Nach 23 Dienstjahren geht der Putlitzer Pfarrer Volkhart Spitzner in den Ruhestand. Die Arbeit machte Freude, es gibt eine reges Gemeindeleben, aber keinen Nachfolger.
Von Andrea von Fournier
Putlitz. In diesen Tagen häufen sich Grüße und Glückwünsche auf Volkhart Spitzners Schreibtisch. Der Pfarrer, Jahrgang 1958, hat Anfang November Geburtstag. Einen Wimpernschlag zuvor, am Reformationstag, erfolgte seine Verabschiedung aus dem Dienst. Seine Gesamtkirchengemeinde St. Nikolai Putlitz im Kirchenkreis Prignitz und Menschen im weiten Umfeld, nicht nur Christen, werden den beliebten Gemeindehirten vermissen. Sein ganzes Arbeitsleben als Pfarrer, 34 Jahre, hat er für die Landeskirche im nordwestlichen Brandenburg gearbeitet: ab 1990 im Entsendungs-, ab 1993 im Pfarrdienst in Sieversdorf bei Neustadt/Dosse, ab 2001 in Putlitz, an der Grenze zu Mecklenburg.
Ein Schwerpunkt seiner Arbeit war stets die Musik
Unter den Abschiedsgeschenken für Volkhart Spitzner sind auch Fotobücher, die ihm Gemeinden und Chöre gestaltet haben. Überall haben sich die Leute Zeit genommen, dem Pfarrer persönliche Worte mitzugeben, erzählen, wie sie ihm begegneten und was sie in den Jahren mit ihm verbunden hat. Volkhart Spitzner blättert durch Hochglanz-Seiten und freut sich: „Der war als Kind bei mir in der „Lehre“, nun ist er selbst Kirchenmusiker“, zeigt er auf ein Bild. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit war stets die Musik. Er ist Bläser, spielt Gitarre, Bassflöte und andere Instrumente. Er ist dankbar für diese Gabe. Gottesdienste musikalisch zu gestalten ist für ihn ein Garant für gutes Gelingen: 40 Prozent des „Erfolgs“ hingen davon ab. Im Umkehrschluss müsste ein Geistlicher ohne musikalische Fähigkeiten schon ganz schön überzeugend an anderer Stelle sein, sinniert er.
Der Fachkräftemangel ist im Pfarrberuf angekommen
In Magdeburg geboren und aufgewachsen in Berlin, erlebte er als Jugendlicher gute Jugendarbeit in seiner Weißenseer Gemeinde. Deshalb wollte er Jugenddiakon werden. Doch zur Freude der Eltern studierte er „etwas Vernünftiges“, wurde Ingenieur und unterrichtete an einer Lichtenberger Berufs-schule.
Doch der ursprüngliche Berufswunsch blieb. So studierte er am Berliner Paulinum Theologie. Für den Entsendungsdienst wählte er Sieversdorf, wohin er mit seiner Familie zog. „Von Anfang an hat mir die Arbeit sehr viel Freude gemacht. Dass ich musizierte, war dabei dienlich.“, sagt er. Mit gemischten Gefühlen denkt Volkhart Spitzner an die derzeitige Situation. Seine Stelle war zweimal ausgeschrieben, es gab keine Bewerbung. Der Fachkräftemangel, hier im ländlichen Raum, sei auch bei Pfarrern angekommen. „Wir als Kirche müssen uns bewegen, etwas ändern“, sagt er. „Warum laufen den großen Kirchen die Mitglieder davon, während die Freikirchen wachsen?“ Die Menschen würden nicht gottloser, im Gegenteil, sie suchen, ist er überzeugt. In seiner Region gäbe es 35 bis 40 Prozent Kirchenzugehörigkeit. „Aber 90 Prozent fühlen sich der Kirche verbunden, sind getauft, sagen, ich sei ihr Pfarrer“, sagt Spitzner.
Ein füllendes und erfüllendes Arbeitsleben
Seine Bekannt- und Beliebtheit fußt auf seiner Überzeugung, als Pfarrer unter und mit den Menschen leben zu wollen, den Alltag zu teilen. Er ist Feuerwehrkamerad, von der Kommune als deren Seelsorger berufen. Florians-, aber auch Hubertusmessen für die Jäger in Heiligengrabe oder Silmersdorf hält er, Stadtfeste, Dorfjubiläen laufen kaum ohne seine Festgottesdienste.
In dreiundzwanzig Jahren hat er in 22 Ortsteilen insgesamt 25 Bauprojekte in zwölf Kirchen realisiert. Dazu Gottesdienste, Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen, Reli- und Konfi-Unterricht. In Putlitz hat er einen Gemeindekreis, Bläser- und Vokalchor und ein Pop-Band gegründet. Ein füllendes und erfüllendes Arbeitsleben. Die Familie, Patchwork mit sechs Kindern und fünf Enkeln, musste oft auf ihn
verzichten – und trug ihn doch.
Volkhart Spitzners Pläne für den Ruhestand
Nun freut sich Volkhart Spitzner auf das, was kommt: Mit seiner Frau möchte er in eine Schweriner Innenstadtwohnung ziehen, Zeit zum Musizieren haben und er freut sich auf die neue Kirchengemeinde, als reguläres Gemeindeglied. Und da Spitzners Ostseefans sind und Schwerin viel Wasser hat, überlegt er, einen Segel- oder Motorbootsführerschein zu machen. Kommune, Feuerwehr, Jäger, seine Chöre und die Kirchengemeinde wollen seinen Abschied feiern. Toll wäre es, wenn dann schon sein Nachfolger da wäre.