Reisetipp: Die Notkirche in Buschdorf

In Buschdorf im Oderbruch in der Kirchengemeinde Gorgast-Golzow, zu der neun Dörfer des mittleren Oderbruchs von Buschdorf bis Küstrin-Kietz gehören, gibt es eine Kirche, die nicht zu den Reiseempfehlungen der Brandenburg-Reiseführer gehört, weil sie keine Sehenswürdigkeit ist: eine einfache Holzbaracke, vollkommen schlicht und schmucklos, ohne prächtige Innenausstattung, ohne Turm. Sie wurde 1958 neben den Fundamentresten der einst prächtigen achteckigen kriegszerstörten Buschdorfer Kirche als „Notkirche“ errichtet. Die alte Kirchenglocke hängt daneben. Ihre Inschrift lautet „Er aber sprach: Ja, selig sind die das Wort Gottes hören und bewahren“.

Die Notkirche Buschdorf ist Zeugnis einer Zeit, in der Menschen in einer kirchenfeindlichen Umgebung an ihrem Glauben festhielten. Die Buschdorfer Kirchenbaracke war zur Zeit ihrer Errichtung eine Kirche der Unbeirrbarkeit, sie wurde von denen, die sie erbauten, dringend benötigt. Heute ist sie noch immer oder schon wieder eine Notkirche, doch eher deshalb, weil sie selbst in Not ist, eine einsame Kirche des Zweifels, die leer bleibt, es finden dort seit vielen Jahren keine Gottesdienste mehr statt.

In diesem Sommer soll sie wieder geöffnet werden: Als Hörkirche, in der vom 18. August bis zum 13. Oktober die Novelle „Selbstverbrennung“ des Berliner Autors Hartmut Lange – eigens für diesen Ort gelesen durch den Schauspieler Sylvester Groth – zu hören sein wird. Die Novelle – geschrieben 1982 nach der Flucht Hartmut Langes in den Westen – erzählt von einem Pfarrer in einem Dorf an der Elbe, dessen Leben von der Nachricht der realen Selbstverbrennung des Pfarrers Oskar Brüsewitz am 18. August 1976 im anhaltinischen Zeitz aufgeschreckt und in Unordnung gebracht wird. Es ist eine berührende Geschichte von Glaubenszweifeln, den Beharrungskräften des Glaubens trotz allem in einer herausgeforderten Kirche – sie klingt heute aktueller denn je. Spätestens dann ist die Notkirche Buschdorf eine Reise wert.

Hörkirche „Notkirche Buschdorf“: vom 18. August bis 13. Oktober, täglich 10 Uhr bis zur Dämmerung. Ein Projekt von Ingar Krauß, Katja Lehnert in Kooperation mit dem Kunstbeauftragten der EKBO, Hannes Langbein.

Text: Hannes Langbein
Foto: Ckaire Manuel

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