Die Heilerziehungsdiakonin Annelie Brion wurde auf Hermannswerder vom Stephanus-Vorstand Ellen Ueberschär in den Ruhestand verabschiedet.
Von Klaus Büstrin
Das Sommerfest war auch in diesem Jahr bunt und fröhlich. Daran hat sich nichts geändert. Auf der Festwiese des Wohngebäudes für Menschen mit Behinderung der auf der Insel Hermannswerder in Potsdam , das zur Stephanus-Stiftung gehört, trafen sich die Klientinnen und Klienten, Mitarbeitende der Stiftung sowie Gäste, um die sommerliche gute Laune zu genießen. Da fehlten nicht die beliebten Standards wie Kaffee und Kuchen sowie das Singen, Spielen, Tanzen und die Gespräche. Dazu gehörte aber auch die Andacht der Pfarrerin von Hermannswerder, Elisabeth von Goldbeck, die die freudigen und dankbaren Momente des Lebens im Blick hatte.
Anneli Brion geht in den Ruhestand
Doch ein wenig Traurigkeit sollte sich in die Feier einschleichen. Der Leiter der Potsdamer Einrichtung, Dirk Obenaus, teilte mit, dass Annelie Brion, die nach 25 Jahren als Heilerziehungsdiakonin auf Hermannswerder – längere Zeit auch in leitender Funktion –, Abschied nehmen würde, um in den Ruhestand zu gehen. Sie habe sich große Achtung erworben, so Dirk Obenaus. Die Herzlichkeit, der Respekt und die Offenheit, die sie gegenüber den Klientinnen und Klienten sowie den Mitarbeitenden pflegte, kamen in diesen Sommerfeststunden als Dank an sie zurück. Dass Annelie Brion jahrelang in der Verbund-Gesamt-Mitarbeiter-Vertretung der Stephanus-Stiftung das Vertrauen der Kolleginnen und Kollegen genoss war an diesem Nachmittag nicht zu überhören. Die Stiftungsvorsitzende, Pfarrerin Ellen Ueberschär, ließ es sich nicht nehmen, Annelie Brion persönlich Dank für ihr großes Engagement zu sagen. Sie würdigte die scheidende Mitarbeiterin als warmherzige und hochqualifizierte Kollegin.
Von Züssow zur Ausbildung nach Teltow
Schon als Kind kam Annelie mit Menschen mit Behinderung in Kontakt. Ausflüge ihrer Kirchengemeinde Kröslin, in der Nähe von Wolgast gelegen, führten unter anderen in die Diakonie Züssow. Dort erhielt sie eine Ahnung von deren Problemen und Freuden im Alltag. Für andere Menschen da zu sein, wurde ihr Motto und der Berufswunsch. Nach dem Schulabschluss ging sie an das Diakonissenhaus in Teltow, um eine Heilerziehungspflegeausbildung zu absolvieren. Umfangreich war der Ausbildungsplan. Fähigkeiten und Fertigkeiten im Pflegen und Erziehen, im Spielen und Musizieren, Werken und Gestalten, im Erzählen waren gefragt. Die Fächer Medizin, Psychologie, Psychiatrie, Rehabilitationspädagogik, Methodik, Didaktik, Spiel- und Musiktherapie, Krankenpflege, Theologie und Diakonik standen auf dem Lehrplan. Sie verehrt auch heute noch die Diakonisse Schwester Ortrud Wittkopf, die sich in der ehemaligen DDR für eine optimale Ausbildung für die Arbeit mit Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen stark gemacht hat. Auch für Annelie Brion war sie prägend in der Ausbildung und menschlichen Ausstrahlung.
Als Heilerziehungsdakonin konnte man in der DDR nur in kirchlichen Heimen tätig werden, nach der Wiedervereinigung 1990 wurde der Beruf endlich staatlich anerkannt. Als Annelie Brion ins Berufsleben ging, bezeichnete man die Menschen mit Behinderung in den staatlichen Heimen als Patienten. In den diakonischen Einrichtungen waren sie jedoch Bewohner, die in ihren Fähigkeiten gefördert wurden.
Grundidee der Selbstbestimmung prägend
Ellen Ueberschär sagte: „ Damals wurde nach dem richtigen Konzept für die Begleitung von Menschen mit Beeinträchtigungen gesucht. Heute sind wir immer noch nicht ganz fertig damit. Doch es gibt eine Grundidee, die auf der ganzen Welt gültig ist: Jeder Mensch soll so eigenständig und selbstbestimmt wie möglich leben können. Auch wir in der Stephanus-Stiftung setzen diese Grundidee um.“ Annelie Brion hatte für die ihr Anvertrauten, die in kleinen Wohngruppen oder in einer eigenen Wohnung leben, immer ein offenes Ohr. Auch die Vielfalt von Angeboten, die von Arbeitsmöglichkeiten bis zu Freizeitvorschlägen reichen, standen im Fokus.
Beim Sommerfest hat Annelie Brion bis in die Abendstunden noch mit den Klientinnen und Klienten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gefeiert und so manche Erinnerung ausgetauscht. Ihr offenes, von Dankbarkeit erfülltes und fröhliches Lachen schallte dabei über die Festwiese. Man hörte es gern, denn „Annelie ist da“.
Foto: Enrico Schmidt