Predigttext für den Sonntag Estomihi: 1. Korinther 13,1–13
13 Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebeist die größte unter ihnen. Auszug
Von Ulrich Hutter-Wolandt
Der Predigttext berührt – vielleicht kommen jetzt manchen Lesern oder Hörern Erinnerungen an diese Worte: das Hohelied der Liebe als Lesung zur Trauung oder der Vers 13 als Trautext. Worte, die bewegen. Worte, die aber auch Anstoß erregen, wenn Beziehungen gescheitert sind. Man hat sich nichts mehr zu sagen, man hat sich auseinander gelebt. „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht“ – erst bricht die menschliche Liebe und dann hält auch die Beziehung nicht mehr. Nach und nach nimmt die Liebe immer mehr ab. Gleichgültigkeit entsteht. Und dann enden solche früheren Liebesbeziehungen in Rosenkriegen und schrecklichen Streitereien. Liebe schlägt in Eifersucht, Hass oder Aggression um, wie es in einem Lied der „Toten Hosen“ heißt: „Ich bin kurz davor durchzudrehn, aus Angst, dich zu verliern. Und das uns jetzt kein Unglück geschieht, dafür kann ich nicht garantiern.“
Liebe zwischen Menschen kann sich ändern, doch von welcher Liebe spricht Paulus? Dazu müssen wir in seine Biografie schauen. Saulus, so hieß Paulus vor seiner Bekehrung, wird auf dem Weg nach Damaskus vom Verfolger der jungen frühchristlichen Gemeinde zum Nachfolger Jesu Christi. Er, der an der frühen Gemeinde schuldig geworden war, wird frei durch eine ganz große Liebe, die neu in sein Leben gekommen ist. Und er beschreibt in seinen Briefen immer wieder, wie er aus seinem persönlichen Erleben, aus seiner persönlichen Betroffenheit einen neuen Weg gefunden hat. Angesichts der für ihn persönlich schwierigen Situation in Korinth – in dieser Mega-City gab es alles, was auf dem damaligen religiösen Markt zu finden war – musste er authentisch wirken und den Korinthern sagen, was ihm zur Herzenssache geworden war: Ich habe da eine große Liebe gefunden, eine Liebe, von der ich euch erzählen, deren Botschaft ich euch für euer Leben mitgeben will.
Saulus hatte auf dem Weg nach Damaskus seine große Begegnung mit dem auferstandenen Herrn. Christus erschien ihm – wie Gott den Propheten im Alten Testament – im Traum und danach ging Paulus gleichsam ein Licht auf. Im Predigttext wird viel von Agape, von Liebe, gesprochen. Liebe bedeutet hier, dass ich anderen vergeben kann, wie Christus mir vergeben hat. Dass ich andere annehmen kann, wie Christus mich angenommen hat, dass ich mich nicht verbittern lasse und das Böse in den Vordergrund stelle und schließlich, dass ich mich nicht an der Ungerechtigkeit freue, sondern aus der Gerechtigkeit und Wahrheit lebe. Und diese Liebe hört nach Paulus niemals auf, denn Jesu Liebe reicht vom Kreuz auf Golgatha, wo er in Liebe für uns litt und starb, bis mitten hinein in unser eigenes Leben und darüber hinaus.
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