In Brandenburg öffnen die Kirchengemeinden bald ihre Türen für die Gemeindekirchenratswahlen. Am 30. November und darüber hinaus werden sie gewählt. Eine Auswahl darüber, wie sich die Kirchengemeinden derzeit darauf vorbereiten.
Von Klaus Büstrin
Herzsprunger Land/Weißwasser/ Netzen/Kyritz-Land. Grenzen können willkürlich sein. Kirchengemeinden sind jedoch historisch gewachsen, Traditionen gründen sich auf Beziehungen. So zum Beispiel im Kirchenkreis Wittstock-Ruppin. Aus neun Gemeindekirchenräten (GKR) hat sich Anfang 2024 nach einem längeren Entwicklungsprozess die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Herzsprunger Land gegründet. Sie umfasst elf Dörfer. Zwar bleibt jede einzelne Gemeinde in ihrer eigenen Prägung wichtig, doch die herausfordernden Aufgaben lassen sich nur gemeinsam lösen.
Nun wird der GKR für die Gesamtkirchengemeinde erstmalig gewählt. Er wird 21 Mitglieder in seinen Reihen haben, die Ortskirchenräte werden mit bis zu vier Ältesten und bis zu zwei Ersatzältesten besetzt sein. Der jüngste Kandidat ist 24 Jahre alt. „Aus verschiedenen Berufen kommen die Kandidaten“, sagt Berthold Schirge, der als Pfarrer seit 1983 mit den Gemeinden durch Dick und Dünn geht. Vor vier Jahren hätte er bereits in den Ruhestand gehen können. Doch die Ausschreibungen der halben Stelle verliefen ins Leere. Schirge wollte seine Gemeinden nicht im Stich lassen. Er machte weiter.
Dringende Frage: Was wenn man keine Pfarrperson findet?
Schirge ist davon überzeugt, dass der neue Gesamtkirchengemeinderat sich mit der dringenden Frage beschäftigen wird: Wie machen wir unsere Gemeinde zukunftsfähig, falls sich keine Pfarrperson findet oder mit einer, die nur „am Rande“ in den Dörfern wirken kann.
In der Kirchengemeinde Weißwasser kandidieren 11 Personen für den zehnköpfigen Gemeindekirchenrat. Vier sind unter 50 Jahre alt, der Älteste ist 68. Die wirtschaftlichen Hauptpfeiler der Stadt, die Braunkohleförderung und die Glasproduktion, hatten großen Einfluss auf das Wachstum der evangelischen Kirchengemeinde, die zum Kirchenkreis Schlesische Oberlausitz gehört. Sie ist ein treffendes Abbild der Stadtgesellschaft. Der Altersdurchschnitt beträgt zwischen 65 und 70 Jahren. „Das kirchliche Leben wendet sich in unserer Gemeinde ihren 1100 Mitgliedern zu. Doch jedermann ist willkommen, der unsere Gemeinde kennenlernen möchte, als geistlichen, sozialen und kulturellen Ort“, sagt Pfarrer Lars Städter.
Traditionsbewusst und doch modern
„Ich freue mich, dass die Kandidaten ihr Wirken im GKR auf das Inhaltliche unseres Glaubensauftrags fokussieren möchten. Glücklicherweise steht das Baugeschehen nicht sehr im Vordergrund. Unsere Väter und Vorväter haben gut vorgesorgt“, sagt Lars Städter, der mit seiner Ehefrau Katharina die Gemeinde betreut.
Am 30. November stehen auch in der Kirchengemeinde Netzen die GKR-Wahlen an. Kloster Lehnins Ortsteile Netzen, Nahmitz, Grebs, Prützke und Rietz bilden die Kirchengemeinde Netzen. Sie gehört zum Kirchenkreis Mittelmark-Brandenburg. In Netzen befindet sich das Pfarrhaus, von dem aus Pfarrer Anselm Babin die Dörfer geistlich betreut. Sie sind mit der altehrwürdigen Historie des Kloster Lehnins eng verbunden. „Die Bewohner sind traditionsbewusst, doch auch dem Heute zugewandt“, sagt Pfarrer Babin.
Gemeindekirchenratswahlen: Hoffnung auf größere Wahlbeteiligung
Die Gemeindeglieder sind diesmal zu einer regelkonformen Briefwahl eingeladen. Die Wahlunterlagen sind verschickt und müssen spätestens mit dem Ende des Wahlurnengangs am 30. November um 12 Uhr in der Kirche von Netzen vorliegen. „Ja, in Netzen wird es an diesem Sonntag ab 9 Uhr im Pfarramt wie vorgeschrieben ein offenes Wahlbüro geben, das während des Gottesdienstes von 10 bis 11 Uhr geschlossen bleibt. Mit der Briefwahl hoffen wir auf eine größere Wahlbeteiligung als bisher, schließlich kann man von zu Hause aus bequem entscheiden, wem man seine Stimme für die kommenden sechs Jahre geben möchte“, so Pfarrer Anselm Babin.
Der Pfarrsprengel Kyritz-Land im Kirchenkreis Prignitz besteht aus der Kirchengemeinde Luchleben mit neun Dorfkirchen und der Mariengemeinde Ostprignitz mit einer Stadtkirche in Kyritz und fünf Dorfkirchen.
Über den eigenen Kirchturm hinausblicken
Der Pfarrsprengel, der seit 2023 besteht, hat rund 2000 Gemeindeglieder. Als Pfarrpersonen fungieren seit 2024 Martin Rohde sowie Myriam Lütkepohl. „Die Gemeinden befinden sich gegenwärtig in einer Perspektivphase“, berichtet Pfarrer Rohde. Dabei sei es wichtig Egoismen zu überwinden und über den eigenen Kirchturm hinauszublicken.
„Bei der Gestaltung eines lebendigen kirchlichen Lebens und für ein gutes Miteinander sind alle Gemeindemitglieder gefragt. Der neue Gemeindekirchenrat wird sich nach seiner Konstituierung mit diesem Thema beschäftigen“, sagt Martin Rohde.
Erfreulich, dass es in beiden Gemeinden nicht wenige Kandidierende für den GKR gibt. In der Mariengemeinde Ostprignitz stellen sich 25 Gemeindeälteste zur Wahl, 13 von ihnen werden gewählt. In Luchleben sind es 18 Kandidierende, davon werden neun Älteste gewählt.



