Ältere Frauen bei einem gemeinsamen Essen
An der langen Tafel kommt niemand vorbei. Marlies Siegert heißt alle willkommen beim offenen Mittagstisch. Foto: Susanne Atzenroth

Lübben: Am langen Tisch im Weltladen

Am langen Tisch im Weltladen in Lübben begegnen sich die Menschen der Stadt. Träger ist die Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde Lübben und Umland.

Von Susanne Atzenroth

Lübben. Karin Janisch führt die ­Fäden über die „Stickliesel“ und lässt lange bunte Kordeln aus der historischen Holzfigur entstehen – eine Technik, die viele noch aus ­ihrer Kindheit kennen. Wie jeden Donnerstag treffen sich hier im Lübbener Weltladen junge und alte Menschen zum Handarbeiten. Eine Schneiderin hilft, selbst kleine ­Reparaturen vorzunehmen. Immer gibt es dabei etwas zu Erzählen – egal ob Viele kommen oder Wenige, wie an diesem heißen Juli­nachmittag.

Handarbeit im Weltladen

Auch Eltern schauten mit ihren Kindern vorbei, weil sie ihnen das Stricken oder Nähen selbst nicht beibringen könnten oder keine Zeit dazu hätten, erzählt Heidi Ulich. Die Ruheständlerin nimmt sich gerne Zeit dafür. „Ich bin froh, dass es in Lübben diesen Begegnungsort gibt. Jeden Donnerstag fahre ich gut ­gelaunt mit meinen Handarbeits­sachen zum Weltladen. Nebenbei bekomme ich einen guten, fair gehandelten Kaffee Crema und dazu einen leckeren selbstgebackenen Kuchen à la Marlies Siegert“, sagt sie lächelnd.

„SprechCafé“ und Frühstück

Beides steht im Lübbener Weltladen eigentlich immer ­bereit. Die Türen sind geöffnet jede Woche von Mittwoch, an dem nachmittags das „SprechCafé“ angeboten wird, bis Samstag. Dann kann hier gefrühstückt werden. In dem Laden ­können außerdem allerhand fair gehandelte Produkte gekauft werden wie Kaffee und Schokolade, Schmuck und Handtaschen.

Marlies Siegert ist Dreh- und ­Angelpunkt des Weltladens – als Initiatorin, Organisatorin, Kuchenbäckerin und auch als Köchin zum offenen Mittagstisch am Freitag. Das Herz des Ladens ist ein langer Tisch, an dem gewerkelt, geschwatzt und gegessen wird.

Essen nach dem Solidarprinzip

Zum Mittagstisch ist er mit schönen Goldrandtellern und ­frischen Blumen gedeckt. Heute gibt es ­Pellkartoffeln vom Biobauern, mit Estragon-Sauce und ­gekochten ­Eiern. Vorweg einen grünen Salat und als Nachspeise ­rote Grütze. Zwischen 12 und 14 Uhr bleibt wie immer selten ein Platz am Tisch frei. Bis zu 20 Menschen kommen an jedem Freitag, der gleichzeitig Markttag in Lübben ist. Gezahlt wird ebenso wie bei ­Kaffee und ­Kuchen nach dem Solidarprinzip. „Alle geben das, was sie können und möchten, in die Spendenbox“, sagt Marlies Siegert. „Damit können wir immer die Kosten für die Mahlzeit decken“, freut sie sich.

Weltladen: Erlöse tragen die Mietkosten nicht

Während die Gäste am Tisch sitzen, betreten laufend Menschen den Laden, um Gewürze oder Kunsthandwerk einzukaufen. Dennoch tragen die Erlöse nicht die Kosten für Miete und ­Unterhalt des Ladens. „Daher bin ich froh, dass die Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde Lübben und Umland als Trägerin des Projektes für die Differenz aufkommt“, so Marlies Siegert. Unterstützung gab es auch vom Kirchenkreis und dem Landkreis Dahme-Spreewald, der das „SprechCafé“ unterstützt.

Weltladen in Lübben: Ein Begegnungsort

Schon lange hatte Marlies Siegert die Idee eines Weltladens mit ­Begegnungsangebot für die Stadt. Viele Jahre war sie als Sekretärin für Kirchenkreis und -gemeinde ­tätig. Nun lässt ihr der Ruhestand etwas mehr Zeit. „Als dann dieses Ladengeschäft im vergangenen Frühling frei wurde, legten wir los“, erzählt sie. Nur wenige Schritte sind es von hier zum Marktplatz und zur Paul-Gerhardt-Kirche.

Jeden Freitag von Mai bis Juli ­erklingt um 12 Uhr die Schuke-­Orgel von 1906 zu einer kleinen Mittagsandacht. Anschließend wird es richtig voll am Tisch des Welt­ladens. Die ehrenamtlichen Helferinnen haben gut zu tun und auch Marlies Siegert ist in ihrem Element. „Schließlich war ich in ­meinem Leben auch schon mal ­Gastronomin“, erzählt sie augenzwinkernd.

In Lübben werden Kontakte geknüpft

Das Stimmengewirr der Gäste am Tisch ist beredt. Es werden ­Neuigkeiten ausgetauscht oder neue Kontakte geknüpft. Drei junge Mütter haben sich zufällig getroffen und machen gleich Verabredungen aus. Eine andere Teilnehmerin ­bestätigt lachend: „Ist doch klar, am Freitag wird zu Hause nicht ­gekocht.“

Aktuelles

Newsletter