Predigttext am Drittletzten Sonntag des Kirchenjahres: Lukas 18,1–8
Von der bittenden Witwe
1 Er sagte ihnen aber ein Gleichnis darüber, dass sie allezeit beten und nicht nachlassen sollten, 2 und sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen. 3 Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam zu ihm und sprach: Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher! 4 Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch vor keinem Menschen scheue, 5 will ich doch dieser Witwe, weil sie mir so viel Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und mir ins Gesicht schlage. 6 Da sprach der Herr: Hört, was der ungerechte Richter sagt! 7 Sollte Gott nicht auch Recht schaffen seinen Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, und sollte er’s bei ihnen lange hinziehen? 8 Ich sage euch: Er wird ihnen Recht schaffen in Kürze. Doch wenn der Menschensohn kommen wird, meinst du, er werde Glauben finden auf Erden?
Von Viola Türk
„Oh Lord, won’t you buy me a Mercedes Benz?“ O Gott, würdest du mir bitte einen Mercedes Benz kaufen? Ich habe schließlich mein Leben lang hart gearbeitet. So sang es vor Jahrzehnten Janis Joplin. Sollten wir so beten? Ist es das, was Jesus uns mit der Geschichte sagen will?
Das Gleichnis lässt mich ratlos stehen. Nichts scheint zusammenzupassen. Zunächst stellt sich die Frage: Wie passt die Ermahnung Jesu, im Gebet nicht nachzulassen, zusammen mit der Geschichte, die er erzählt? Die nächste Frage ist: Wer gleicht hier wem? Kann ich mich der armen Witwe verbunden fühlen, die mit Nörgeln und Drängeln ihr Recht erstreitet? Wer am lautesten schreit, setzt seine Interessen eher durch als die stillen Dulder, die darauf warten, dass sie irgendwann Gerechtigkeit oder wenigstens Recht bekommen?
Wer nur richtig nervt, bekommt am Ende, was er will. Das entspricht unserer Erfahrung. Manchmal. Es gibt aber auch die gegenteilige Erfahrung. Nicht alle Demonstrationen gegen ungerechte Machthaber sind von Erfolg gekrönt. Auch das erleben wir immer wieder. Und Gebete, dass ein Auto vom Himmel fallen möge und unbeschadet direkt vor meiner Haustür parkt, für mich allein, werden, wenn ich richtig informiert bin, eher selten erhört.