Im Advent und in Vorbereitung auf Weihnachten schmücken viele Menschen ihre Wohnungen. Dazu gehört in Berlin und Brandenburg inzwischen auch vieles aus dem Brauchtum des Erzgebirges. Einiges davon soll hier der Kirchenzeitung vorgestellt werden. In dieser Ausgabe ist es die Krippe in der Streichholzschachtel.
von Ralf-Günther Schein
Holzverarbeitung im Erzgebirge sicherte Existenzen
Im Erzgebirge kam der Bergbau über die Jahrhunderte hinweg immer wieder in Krisen. Neben der eigenen kleinen Landwirtschaft wurde deshalb für die Menschen die Holzverarbeitung und die Spielzeug-Herstellung zu einer Frage der Existenzsicherung. Als in der Zeit um 1800 der Wert von Kinderspielen und Kinderspielzeug immer mehr geschätzt wurde, bekamen auch die preiswerten Erzeugnisse aus dem Erzgebirge zunehmend Anerkennung. Sie fanden eine weite Verbreitung. Einer der Exportschlager war die Arche Noah mit vielen Tieren.
Warenzölle machten die Handwerker erfinderisch
Um 1900 herum gab es allerdings Exportprobleme, fast wie in unseren Tagen. Es gab Zollbestimmungen, die die Ausfuhr sehr einschränkten. Anstelle von Warenwertzöllen führten einige Länder Gewichtszölle ein. Großen Holzkunst-Erzeugnissen wurde damit die Ausfuhr erschwert. So kamen Handwerker im Erzgebirge auf die Idee, Spielzeug in Miniaturform herzustellen. Bald gab es dann auch die Miniaturausgabe einer Krippe, die in eine Streichholzschachtel passte. Viel Geschick und Liebe waren und sind immer noch nötig, um alles auf kleinstem Raum unterzubringen.
Krippe in einer Streichholzschachtel – alles fängt klein an
Vielleicht darf man diese Art der Krippendarstellung sogar als sehr angemessen bezeichnen. Denn Gott liebt das Kleine, die kleinen Leute und die Kleingemachten. Der große Gott, der die Welt und die Schöpfung umfängt, wählte eine der Kleinsten unter den Städten: Bethlehem (Micha 5,1) zum Ort seiner Menschwerdung. Dort macht sich der große Gott klein in einem Neugeborenen. Das ist sein Marketingverhalten. ER hat eine Liebe für das Kleine, für die Kinder, für die Übersehenen und Unbedeutenden. Dies alles, um uns von unserem menschlichen Größenwahn zu befreien.
Reich Gottes wie ein Senfkorn
Kleine unbedeutende Hirten waren die ersten, die sich Gottes Menschwerdung anschauen durften. Sie staunten, wie Gott in einem Krippenkind einen Neuanfang für diese Welt hinlegt. Jesus vergleicht später das Reich Gottes mit dem kleinsten aller Samenkörner: dem Senfkorn, das aufgeht und Raum gewinnt und Platz für ein Leben unter dem Himmel Gottes schenkt. Gottes Wirken beginnt oft in Miniaturform und will in den kleinen Dingen, die wir für einen befriedeten Alltag tun können, gegenwärtig sein. „Alles muss klein beginnen“, wie es ein Lied sagt, wenn es groß werden will.
Eine solche Krippe in Miniaturform kann uns an all das erinnern und unsere Maßstäbe zurechtrücken, auch in unserer Kirche. Wir brauchen die kleinen Orte, Dinge und Schritte nicht gering zu achten. Gott macht es vor: in Miniatur und in dem Kind Jesus Christus! ER wurde Mensch, damit es menschlicher unter uns zugeht, im Großen, wie im Kleinen.
Ralf-Günther Schein ist Pfarrer im Ruhestand in Templin.



