Die Kultur- und Medienexpertin Julia Helmke ist zurzeit Referatsleiterin im Kirchenamt Hannover. Jetzt bewirbt sie sich als Generalsuperintendentin des Sprengels Berlin.
Von Uli Schulte Döinghaus
Hannover/Berlin. Auch wenn die Zahlen zurückgehen, fast eine halbe Million Christinnen und Christen sind nach wie vor eine starke Kraft in der Stadt, sagt Julia Helmke. Sie bewirbt sich als Generalsuperintendentin für den Sprengel Berlin. Verzagtheit, geschweige denn Mutlosigkeit, ist im Gespräch mit ihr nicht herauszuhören, aber auch nicht die Vermessenheit, soziale Trends aufzuhalten, die nicht zu stoppen sind. Sondern: Irgendetwas dazwischen, ein zuversichtlicher Realitätssinn vielleicht, den ein fester Glauben zusammenhält. „Wir haben als Kirche eine gute, tolle Botschaft für viele Menschen, die Lust haben, mit anderen zusammen Wirklichkeit zu gestalten“. Sie will Christinnen und Christen darin bestärken, „öffentlich für das zum Evangelium einzustehen“. Dazu gehört sich auch fragen zu lassen: „Wo kommt eure Hoffnung her?“
Julia Helmke probiert moderne Gottesdienstformate aus
Julia Helmke beeindruckt die Mischung aus Innovation und Tradition im Sprengel Berlin – sie macht diese Faszination fest unter anderem an unterschiedlichen Gottesdienstformaten, die in der Stadt ausprobiert, etabliert und manchmal auch wieder verworfen werden.
„Berlin hat tolle Orte und zeitgemäße kirchliche Angebote für Menschen, die sich nicht lange binden wollen“, sagt Julia Helmke. „Viele ziehen ‚Projekte auf Zeit‘ vor.“ Daneben braucht es jedoch, so ist sie sich sicher, bleibende Orte der Beheimatung und Orientierung. Es braucht eine Vielzahl von „Begegnung mit dem Göttlichen“. Das sagt sie auch als ausgebildete Geistliche Begleiterin.
Julia Helmke: Kirchenmusik wird nicht nur von Christinnen und Christen geschätzt
Innovative Formate widersprechen nicht den klassischen Glaubens- und Lebensweisen städtischer Christinnen und Christen, so Helmke, sondern harmonieren, wenn sie sich in der Kultur begegnen, zumal in der Kirchenmusik. Helmke weiß, dass diese von vielen geschätzt wird, nicht nur von Christinnen und Christen.
Julia Helmke will sich nach Kräften für niedrigschwellige und möglichst kostenfreie Zugänge einsetzen, „dass noch mehr Menschen von der Kirchenmusik erfasst werden, weil das den Glauben wirklich stärkt und nährt. Zumal in diesen schwierigen Zeiten“. Gerade jetzt, so Helmke, verbinde Kirche und Kultur sehr viel. Wo sich Menschen vom Glauben angesprochen fühlen, da könne man Musik und Kultur nicht geringschätzen. Das müsse, sagt sie mit einem kritischen Blick auf eine Kürzungsdebatte für öffentliche Kultur in Berlin, aber auch auskömmlich finanziert werden. Dafür braucht es Verbündete.
