Frau an einem Schreibtisch mit Computerbildschirm
Anke Poersch am Schreibtisch in Ihrem Büro Foto: Constance Bürger

Anke Poersch: Zwischen Recht und Gerechtigkeit

Mit Anke Poersch geht die langjährige Expertin für das kirchliche Besoldungswesen in den Ruhestand.

von Uli Schulte Döinghaus

Über Jahrzehnte hat Anke Poersch kirchliche Strukturen mitgestaltet und sich für gerechte Rahmenbedingungen im Dienst der Kirche eingesetzt. Nach 32 Jahren in der Landeskirche, davon 24 Jahre als Leiterin der Abteilung Dienst- und Arbeitsrecht, geht in den Ruhestand.

Berlin. Ende November wird Anke Poersch im Rahmen eines Gottesdienstes aus dem Kirchendienst in den Ruhestand verabschiedet. Aus der Kirchenbeamtin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) wird dann eine Pensionärin. Bis dahin gibt es für sie noch reichlich zu tun, angefangen mit den Gesprächen und Ritualen im Kollegenkreis, die zu Abschied und Nachfolge gehören. Anke Poersch ist sehr froh, dass ihre Nachfolgerin in der Referatsleitung Oberkonsistorialrätin Heike Koster sein wird. Seit 2000 ist die Juristin im Konsistorium tätig und hat als Leiterin des Referats „Kirchliches Recht“ breite Erfahrungen gesammelt.

Besoldung, Versorgung und Beihilfen

Seit 32 Jahren ist Anke Poersch in der Kirchenverwaltung tätig, 24 Jahre lang hat sie die Abteilung 5 in der Verwaltung der Landeskirche geleitet, dem Konsistorium. Sie war verantwortlich für Dienst- und Arbeitsrecht, speziell für die Besoldung, Versorgung und die Beihilfen der gut 800 Pfarrpersonen der EKBO, wenigen Kirchenbeamtinnen und -beamten sowie 1600 Versorgungsempfängerinnen und -empfänger.

Ist der Beamtenstatus im kirchlichen Dienst noch zeitgemäß? Mit der kircheninternen Diskussion darüber ist die scheidende Beamtin Poersch vertraut, auch weil sie in Fachgremien der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vertreten ist. Sie erwartet, dass sich die nächste Kirchenkonferenz der EKD, die im Dezember tagt, mit einer größeren Vorlage zum Thema „Vor- und Nachteile des Beamtenstatus“ beschäftigen wird. Einige Landeskirchen liebäugeln mit dem künftigen Abschied vom Beamtentum, weil die Pensionskosten hoch sind. Andere möchten den Status quo erhalten, weil er berufliche Sicherheit und geistige Bindung an den Dienstherren bietet. Wieder andere denken über mögliche Mischformen der Bezahlung von Pfarrpersonen und Führungskräften nach. Zumal sich Anke Poersch mit den Kostenargumenten zum Beamtenstatus gut auskennt: Sie ist auch Aufsichtsrätin der kirchlichen Pensionskasse Verka und Mitglied im Verwaltungsrat der Evangelischen Ruhegehaltskasse in Darmstadt.

Vom Ruhrpott nach Berlin

Anke Poersch wuchs im Ruhrgebiet auf, der Vater war Bergmann auf der Essener Zeche Zollverein, heute ein eindrucksvolles Industriemuseum. Durch die staatliche Studienplatzvergabe kam sie für das Jurastudium nach Berlin. Nach den Examina verbrachte sie die ersten Berufsjahre als Juristin beim Landesverband der Innungskrankenkassen. Dort hatte sie, typisch für die politischen Umbruchsjahre Anfang der 90er, viel mit deutsch-deutscher Integration der gesetzlichen Sozialversicherung zu tun, auch mit Vertragsverhandlungen zu Arzthonoraren oder Krankenhausfinanzierung.

Baurecht und Diakonie

„Irgendwann wollte ich mich wegorientieren“, sagt sie, „und da kam mir die Stellenausschreibung des Konsistoriums recht.“ Der berufliche Neustart klappte. Ihre Karriere im Konsistorium begann unter anderem mit Angelegenheiten des Baurechts. Auch die Diakonie war ein Thema, schließlich die evangelischen Kindertagesstätten in Berlin und Brandenburg. Sie waren aus der finanziellen Verantwortung des Konsistoriums in die Obhut der Kirchengemeinden oder spezieller Verbände zu übergeben.

Vor ziemlich genau 24 Jahren hat Anke Poersch im Konsistorium die Abteilung Dienst- und Arbeitsrecht übernommen. Seit Anfang 2012 war sie außerdem Stellvertreterin des Konsistorialpräsidenten – jetzt der Präsidentin Viola Vogel. Zwischendurch fungierte Anke Poersch zweimal als Interims-Konsistorialpräsidentin, und zwar immer dann, wenn noch kein neuer Präsident, keine neue Präsidentin im Amt war. Sie blieb für die Abteilung 5 „Dienst- und Arbeitsrecht, Beihilfen“ verantwortlich. Doppelbelastung? Sie lobt Teamgeist und Kollegialität während dieser Zeit im gesamten Konsistorium: „Eine wirklich gute Zusammenarbeit.“

Wo Paragrafen auf Menschen treffen

Man darf sich die Arbeit der Kirchenbeamtin nicht als bloßes Aktenstudium vorstellen, als routinierte Abarbeitung von Vorgängen. Dienstrecht, Besoldung und Versorgung – das sind Verwaltungsakte, die oft tief in die Berufsbiografien einzelner Pfarrpersonen oder Kirchenbeamter eingreifen und Verantwortliche brauchen, die mit Menschen und ihren Schicksalen sensibel umgehen können. Anke Poersch ist viel in Kontakt mit Pfarrpersonen, genauso mit Gemeindekirchenräten, die vielfältige Fragen haben. Es geht um Abwägungen, Einzelfallentscheidungen und Ermessensspielräume – immer, so Anke Poersch, „lag mir daran zu versuchen, soziale Gerechtigkeit zu verwirklichen, möglichst gerechte Voraussetzungen zu gewährleisten. Natürlich unter Wahrung der finanziellen Möglichkeiten.“

Das ist die professionelle Konstante im Berufsleben der Abteilungsleiterin, das am Anfang nicht ohne Selbstzweifel war. Anfang und Mitte der 90er Jahre ging es auch darum, aus finanziellen Gründen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlassen. Der Rückgang der Kirchenmitgliederzahlen fordert auch heute wieder seinen Tribut – Kirchenverwaltungen müssen sich verkleinern, Gemeinden und Kirchenkreise werden zusammengelegt. Hierarchien werden flacher, Abteilungen und Referate neu ausgerichtet oder sogar aufgelöst. Digitalisierung und Entbürokratisierung halten Einzug. Auch im Arbeitsgebiet von Anke Poersch waren und sind diese Entwicklungen spürbar. „Keine einfachen Zeiten, da steht noch einiges an Umstrukturierung an“, sagt sie.

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