Von Amet Bick
Der erste Missionar und sein kleiner Trupp – bestehend aus Ehefrau, zwei Kindern und einem weiteren Ehepaar – hatten einen beschwerlichen Weg hinauf nach Dembi Dolo, das etwa 1800 Meter hoch in den Bergen von Oromia im Kaiserreich Äthiopien lag. Sie gingen zu Fuß, manchmal wurden sie getragen oder ritten auf einem Pferd, der Weg führte durch den Wald, in dem die Affen in den Bäumen hingen, und über trockenes, staubiges Hügelland. Es war vermutlich heiß, es gab Fliegen und Mücken. Und die Bewohner der runden Hütten am Wegesrand werden ihnen lange neugierige Blicke nachgeworfen haben.
Der Missionar war Thomas Lambie, ein Arzt, der von der Presbyterianischen Kirche der USA in den Südsudan entsandt worden war, wo er viele Jahre gelebt und ein Krankenhaus aufgebaut hat. Er habe immer wieder auf die Berge Äthiopiens geschaut und sich gewünscht, auch dorthin die Frohe Botschaft von Jesus Christus zu bringen, heißt es. Doch die Bürokraten des Kaisers ließen ihn erst 1919 einreisen, als eine Influenza-Epidemie Tausende Todesopfer forderte. Sie brauchten den Arzt und nahmen den Missionar in Kauf.
Heute ist die Fahrt nach Dembi Dolo weit bequemer, aber immer noch beschwerlich. Die Schotterpiste ist voller Schlaglöcher, die Wasserfluten der letzten Regenzeit haben tiefe Gräben gerissen. Der Pickup braucht für die etwa 100 Kilometer zwischen Gambela, wo es einen kleinen Flughafen gibt, und Dembi Dolo zweieinhalb Stunden. Wenn man dann oben angekommen ist, klemmt der rote Sand zwischen den Zähnen und der Rücken braucht eine Weile, bis er seine Schockstarre aufgegeben hat. Doch die lange Anfahrt lohnt sich, denn man ist zu einem Fest eingeladen. (...)