Martin Luther King
Martin Luther King

Vor 60 Jahren: Martin Luther King bekommt den Friedensnobelpreis

Er war ein Hoffnungsträger für Afroamerikaner: Der Pastor Martin Luther King erhielt 1964 für seinen gewaltfreien Widerstand gegen rassistische Diskriminierung den Friedensnobelpreis.

Von Konrad Ege

Frankfurt am Main. Er war erst 35 Jahre alt: Im Jahr 1964 wurde Martin Luther King (1929–1968) für seinen gewaltlosen Kampf für die Bürgerrechte der Afroamerikaner mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. In den USA stieß die Ehrung des Baptistenpastors und Bürgerrechtlers auf Beifall – und auf Hass.

Vor 60 Jahren, am 14. Oktober 1964, hatte King auf Drängen seiner Ehefrau Coretta Scott King das St.-Joseph-Krankenhaus in seiner Heimatstadt Atlanta aufgesucht. Nach erschöpfenden Ansprachen und Veranstaltungen habe er eine Pause gebraucht. Sie habe zu Hause Telefonanrufe entgegengenommen, schrieb Coretta Scott King später in ihrer Autobiografie „My Life, My Love, My Legacy“ (2017).

Anruf im Krankenhaus

Dann meldete sich eine „tiefe, offiziell klingende Stimme“. Der Mann habe gesagt, er sei von der Nachrichtenagentur Associated Press (AP). Die Agentur habe erfahren, dass „ihrem Ehemann der Friedensnobelpreis für das Jahr 1964 verliehen wird“. Umgehend habe sie Martin angerufen: „Wie geht es dem Friedensnobelpreisträger des Jahres 1964 an diesem Morgen?“ Ihr Ehemann sei fassungslos gewesen, er habe „ok“ gesagt, aufgelegt und gleich zurückgerufen, um zu prüfen, „ob die Nachricht stimmt oder er geträumt hat“. Es waren angespannte Jahre in den USA, eine Zeit der „Sit-Ins“ für Bürgerrechte, der Kundgebungen und der Gewalt von Weißen gegen Schwarze, mit Schlagstöcken und Polizeihunden. Afroamerikanische Bürgerinnen und Bürger in den Südstaaten wehrten sich gegen Apartheidähnliche Zustände. Vielerorts gingen Schwarze nicht zum Wählen, aus Angst um ihr Leben und ihre wirtschaftliche Existenz. Im Juni 1964 wurden drei Wahlrechtsaktivisten im US-Bundesstaat Mississippi entführt und von Angehörigen des Ku-Klux-Klan ermordet. Doch die Bürgerrechtler konnten auch Fortschritte verzeichnen: Am 2. Juli 1964 unterzeichnete US-Präsident Lyndon B. Johnson ein weitreichendes Gesetz gegen Diskriminierung.

„I have a Dream“

King war der bekannteste Bürgerrechtsführer des Landes. Im August 1963 hielt der charismatische Pastor in Washington seine weltbewegende Rede „I have a Dream“ („Ich habe einen Traum“). Er träume davon, rief King den Menschen zu, dass seine vier Kinder einmal in einer Nation leben würden, „in der man sie nicht nach der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Wesen ihres Charakters beurteilt“.

Nach der Friedensnobelpreis-Nachricht zitierte die „New York Times“ King mit den Worten, er sei froh, „dass Menschen in anderen Nationen sich um unsere Probleme hier sorgen“. Er sehe die Auszeichnung nicht als Ehrung seiner Person, sondern der vielen außerordentlich mutigen Menschen, die sich gewaltfrei für Gerechtigkeit und Liebe eingesetzt hätten. Und er sagte: „Ich bin ein Prediger des Evangeliums und kein politischer Anführer.“

Bespitzelt und bedroht

FBI-Direktor J. Edgar Hoover sah das anders. Seine Behörde hat King und andere Bürgerrechtler jahrelang observiert, Telefone abgehört und Spitzel entsandt, angeblich wegen „Kommunisten“ in der Bewegung. Nach Bekanntwerden der Nobelpreis-Entscheidung war „Hoover wütend und die Behörde voller Energie“, schrieb Autor Curt Gentry in der Biografie „J. Edgar Hoover: The Man and the Secrets“ (1991). Noch im November 1964, wenige Wochen vor der Preisverleihung in Oslo, sagte Hoover auf einer Pressekonferenz, King sei „der verrufenste Lügner im Land“.

Die Preisverleihung fand am 10. Dezember 1964 statt. King erklärte in seiner Rede, der Preis verdeutliche, dass Gewaltlosigkeit die Antwort auf die entscheidenden politischen und moralischen Fragen sei. Man müsse Unterdrückung überwinden, ohne zu Gewalt Zuflucht zu nehmen.

Hasskampagne gegen King

Bald nach seiner Rückkehr aus Oslo traf bei den Kings ein Umschlag mit einem Tonband und einem Brief ein. Coretta Scott King öffnete die Post. „King, wir haben Dich entlarvt. Das ist nur eine Kostprobe des Materials, das wir gegen dich haben.“ Das Tonband sollte angeblich kompromittierende Situationen von King mit Frauen dokumentieren. Das habe Martin Luther King zum Suizid treiben sollen, schrieb Coretta Scott King. Wenn er unter Stress gewesen sei, habe Martin an Depressionen gelitten. Aber Hoovers Hasskampagne gegen King konnte sich nicht durchsetzen.

Im August 1965 unterzeichnete Präsident Johnson nach dem Antidiskriminierungsgesetz ein weiteres wichtiges Vorhaben: ein umfassendes Wahlrechtsgesetz, ein Hauptanliegen der Bürgerrechtsbewegung.

1986 wurde er ermordet

Doch auch nach dem Friedensnobelpreis wurde es nicht leichter für die Bewegung: King verurteilte den Vietnamkrieg und setzte sich zunehmend mit wirtschaftlicher Ungerechtigkeit auseinander. Am 4. April 1968 ermordete ein weißer Rassenfanatiker den Bürgerrechtler, als er in Memphis streikende Sanitärarbeiter unterstützte. 1983 wurde sein Geburtstag, der 15. Januar, zum nationalen Feiertag erklärt. Coretta Scott King starb am 30. Januar 2006.

Die deutsche Übersetzung der Rede, die Martin Luther King bei der Entgegennahme des Friedensnobelpreises hielt, findet sich im Internet unter: https://www.lebenshaus-alb.de/ magazin/002652.html Sie ist auch abgedruckt in dem Buch: Martin Luther King: Schöpferischer Widerstand. Hrsg. von Heinrich W. Grosse. Gütersloher Verlagshaus, 1985.

Fotoquelle: Keystone / epd

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