Unter Schutz der Kaiserin Auguste Victoria (1858–1921) entstand die „Frauenhülfe des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins“. In den Provinzen Preußens entstanden Regionalverbände, so auch in Schlesien. Bis 1945 befand sich das Büro der Frauenhilfe Schlesiens in Breslau. Pfarrer Friedrich Forell leitete die Arbeit. 1927 gründete er die Schwesternschaft. Junge Frauen konnten dort Krankenpflege lernen. Ebenso gab es Mütterschulung und Müttererholung. In Görlitz startete die „Mütterschule“ im Jahr 1930. Bibelkurse, Bräute-Kurse, Mütter-Freizeiten und Haushaltsschulungen waren möglich.
Im Kirchenkreis Rothenburg bestanden über 30 Frauenhilfen mit über 3000 Mitgliedern. In Görlitz erwarb die Frauenhilfe der Kreuzkirchengemeinde ein Grundstück. Dort baute sie ein Gemeindehaus mit Kindergarten, Hort, Lehrküche und Wohnungen – das heutige Paul-Gerhardt-Haus. In der 1916 erbauten Kreuzkirche finanzierte die Frauenarbeit die Kanzel und das Brautgestühl. Ebenso richtete sie einen Besuchsdienst für kranke und für alte Gemeindeglieder ein.
Turbulente Jahre im 20. Jahrhundert für die Frauenarbeit
Sehr schwierig war die NS-Zeit für die Frauenarbeit. Sie wurde Teil der durch die Nazis gleichgeschalteten Deutschen Kirche. 1946 – auf Druck der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) – wurden alle Vereine aufgelöst. Damit musste sich auch die Frauenhilfe neu organisieren. In den Anfangsjahren musste sie hart um landeskirchliche Zuschüsse kämpfen. So schrieb Helene Mikulski, die sich in Görlitz um Flüchtlinge kümmerte, 1953 an das Konsistorium in Görlitz: „Unsere Arbeit ist älteste Laienarbeit, sie hat missionarische Aufgaben, und grundlegend ist die Bibelarbeit.“
Später, in den 70er- und 80er-Jahren, kamen neue Schwerpunkte auf. Für Kontroversen sorgten Fragen zum Schwangerschaftsabbruch, die Einführung des Wehrunterrichts, der konziliare Prozess „Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung“. Ebenso gab es Angebote für Familien, um sich dem staatlichen Erziehungsanspruch zu entziehen. „Von Seiten der Landeskirche gab es eine leitende Pfarrerin für die Frauenarbeit und zwei Mitarbeiterinnen in deren Büro. Die Landeskirche trug die Sachkosten und die Personalkosten“, so Petra-Edith Pietz.

Ökumene und internationale Zusammenarbeit
Mit Pfarrerin Renate Salinger aus Zittau, die ab 1976 die Leitung der Frauenhilfe übernahm, wurde die Schulung Ehrenamtlicher intensiviert und verstetigt. Der Name „Frauenhilfe“ änderte sich in „Frauen- und Familienarbeit der Evangelischen Kirche“. Außer Rüstzeiten, Elternseminaren und Berufstätigenarbeit gab es ökumenische Kontakte. So nahm die Frauenhilfe Kontakt zum Christenrat in Mosambik auf. Es gab auch Besuche von dort in Görlitz. „Ebenso hatten wir Hilfsprojekte in Tansania“, sagt Petra-Edith Pietz. „Wir sammelten zum Beispiel Brillen und mechanische Nähmaschinen für die Menschen dort.“
Die aktuelle Ausstellung in Görlitz geht darauf ein. Sie würdigt Persönlichkeiten wie Kreisbeauftragte Hanna Barthel, ihre Nachfolgerin Thea Pietrzik und Pastorin Renate Salinger. Durch starken Rückgang der Zahl der Kirchenmitglieder wurde die regionale Frauen- und Familienarbeit in der Fläche dramatisch eingeschränkt. Einen Ausblick wagt Petra-Edith Pietz: „Es wird darauf ankommen, das finanzielle Engagement des Kirchenkreises Schlesische Oberlausitz und die Studienleitung im Amt für kirchliche Dienste (seit 2024 durch Pfarrerin Marion Althaus besetzt) so zu vernetzen, dass durch Frauen das Evangelium lebendig, sichtbar und erfahrbar bleibt – biblisch fundiert, in ökumenischer Weite, mitten in der Gesellschaft.“
Die Ausstellung „Frauen – Glaube – Leben. 120 Jahre Evangelische Frauenarbeit in Schlesien im Wandel der Zeit“ ist noch bis Ende Oktober in der Frauenkirche Görlitz zu sehen. Danach können Interessierte die Ausstellung bei der Innenstadt-Gemeinde in Görlitz ausleihen. Begleitprogramm: Mittwoch, 29. Oktober, 2025 19.30 Uhr Finissage mit Anne Swoboda, Puppenspielerin, Regisseurin und Dozentin und Aufführung der Märchen „Prinzessin Marie“, „7 Märchen und ein Mädchen“, „Theater aus Papier.“