Blonde Frau mit langen Haaren im Winter
Foto: Imago / Westend61

Von, für und mit uns: Frauen* in der EKBO

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zählt rund 56,9 Prozent Christinnen. Sie bringen besondere Erfahrungen mit, haben oftmals einen anderen Blickwinkel als Männer. Warum Kirche ihnen einen Raum geben muss.

Von Manon Althaus

Frauen* stehen im Kreis und ­singen. Die Gemeinden der Region haben zur Vorbereitung des Weltgebetstages eingeladen und recht viele sind gekommen, nicht so viele wie im vergangenen Jahr, aber ­immerhin. Informationen über das Land und Beschäftigung mit dem diesjährigen Motto, der Liturgie für den Gottesdienst und das Üben der neuen Lieder füllen diesen Tag. Und manche fragt sich, wie sie es schaffen könnten, dass auch Jüngere kommen?!

Frauen* sitzen im Gemeindehaus. Seit zweieinhalb Jahren ­bieten sie in ihrer ländlich geprägten Gemeinde ein Sprachcafé für geflohene Ukrainerinnen und ­deren Kinder an und sie stehen vor der Frage, wie und ob sie ihr Projekt weiterführen können.

Erfahrungen einbringen

Frauen* laden zu einer Diskussionsrunde ein. Eine von ihnen hat sich fortgebildet und teilt das ­Wissen mit den anderen. Es geht um die Frage, wie inklusiv ihre ­Gemeinde ist und wie offen für queere Menschen. Was muss getan werden, dass wirklich alle willkommen sind und ihren Platz haben, unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer ­sexuellen Orientierung?

Frauen* verbringen gemeinsam ein Wochenende, arbeiten feministisch-theologisch, lesen Bibel geschlechtergerecht und tragen in diese Gespräche immer wieder ihre Erfahrungen ein: Als Frauen* in ­dieser Kirche, als beruflich Ver­bundene und als ehrenamtlich ­Engagierte.

Räume, um Talente zu entfalten

Frauenarbeit in der EKBO: Das ist die Arbeit mit Frauen, von Frauen* und für Frauen. Sie vernetzen sich und stärken sich miteinander, sie lernen miteinander, organisieren, halten Gemeinden am Laufen und Feiern. In dieser Arbeit erweitern alle ihre Horizonte und die Horizonte der Kirche. Und in ihr werden Räume geschaffen zur Solidarität, Räume, in denen Frauen ihre Stimmen erheben und ihre Talente entfalten können. Die Formen dieser Arbeit sind so verschieden wie die Frauen* selbst und deren jeweilige Kontexte. Und eben diese Vielfalt ist ein beeindruckender Reichtum der Kirche.

Frauenarbeit in der EKBO ist auch die Arbeit mit dieser Kirche und für diese Kirche. Frauen tragen ihre Perspektiven ein: In die Lektüre der Bibel, in die Entwicklung der Theologie, in die Gestaltung der ­Kirche, in das kirchliche Wirken, in die Gesellschaft und Politik.

Männerdomäne Kirche?

Patriarchale Werte, Sichtweisen und Strukturen sind auch in der Kirche immer noch mächtig. Hier braucht es andauernde, beharrliche Arbeit, damit die kritische Aus­einandersetzung mit diesem Gefüge nicht aufhört, damit die Diskurse ­lebendig bleiben, besonders jetzt, wo antifeministische Strömungen Raum greifen (wollen).

Von Gott her sind alle Menschen gleich geschaffen, gleich ange­sehen. Deshalb setzt sich die Frauenarbeit für Gerechtigkeit ein, für die Gerechtigkeit auch aller Geschlechter. Denn das gehört dazu: Menschen in den Blick zu nehmen, die sich jenseits der Binarität von Frau/Mann verstehen, in einer Vielzahl von Geschlechteriden­titäten und Lebensformen.

Transgender lautet die Selbst­bezeichnung und Transgender ist eine Irritation und Herausforderung auch für manche Frauen, ­denen die Zwei­teilung der Menschen in Frauen und Männer sehr vertraut ist. Frauenarbeit versteht sich jedoch als einen Teil der größeren Bewegung für Geschlechter­gerechtigkeit, darin eingebettet und zugleich mit einer deutlich ­eigenen Stimme.

Kein: Wir und die anderen

Diese Ausrichtung ergänzt die klassischen Formen der Frauen­arbeit und des feministischen Denkens und bildet eine Antwort auf gesellschaftliche Versuche, Menschen aufzuteilen: Wir und die Anderen. Wir Deutschen und die Fremden. Wir Normalen und die Anders­artigen. Immer da, wo gruppen­bezogene Menschenverachtung propagiert und praktiziert wird, müssen Kirchenmenschen ihre Stimme erheben.

Dazu gehört auch die skandalöse Gewalt gegen Frauen, insbesondere im häuslichen Bereich, und von ­Femiziden, also Morden an Frauen, weil sie Frauen sind. Körperliche und seelische Gewalt findet sich auch im Raum der Kirche, in den Gemeinden und Einrichtungen, in den Familien. Das muss aufhören! Dafür brauchen Frauen* Männer*, die Gewalt als ihr Problem er­kennen, die ihr eigenes misogynes ­Verhalten und Denken bearbeiten, sich in Präventionsangebote be­geben oder sich in Täterzentren ­ihrem Gewaltpotenzial stellen. Eine große Aufgabe für die Kirche.

Manon Althaus ist Pfarrerin und Studienleiterin für Geschlechtergerechtigkeit im Amt für kirchliche Dienste (AKD) der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

„Gegen Frauenhass aufstehen“ – zu diesem Thema trifft sich die diesjährige Frauenversammlung, am 15. Februar im Tagungshaus des AKD. Rechtsanwältin Christina Clemm, Autorin des Buches „GEGEN FRAUENHASS“, stellt ihre zentralen Thesen vor. Dazu wird der Vorstand der „Frauen* in der EKBO“ gewählt.

Das Gender-Sternchen (*) hinter „Frauen/Männer“ soll zeigen, dass die Begriffe sich auf alle Personen beziehen, die sich so definieren oder definiert werden, also auch alle, die so gelesen werden möchten. Damit soll das Gender-Sternchen den Konstruktionscharakter von „Geschlecht“ zeigen.

Aktuelles

Blaue Briefmarke

Briefmarken gegen Armut

Das Logo „Armut eine Stimme geben“ gibt es jetzt auch als Briefmarke. Thomas de Vachroi, Armutsbeauftragter der Landeskirche und des Kirchenkreises Neukölln, will mit der Initiative bundesweit auf Armut und soziale Not in Deutschland aufmerksam machen.

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Kästen und Schilder an einer Holzwand

House of One: Erfolg bei Spendenaktion

Die Spendenaktion „1 x Frieden mit allen, bitte“ des House of One konnte erfolgreich beendet werden. Im Rahmen der Aktion hat das interreligiöse Projekt in Berlin-Mitte 100000 Euro sammeln können. Die Bethe Stiftung und die HeLe Avus-Stiftung haben den Betrag verdoppelt.

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Noten auf Notenblatt

Ein Lied zum Glaubensbekenntnis von Nicäa

In der Ausgabe 11 druckte „die Kirche“ auf Seite 14 ein Lied ab, das „Kurze Credo“. Dieses Glaubenslied wurde von dem Berliner Pfarrer im Ruhestand Manfred Richter, früherer Leiter des Evangelischen Kunstdienstes, und dem Komponisten Christof Vonderau im vorigen Jahr verfasst.

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