In Ausgabe 8, Seite 9 berichtete „die Kirche“ unter der Überschrift „Der gute Besuch“ über die Anregung der Kirchenleitung zu einem Kontaktjahr 2025/2026. Dabei geht es darum, verstärkt Gemeindeglieder zu besuchen, die bisher kaum erreicht werden. Unsere Leserin hat damit ihre eigenen Erfahrungen gemacht.
Von Ursula Steinike
Es ist noch nie zeitgemäß gewesen, unangemeldet vor der Tür zu stehen. Ich empfinde es sogar als unhöflich. 40 Jahre war ich ehrenamtlich neben meiner naturwissenschaftlichen Arbeit im Hauptberuf im Besuchsdienst in der Gemeinde Berlin-Grünau, später Bohnsdorf-Grünau tätig. Vorwiegend besuchte ich Senioren, aber auch neu Zugezogene. Der Besuchsdienst erforderte viel Geduld, Fingerspitzengefühl und Zeit. Ein Pfarrer organisierte die Besuche mit. Und es gab Gemeindeglieder, die meinten, Anspruch auf einen Pfarrerbesuch zu haben. Für mich war der Besuchsdienst trotz der Mühen eine große Freude.
Kontaktjahr: Das Rad wird nicht neu erfunden
Beim Lesen des Artikels „Der gute Besuch“ hatte ich den Eindruck, nun soll etwas neu erfunden werden, was längst existiert. Ich sehe selbstverständlich auch, dass sich das Leben, die Menschen und ihre Gewohnheiten verändert haben. Heute soll es bunt, lustig und schnell sein.
Altersbedingt zog ich aus Berlin nach Michendorf in eine Einrichtung der Johanniter. Nun gehöre ich zur Kirchengemeinde Michendorf-Wildenbruch. Die staatliche Gesamtgemeinde von Michendorf hat 13000 Einwohner, sechs evangelische Kirchen und eine katholische Kirche. Alle Kirchen und Ortsteile verfügen über rege Aktivitäten und ein gutes Miteinander. Zu Fuß kann ich nur die Michendorfer Kirche aufsuchen. Im Vergleich dazu leben in Bohnsdorf und Grünau 21900 Einwohner, aber es gibt nur zwei evangelische Kirchen mit einer Gemeinde.
Kirche an der Wohnungtür: Besuche besser mit Termin
Einige Tage nach meinem 89. Geburtstag 2024 kam in Michendorf ein Besuchsdienst unangemeldet gegen 9 Uhr mit einem Blumenstrauß zu mir. Ich habe mich sehr darüber gefreut und bat den Besuch herein, obwohl ich gerade einen Therapeuten erwartete und die Wohnung entsprechend umgerüstet war. In dem recht kurzen Gespräch habe ich mich bereit erklärt, in den Besuchsdienst einzusteigen. Seit April 2024 bin ich dort ehrenamtlich in der Besuchsdienst-Gruppe tätig und nun für die Geburtstagsbesuche der Bewohner des Johanniter-Quartiers verantwortlich, die der Evangelischen Kirche angehören. Es ist nun kein Problem, mich zum Besuch rechtzeitig anzumelden und einen entsprechenden Termin festzulegen, manchmal auch im Einvernehmen mit den Angehörigen.
Datenschutz und Rechnungen: Bürokratie erschwert manches
Es gibt jedoch auch einige Schwierigkeiten aufgrund bürokratischer Vorgaben der EKBO. Zu runden Geburtstagen kann ein Geschenk gemacht werden. Blumengeschäfte gibt es in meinem Umfeld aber nicht mehr. Deshalb verschenke ich Honig vom privaten Imker. Dessen Angebote besorge ich mir zu Fuß per Rollator, bisweilen werden sie mir ins Haus gebracht. Manchmal erhalte ich eine Rechnung. Aber diese wird nicht als erstattungsfähig anerkannt. Trotzdem verschenke ich weiterhin Honig. Dazu besorge ich mir zeitnah eine offizielle Rechnung in einem Supermarkt über ein Produkt, das ich gerade benötige und das man auch verschenken könnte. Recht umständlich.
Auch der Datenschutz muss eingehalten werden. Jedes Gemeindeglied kann der Nennung seines Namens zu Geburtstagen oder sonstigen Ereignissen widersprechen. Warum darf dann bei den Mitgliedern, die öffentlich genannt werden wollen, nicht das Geburtsdatum vollständig abgedruckt werden? Dafür wird dann geschrieben: XY wird im März irgendwann xx. Beim Lesen fragt man sich: Wann ist der Geburtstag denn? Ich meine, wir machen uns das Leben selber schwer.
Was plant Ihre Gemeinde zur Initiative der Kirchenleitung, verstärkt Kontakt zu Gemeinde-gliedern aufzunehmen, die schwer erreicht werden? Schreiben Sie uns gern per E-Mail.