Gedenkstein mit vielen Blumenkränzen
Gedenkstein in Berlin-Marzahn für die Sinti und Roma Foto: MarsmanRom

Der Emmaus-Pilgerweg in Berlin-Marzahn: Orte des Zusammenhaltes

VON MARINA MAI. 

Berlin. ZusammenLEBEN, der Förderverein der Berliner Evangelischen Kirchgemeinde Marzahn-Nord, wollte genau wissen, wo in ihrem Bezirk große Orte und kleine Flecken christlichen Lebens sind und hat sich auf den Weg gemacht. Genauer gesagt: auf dem Emmaus-Pilgerweg durch ihren Bezirk. Die Pandemie- und Urlaubszeit ausgenommen sind rund 30 Pilger seit 2020 einmal pro Woche zu einem dieser Orte gepilgert, haben mit den Akteuren vor Ort gesprochen oder auch an Gottesdiensten teilgenommen. Herausgekommen ist eine Sammlung von Porträts von 108 Orten im Internet und in Buchform. Am 26. Mai wurde beides in der Kirchgemeinde präsentiert.

An 50 bis 55 Orten – je nach Jahreszeit – treffen sich wöchentlich Menschen in christlichen Gemeinschaften zu Gottesdiensten, so die Pfarrerin im Ruhestand Katharina Dang, die das Projekt leitete. Die Gemeinden sind auch Orte des Zusammenhalts, an denen gemeinsam gekocht und Sport getrieben und somit der Vereinsamung entgegengewirkt wird.

Auch Freikirchen sind dabei

Freikirchliche Gemeinden treffen sich zum Beispiel in ehemaligen Kitagebäuden, in Gewerbegebieten, in Privatwohnungen oder sind Gäste in evangelischen Kirchen. Allein elf dieser Gemeinden wurden von russlanddeutschen Zuwanderern gegründet. Zugewanderte Menschen aus Rumänien und Nigeria sowie Roma gründeten weitere Gemeinden.

Gottesdienst im Einkaufszentrum.

Bei der nigerianischen Gemeinde handelt es sich um eine Tochtergemeinde der Dunamis-Gemeinde. Sie verfügt über das größte Kirchengebäude der Welt mit 100000 Plätzen. Einmal im Monat wird ein Gottesdienst live aus der gigantischen Kirche in Nigeria in den Nordosten Berlins in die Einkaufspassage Plaza Marzahn übertragen. Dort treffen sich die nigerianischen Christen aus Berlin in einem ehemaligen Laden. „In Berlin gibt es so viele Sorten von Christen wie in keiner anderen deutschen Stadt“, sagt Hans-Joachim Ditz bei der Präsentation der Sammlung in Marzahn. Er ist Ökumenebeauftragter vom katholischen Erzbistum Berlin und Geschäftsführer des Ökumenischen Rats Berlin-Brandenburg. „Das ist nicht etwa das Ergebnis von Konzepten aus Politik oder Kirche, sondern das Ergebnis von Migration. Die Menschen haben ihre Religion mitgebracht.“

Friedhöfe als Zeichen der Vielfalt.

Das zeigt sich sogar auf den Friedhöfen im Bezirk, nicht nur auf dem einzigen evangelischen Friedhof. Auf dem staatlichen Parkfriedhof Marzahn haben die Pilger viele Kreuze gefunden, beispielsweise von russlanddeutschen Verstorbenen. Sie haben die Tradition, im ersten Jahr nach dem Tod auf das Grab ein Holzkreuz zu stellen. Erst danach wird es durch einen Stein ersetzt.

Auch Grabsteine mit Kreuzen, mit Albrecht Dürers betenden Händen und mit Bibelsprüchen haben die Pilger dort gefunden. Hinzu kommen verschiedene Gedenksteine, wie der für die Deutschen, die unter Stalins Gewaltherrschaft litten und starben. Oder ein Gedenkstein in Erinnerung an die Sinti und Roma, die ab 1936 unter menschenunwürdigen Bedingungen im „Zigeunerlager Marzahn“ hinter dem Friedhof zusammengepfercht wurden und nach ihrer Deportation in die Konzentrationslager zu einem Großteil ihr Leben verloren. Dieser Gedenkstein wurde auf Initiative unter anderem des damaligen Pfarrers errichtet.

Auf der Tour sind die Pilger zudem auf großes soziales Engagement von Christen gestoßen, so beispielsweise bei den Ausgabestellen von „Laib und Seele“ in einer evangelischen und einer freikirchlichen Gemeinde, bei der Migrationssozialberatung der Caritas oder in Wohngruppen für Menschen mit Behinderung der Diakonie. Ein Engagement, ohne das auch in Marzahn-Hellersdorf das Zusammenleben schwieriger werde.

Weitere Informationen unter: www.zusammenleben-berlin.de/ index.php/pilgerweg

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