Dissen/Dešno am Rande des Spreewalds ist eine Entdeckung. Schon der doppelte Ortsname – von Sorbisch „Dech“ für „Nebel/Dunst“ – verrät, dass wir uns auf sorbischem Siedlungsgebiet befinden. Sorbische Kultur, Kunsthandwerk und Bräuche haben hier das Leben geprägt – und prägen es bis heute.
Das kleine Heimatmuseum gegenüber der Kirche erzählt davon: Wer durch die wie in einem Wohnhaus möblierten Räume schlendert, bekommt einen lebendigen Eindruck vom Leben der sorbischen Bauern, ihrer harten Arbeit, ihren Feiern und Festen, ihren Spinnstubengeschichten, Sagen und Märchen – und ihren kunstvollen Trachten.
Gleich gegenüber des Museums ist das Pfarrhaus, in dem von 1913 bis 1941 Pfarrer Krystijan Bogumił Šwjela wohnte: Šwjela predigte auf Sorbisch, erforschte die niedersorbische Sprache, gründete sorbische Zeitungen und gab sorbische Lyrik und Literatur heraus – bis er unter dem Druck der Nationalsozialisten, die die sorbische Kultur verfolgten, zwangspensioniert und nach Thüringen versetzt wurde.
„Wanderer zwischen den Welten“
Noch heute wird in der Dissener Kirche auch auf Sorbisch gepredigt. Denn Pfarrerin Katharina Köhler ist landeskirchliche Beauftragte für die Sorben und Wenden und arbeitet leidenschaftlich an der Bewahrung sorbischer Kultur und Sprache – auch in den Gottesdiensten. In diesem Sommer hat sie Besuch: Zwei Künstler*innen, Daria Wartalska und Reiner Maria Matysik, wohnen und arbeiten in diesem Sommer in ihrem Pfarrhaus. Im Rahmen des Artist-in-Residence-Projektes der Stiftung St. Matthäus „Wanderer zwischen den Welten“, dem es um die religiösen Einwanderer Brandenburgs und deren Einfluss auf die Kultur Brandenburgs geht, erkunden sie in Dissen die sorbische Kultur und lassen sich für eigene neue Arbeiten, die vor Ort entstehen, inspirieren. Zum Spreewaldkirchentag am 29. September werden die beiden ihre Werke präsentieren. Wir dürfen gespannt sein!
Dissen, niedersorbisch Dešno, ist ein Ortsteil der Gemeinde Dissen-Striesow im Landkreis Spree-Neiße bei Cottbus.
Text: Hannes Langbein, Pfarrer und Direktor der Kulturstiftung St. Matthäus der EKBO
Foto: Ekkehard Köhler