Die Veranstaltungsreihe „Donnerstag ist Kirchentag“ hat einen festen Platz im Wochenplan der Versöhnungskirchengemeinde am südlichen Görlitzer Stadtrand. Jeden Donnerstag gibt es hier Musik. Das Projekt trägt sich auf Spendenbasis. Im Schnitt sind 250 Menschen dabei und lassen sich begeistern.
Von Raphael Schmidt
Görlitz. „Donnerstag ist Kirchentag“, so betitelt ist eine Veranstaltungsreihe der Evangelischen Versöhnungskirchengemeinde Görlitz, die bereits im vierten Jahr läuft. Jeden Donnerstag gibt es eine Veranstaltung in der Gemeinde, die sich mit vier Kirchorten am südlichen Görlitzer Stadtrand um den Berzdorfer See schließt: Kunnerwitz, Weinhübel, Tauchritz und Jauernick: Neujahrssingen, Bibel- und Kinoabende, Konzerte, Fahrten, Vorträge – in diesem Jahr beispielsweise zum 500. Reformationsjubiläum, das in Görlitz begangen wird. 52 „Kirchentage“ bietet hier die Gemeinde, die mit 1.000 Gemeindegliedern vergleichsweise klein ist.
„Donnerstag ist Kirchentag“: Veranstaltungsreihe entstand kurz nach Corona
Grundgedanke des vormaligen Pfarrers Ulrich Wollstadt war, neben den Gottesdiensten ein dialogisches Format anzubieten. Dazu kam in der ersten Zeit der Corona-Pandemie die Sorge des Vorsitzenden im Gemeindekirchenrat, Volker Richter, wie man nach dem zeitweisen Stillstand wieder „in Gang“ kommen könnte. Auf diese Weise entstand der gemeinsame Gedanke, alle Gemeindeaktivitäten auf donnerstags zu verschieben und eine feste Reihe daraus zu machen.
Für die Ideensammlung wurde Ende 2021 eine Gemeindeversammlung einberufen – mit 25 Leute damals, unter Masken, in den Kirchenbänken verteilt. Die Wunschthemenliste reichte für zwei vollständige Jahrespläne. Und noch immer ist sie nicht vollständig abgearbeitet. Eine bisher monatliche „Donnerstagrunde“ gab es bereits. Diese Kirchenratssitzungen wurden öffentlich gemacht. Und dann wurden alle Konzerte auf donnerstags umverlegt. „So haben wir lediglich für ein bis zwei Veranstaltungen im Monat etwas erfinden müssen“, sagt Wollstadt, der inzwischen im Ruhestand ist, aber noch im Trägerkreis sitzt.
Die gesamte Palette der Görlitzer Musikszene wird „abgegrast“
Sein Nachfolger im Pfarramt, Kevin Houghton, wusste, bevor er im vorigen November nach Görlitz kam, bereits bestens Bescheid über die Donnerstagsabende. „Ich war sehr verblüfft und fand das cool“, sagt er. Mit einem Team von etwa zehn Gemeindegliedern wird er nun weiter koordinieren, was unter seinem Vorgänger ins Leben gerufen wurde.
Dazu gehören in der Sommerzeit auch die fünf Kunnerwitzer Open-Air-Konzerte unter dem Titel „Randlage mit Aussicht“. Der Titel war entstanden, „als wir uns zur Konzertförderung beim Stadtjubiläum Görlitz beworben hatten“, sagt Volker Richter. Bei unpassendem Wetter finden die Konzerte in der Kunnerwitzer Unterkirche statt, üblicherweise aber auf dem zur Straße hin liegenden Rondell. „Colour The Sky“, „Homburger Vokalensemble“, „Zenker & Co“, „Shantychor Görlitz“ – zwischen Rock, Klassik, Chor und Volksliedersingen wird die gesamte Palette der Görlitzer Musikszene „abgegrast“.
Görlitz und die legendären blaue Spendeneimer
Im Schnitt lassen sich 250 Menschen einladen. Dazu gibt es Getränke und Fettschnitten – alles ohne Bezahlung. Um Spenden bittet Volker Richter mit den inzwischen legendären blauen Spendeneimern. Die Veranstalter sind besonders auf Spenden angewiesen, daraus macht Volker Richter keinen Hehl. Bisher hat es geklappt und am Ende eines jeden Veranstaltungsjahres stand eine „schwarze Null“.
Die Kollekten aller Veranstaltungen finanzieren das Gesamtprojekt. „Damit hilft die Ausgangskollekte einer Passionsandacht bereits mit, ein sonst nicht zu finanzierendes Konzert doch zu tragen“, sagt Wollstadt. Und Richter ergänzt: „Wir sehen es als Gesamtkonzept, diese Donnerstagsreihe. Ein niederschwelliges Angebot, das den Leuten erspart, große Schwellen zur Kirche überwinden zu müssen. Es werden viele Menschen angesprochen, die mit der Kirche sonst nichts zu tun haben“. Das Konzept ist bisher gut aufgegangen.
Die Gäste räumen gemeinsam auf
Selbst das Aufräumen der Bänke und Stühle nach Konzerten vor der Kirche läuft reibungslos, wenn Volker Richter zum Abschluss mit dem blauen Eimer auf die Bühne tritt und die Kollekte in Erinnerung ruft. Running Gag bei Veranstaltungen im Freien: die Einladung, zuletzt noch die Unterkirche zu besichtigen, verbunden mit der Bitte, die Stühle und Bänke zur Besichtigung mitzubringen. In wenigen Minuten ist der Konzertplatz aufgeräumt.
Kevin Houghton zeigte sich von Anfang an verblüfft darüber, „dass so viele Menschen da irgendwie mitmachen, die Fettschnitten schmieren und Spenden einsammeln und sich Gedanken machen zu den Themen und was man machen kann und wer welche Aktivität begleitet“.
„Diese Donnerstage sind keine Missionsgeschichte.“
Die Planungen für das kommende Jahr sind bereits abgeschlossen. Ende November gehen die Faltblätter in Druck, und im Dezember werden sie ausgetragen, sodass rechtzeitig in den Weihnachtstagen die Programmflyer als Einladungen in den Häusern liegen. Dabei wird das Programm in alle rund 5.000 Briefkästen im Flächenbereich der Kirchengemeinde verteilt.
„Diese Donnerstage sind keine Missionsgeschichte, sondern da geht es wirklich darum, Präsenz zu zeigen“, sagt Kevin Houghton: als Gemeinde in der Zivilgesellschaft, im Ort und vor Ort. Und man wolle etwas Gutes für die Menschen tun. „Da kommen wir ins Gespräch zwischen Tür und Angel, bei dem die Leute merken: Oh, da gibt es ja auch noch die Kirche! Das ist ja schon mal der Funke – und das ist zunächst auch genug. Alles Weitere legen wir in Gottes Geist und Gottes Hand.“