Frau in weißem T-Shirt vor einer Statue
Auf den Spuren der Reformation in Görlitz: Margrit Kempgen bietet dazu Führungen an. Foto: Raphael Schmidt

Reformationsführungen in Görlitz

Führungen durch Görlitz mit Margrit Kempgen zeigen Stätten der Reformation. Und erzählen Geschichten aus der Zeit der Pest.

Von Raphael Schmidt

Görlitz. Nur einen Laser-Pointer braucht Margrit Kempgen für ihre Touren durch die Altstadt von ­Görlitz. Mit grünem Lichtstrahl zeigt sie auf Details an Reliefs, die es ­zahlreich an Gebäuden gibt, vornehmlich an Kirchen. Die waren ­allesamt katholisch – denn: Die ­Reformation folgte erst nach dem Bau der Kirchen. Um sie geht es an diesem Tag. 500 Jahre nach der ­Reformation in Görlitz und der Oberlausitz bietet die ­ehemalige Oberkonsistorialrätin öffentliche Sonderführungen an. Sie begibt sich an Orte, die von der ­Reformation in Görlitz erzählen.

Anfang des Monats war Margrit Kempgen mit Teilnehmenden der Jahrestagung des Vereins für Schlesische Kirchengeschichte unterwegs, die auch das Jubiläumsthema zum Motto hatte. Am Nikolaiturm begann der Rundgang und er führte zunächst zur Nikolaikirche, der ­ältesten Kirche der Stadt, die aus dem elften Jahrhundert stammt. Sie ist dem heiligen Nikolaus und der heiligen Katharina gewidmet. Das hatte mit dem Handel zu tun, der über die Via Regia abgewickelt wurde – diese Handelsstraße führte in unmittelbarer Umgebung der Kirche vorbei.

Vorreformationszeit in Görlitz: Leichen wurden auf dem „Pest-Acker“ geschichtet

Die erste Gemeindekirche war noch aus Holz und wurde später erweitert. Dadurch wurde der Friedhof kleiner, Begräbnisplätze fielen weg. Das war damals umstritten. Später wurde, um dem Mangel abzuhelfen, ein neuer Begräbnisplatz vor den Toren der Stadt errichtet. Eine große Wiese ohne Grabsteine oder ­ähnliche Aufbauten – die sich gleich hinter dem schmiedeeisernen Tor befindet – ­erzählt diesen Teil von Vorreformationsgeschichte. Diese Wiese ist der „Pest-Acker“. Durch ein schmales Tor am Rande des Friedhofs wurde der Pest-Karren geschoben. Die ­Leichen wurden in das Massengrab gelegt, darauf Kalk gestreut, darüber eine Schicht Sand, dann wieder Leichen.

„Die Pest war für die Reformation wie ein Brandbeschleuniger“, sagt Margrit Kempgen. Als die Pest im Dreißigjährigen Krieg Todesspuren durch die Stadt zog, die Ratsherren aus der Stadt verschwanden und sich in Sicherheit brachten, blieben andere, wie der damalige Pfarrer Franz Rothbart. „Ob er gut predigte oder nicht, war für die Leute zweitrangig, aber er hat sich anständig verhalten. Das war für die Leute die entscheidende Frage – und ist sie bis heute geblieben“. Die Menschen rechneten ihm sein Handeln, unter ihnen und ein Teil von ihnen zu sein, hoch an.

Frauenkirche in Görlitz: Kirche mit Schießscharten

Eines der Grufthäuser war das nächste Ziel des Weges entlang der Orte der Reformation mit Margrit Kempgen. Von dort ging es zum Grab von Jakob Böhme, einem der berühmtesten Bürger der Stadt – und weiter zur Frauenkirche. Die war eine sogenannte Sühne- und Wehrkirche – das heißt: Sie hatte Schießscharten. Der weitere Weg führte zur Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften und zum Biblischen Haus.

Weitere Führungen mit Margrit Kempgen am 26. September, 17 Uhr und am 31. Oktober, 15 Uhr. Eintritt: 5 Euro, ermäßigt: 3 Euro. Treffpunkt: Nikolaikirche Görlitz

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