Kirchliche Solidarität für alle, die sie brauchen
Helmke weiß um die Probleme der Kulturmetropole Berlin, will aber eine soziale Lebenswirklichkeit nicht aus den Augen verlieren, die vom Älterwerden, von Einsamkeit und Armutstendenzen geprägt ist und damit von Zuständen, die nach kirchlicher Solidarität und Hilfe rufen. „Als Kinder Gottes haben alle Menschen ein Anrecht auf ein lebenswertes Leben. Wir sind als Kirche solidarisch mit denen, die am Rande stehen und übervorteilt werden.“
Seit 2021 leitet die Kulturund Medienexpertin Helmke das Referat für Theologie, Gottesdienst, Kirchenmusik und Geistliches Leben im evangelisch-lutherischen Landeskirchenamt in Hannover. Zuvor war sie vier Jahre lang Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages, nachdem sie zwei Jahre lang das Referat für gesellschaftspolitische Grundsatzfragen im Bundespräsidialamt unter dem damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck geleitet hatte.Die studierte Theologin Julia Helmke lehrt seit 2015 ehrenamtlich als Honorarprofessorin für Christliche Publizistik in Erlangen und ist engagiert in der internationalen evangelischen Filmarbeit, über die sie auch ihre Doktorarbeit schrieb. Zurzeit empfiehlt die Cinéastin Helmke im Evangelischen Pressedienst (epd) für epd Film sowohl Kindern als auch Erwachsenen den Animationsfilm „Flow“ als „Überlebensfabel einer trotz aller Zerstörung wunderschönen Welt“. Berlin ist für sie kein Unbekannte. Ihr Vater ist in Berlin-Schöneberg geboren und aufgewachsen, Großmutter und Patentante hat sie häufig besucht. Später studierte sie unter anderem an der Freien Universität und an der Humboldt-Universität. Schließlich die Jahre von 2015 bis 2017 im Bundespräsidialamt. Julia Helmke weiß, dass sie Generalsuperintendentin in einer Stadt werden will, deren evangelisches Leben sich immer noch ein wenig west-östlich entfaltet. „Ich verstehe das Amt der Generalsuperintendentin auch als Amt der Einheit und will jemand sein, der versucht, die Gemeinsamkeiten beider Seiten zu verstehen aber auch die Unterschiede, die gelebte Verschiedenheit und manche Widersprüche.“
Damit bezieht sie sich auf die Vielfalt im Sprengel Berlin. Es ist ein Schmelztiegel mit vielen großstädtischen Kirchenkreisen aber auch einigen eher fast ländlichen Gemeinden. „Wir können gerade auch dann in die Öffentlichkeit, in die Gesellschaft hinein strahlen, wenn wir uns gut gründen und nicht erschöpfen mit ständiger Überarbeitung “, so ihr Plädoyer.
Generalsuperintendent*innenwahl des Sprengels Berlin
Nach dem Kirchengesetz der EKBO werden Generalsuperintendent*innen durch einen Wahlkonvent gewählt. Dieser besteht aus den gewählten Mitgliedern der Landessynode, den Präsides (Vorsitzenden) der Kreissynoden und den Superintendenten des Sprengels Berlin. Den Vorsitz hat Bischof Christian Stäblein. Die Amtszeit endet am 31. Dezember 2031. Die Wahl findet am 30. März in Berlin statt. Die Position des Generalsuperintendenten oder der Generalsuperintendentin wird nicht öffentlich ausgeschrieben. Stattdessen sprechen leitende Kirchenvertreterinnen und -vertreter potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten gezielt an.Der Generalsuperintendent, die Generalsuperintendentin ist für die geistliche und seelsorgerliche Leitung einer Region in der Landeskirche verantwortlich und vertritt in diesem Gebiet den Bischof im kirchlichen und öffentlichen Leben. Er oder sie gehört der Kirchenleitung und der Landessynode an. Neben dem Sprengel Berlin gibt es in der EKBO den Sprengel Görlitz mit Generalsuperintendentin Theresa Rinecker und den Sprengel Potsdam mit Generalsuperintendent Kristóf Bálint. Der Sprengel Berlin umfasst die Kirchenkreise Nord-Ost, Stadtmitte, Süd-Ost, Charlottenburg-Wilmersdorf, Neukölln, Reinickendorf, Spandau, Steglitz, Teltow-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg. Schöneberg.
Termine:
Sonntag, 16. März, 14 Uhr: Vorstellungsgottesdienst Julia Helmke.
Hier geht es zum Livestream.
Der Vorstellungsgottesdienst von Michael Raddatz war am 2. März, der von Cornelia Weber am 9. März. Alle Vorstellungsgottesdienste finden in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche statt.