Nach der Bundestagswahl fordern Vertreterinnen und Vertreter der großen Kirchen Bereitschaft zu Kompromissen und einen verstärkten Einsatz für die Demokratie. Begrüßt wird die hohe Wahlbeteiligung.
Berlin/Bonn/Hamburg/Hannover. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, hat an die Parteien der Mitte appelliert, nach der Bundestagswahl Kompromisse zu suchen. „Die Tage und Wochen vor der Wahl waren geprägt von stark emotionalisierten Debatten, die die gesellschaftliche Stimmung aufgeheizt und polarisiert haben“, erklärte die Hamburger Bischöfin am Abend des Wahltags. „Jetzt nach der Wahl stehen die Parteien der demokratischen Mitte vor der anspruchsvollen Aufgabe, mit diesem Wahlergebnis konstruktiv und verantwortungsvoll umzugehen“, sagte sie.
Kirsten Fehrs: Menschenverachtende Haltungen nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar
Viele Menschen wüssten, wie wichtig es gerade in diesen unsicheren Zeiten sei, sich politisch zu beteiligen, sagte Fehrs mit Blick auf die gestiegene Wahlbeteiligung. Zugleich sei sie „sehr besorgt darüber, dass extremistische Positionen größere Zustimmung gefunden haben“, sagte Fehrs. Bereits den Hochrechnungen von ARD und ZDF vom 23. Februar zufolge hatte die in Teilen rechtsextreme AfD deutlich mehr Stimmen erhalten als bei der Bundestagswahl 2021. Es bleibe dabei, dass völkische Parolen und menschenverachtende Haltungen mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar seien, sagte Fehrs. Sie hoffe, dass eine neue Regierung die politischen Rahmenbedingungen für den gesellschaft -lichen Zusammenhalt und ein weltoffenes Deutschland stärke, „ein Deutschland, in dem Menschenwürde und wechselseitiger Respekt zählen“.
In ähnlicher Weise äußerte sich der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, wie katholisch.de unter Berufung auf die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) berichtet. Dieser gegenüber habe Bätzing bekundet: „Ich hoffe, dass wir jetzt zügig eine stabile Regierung bekommen, die die Probleme anpackt.“ Dies erfordere: „zuhören, einander verstehen und konstruktiv um gerechte Lösungen ringen und zu Kompromissen bereit sein“. Dabei müsse Deutschland „in einem demokratischen Europa eingebunden sein, als rechtsstaatliches, freiheitliches, weltoffenes und solidarisches Land“. Mit Blick auf das Erstarken kremlfreundlicher Kräfte an den politischen Rändern und „angesichts der internationalen Situation“ verlieh Bätzing laut KNA dem Wunsch Ausdruck, „dass Europa durch diese Wahl und die neue Regierung gestärkt wird“. Die hohe Wahlbeteiligung bezeichnete Bätzing als „gutes Zeichen für unser Land, dass die Demokratie ernstgenommen wird“.
Kristina Kühnbaum-Schmidt: Nicht nachlassen im Einsatz für Demokratie
Die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) Kristina Kühnbaum-Schmidt bekundete in einer Stellungnahme neben der Freude über die hohe Wahlbeteiligung ihre „großer Sorge“ darüber, „dass in Teilen unseres Kirchengebietes auch Kandidatinnen und Kandidaten in den Bundestag gewählt wurden, deren Äußerungen und Positionen unsere Gesellschaft spalten und Menschen ausgrenzen.“ Sie rief die im christlichen Glauben wurzelnde Überzeugung in Erinnerung, „dass alle Menschen als Ebenbild Gottes geschaffen sind – ausgestattet mit unantastbarer Würde und gleichen Rechten.“ Wer dies infrage stelle, „der stellt sich gegen das, was uns als Gemeinschaft zusammenhält“. Daher komme es darauf an, „nicht nachzulassen im gemeinsamen Einsatz für Demokratie, Menschenwürde und Nächstenliebe“. Hierzu ermutigte Kühlbaum-Schmidt: „Unterschätze nur niemand die Kraft, die von Nächstenliebe und Barmherzigkeit ausgeht!“ epd/dk