz im kirchlichen Raum?
In vielen Fragen bin ich der Meinung, dass die Kirchenmitglieder ein repräsentativer Querschnitt der Gesellschaft sind. In Bezug auf Fragen der Schöpfungsbewahrung habe ich diesen Eindruck nicht. Das macht auch die letzte Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung deutlich: Klima- und Umweltschutz ist der Mehrheit der Kirchenmitglieder ein zentrales Anliegen.
Ist der Gebäudesektor die größte Herausforderung für den Klima- und Umweltschutz im kirchlichen Bereich?
Das zu sagen, wäre zu kurz gefasst. Wir können ja nur die Emissionen aus Strom und Wärme im Gebäudebereich bilanzieren. Wir haben keine Werte für andere Bereiche, wie zum Beispiel Mobilität und Beschaffung.
Wie geht es voran im Bereich Mobilität?
Wir wollten eigentlich, dass Fahrrad und Auto bei der Kilometerpauschale gleichgestellt werden. Das ging aber aufgrund staatlicher Regelungen nicht. Das Pilotprojekt „Jobrad“ ist gerade in zwei Kirchenkreisen, einem Kita-Verband und zwei Kirchlichen Verwaltungsämtern gestartet. Es gibt erstmal diese Testphase, da es Befürchtungen gibt, dass der Verwaltungsaufwand zu groß sein könnte.
Im ländlichen Bereich ist meist das Auto Hauptverkehrsmittel. Welche Rolle können hier E-Autos haben?
Wir haben keinen Einfluss darauf, welche Fahrzeuge zum Beispiel Pfarrerinnen und Pfarrer nutzen. Es handelt sich ja um ihren privaten PKW. Während meiner Besuche in den Kirchengemeinden haben Menschen oft bemängelt, dass es vor Ort keine Ladesäulen gibt und sie sich daher wieder ein Verbrennerauto kaufen würden. Aus für den Klima- und Umweltschutz gesammelten Kollektenmitteln unterstützen wir deshalb momentan Kirchengemeinden und übernehmen 50 Prozent der Kosten, um Wallboxen oder Ladesäulen an Pfarrhäusern zu installieren.
Wie läuft es im Bereich Beschaffung?
Wir stellen zum Beispiel für den Online-Einkauf das Portal https://www.wirkaufenanders.de“ den Kirchengemeinden kostenlos zur Verfügung, um fair und öko einzukaufen. Die Nutzung könnte jedoch noch besser sein.
Warum wird das Portal nicht so gut angenommen?
Gute Frage. Meine Kollegin Beate Corbach bewirbt es regelmäßig. Oft wird halt vorrangig billig eingekauft. Generell ist da noch viel Luft nach oben.
Wie sieht es im landwirtschaftlichen Bereich aus?
Wir sind gerade mit dem Immobilienreferat dabei, einen novellierten Musterlandpachtvertrag zu erarbeiten mit einer Liste ökologischer Kriterien, aus denen der Pächter, die Pächterin sich mehrere aussucht.
Wir hatten dazu vorher einen großen Beteiligungsprozess mit Landwirten, die Kirchenland pachten oder kirchlich aktiv sind und die alle konventionell wirtschaften. Wir haben mit ihnen durchgespielt, welche Kriterien funktionieren würden. Danach gab es einen Anhörungsprozess, der jetzt gerade abgeschlossen ist, mit innerkirchlichen Akteuren und auch Bauernverbänden und wissenschaftlichen Einrichtungen. Wir haben extrem viele Rückmeldungen bekommen. Die meisten haben unseren Ansatz und die Maßnahmen begrüßt. Im Spätsommer wollen wir in den finalen Konsultationsprozess mit „unseren“ Landwirten gehen.
Wie sind die Rückmeldungen der Landwirte bisher?
Wir haben von den konventionellen Pächtern gehört, dass sie alle mehrere Maßnahmen aus dieser Liste finden würden, die sie problemlos bei sich umsetzen könnten. Fast jede Kirchengemeinde im ländlichen Raum der EKBO besitzt eine landwirtschaftliche Fläche. Man kann davon ausgehen, dass in der Regel alle zehn Jahre ein neuer Pachtvertrag ausgehandelt wird. Und in vielen GKRs sitzen Landwirte. Auf diese Art und Weise kommt man ins Gespräch und das Thema in die Breite.>