Bischof Bischof Christian Stäblein blickt auf globale Herausforderungen – vom Nahostkonflikt bis zum Klimawandel – und mahnt, zugleich die Nöte vor Ort nicht aus dem Blick zu verlieren.
Von Bischof Christian Stäblein
Unser Blick geht in diesem Januar in die Weite des Globus, durchaus sorgenvoll. In Amerika wird ein Mann zum zweiten Mal Präsident, der schon in seiner ersten Amtszeit gezeigt hat, dass er wenig von einer Wertegemeinschaft hält. Im Blick auf den Nahen Osten hoffen wir, dass die kleinen Schritte zum Schweigen der Waffen, zur Rückkehr der Menschen in ihre Häuser und zur Freilassung der Geiseln – bring them home! – anhalten. In der Ukraine dauert der Krieg gegen das Land schon drei Jahre und die Frage, wer oder was Putins Kalkül Einhalt gebietet, wird drängender. Und auf den ganzen Erdball geguckt wissen wir angesichts der globalen Erwärmung noch mehr als bisher, warum der Umstieg in die erneuerbaren Energien – weltweit zum Glück voranschreitend – unumkehrbar sein muss.
Kochen in der Wärmestube
Der Blick auf das, was wir Zeitenwende nennen, darf uns allerdings nicht davon abhalten, in der Nähe wahrzunehmen, was ist, wie es den Menschen um uns herum geht. Diese Woche hat für mich damit begonnen, gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, und vielen anderen in der Tee- und Wärmestube des Diakonischen Werkes Simeon in Neukölln für Obdachlose und von Armut Betroffene zu kochen. Thomas de Vachroi, Armutsbeauftragter des Kirchenkreises Neukölln und seit letztem Jahr auch für die ganze Landeskirche, ist der Motor: Kochen für und Essen teilen mit Menschen, die unser Miteinander brauchen. Eine handfeste und zugleich eine geistliche Aufgabe. Der Mensch lebt, wie wir aus der Bibel wissen, nicht vom Brot allein. Aber er lebt auch nicht ohne Brot. Brot und in diesem Fall kräftige Hühnersuppe, Obstquark, Brezel und Käsekuchen zu teilen, ist der beste Moment, um zuzuhören.
Wie soll das zum leben reichen?
Norman erzählt, wie er 36 Jahre gearbeitet hat und die Rente nun trotzdem kleiner ist, als würde er Bürgergeld beziehen. Und wie er sich also gezwungenermaßen gut auskennt bei den verschiedenen Stellen von Tafel, Laib und Seele und etwa hier in der Tee- und Wärmestube. Er erzählt, wie in diesem Monat schon wieder eine Teilleistung wegfällt und es etwas über 20 Euro weniger sind, die er bekommt. Und dabei ist es schon so wenig, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie das zum Leben reichen soll. Er erzählt: Was das heißt, wenn man dann den Preis für Kino oder Tierpark hört. Und also gleich weiß, dass man daran gar nicht denken braucht. Er erzählt, wie es an der Tafel immer voller wird. Immer mehr Menschen da. Ich bin froh, dass er erzählt, dass er da ist. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Aber er lebt gewiss nicht ohne Brot. Leben heißt miteinander und füreinander da sein. Auch im Winter 2025 in dieser Stadt und in diesem Land.