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„Ganze Kirchen wollen wir natürlich nicht abreißen“

Ein neu beschlossenes Kirchengesetz verbietet nationalsozialistische Relikte im liturgischen Raum

Eisernes Kreuz als Leuchter in der Martin-Luther-Gedächtniskirche in Berlin. Foto: Inga Haar/epd

Ab 1. Mai ist in der Landeskirche die Nutzung von Gegenständen mit antisemitischen und nationalsozialistischen Darstellungen in ihren Gottesdiensten und im liturgischen Raum verboten. Dieses Kirchengesetz hat die Landessynode der EKBO zuletzt auf ihrer Frühjahrstagung beschlossen. Von solchen Relikten habe die Landeskirche bisher eher zufällig erfahren, erzählt die Beauftragte der EKBO für Erinnerungskultur und Antisemitismus, Marion Gardei, im Gespräch mit Yvonne Jennerjahn (epd). 

Frau Gardei, was ist der Hintergrund der Neuregelung?

Immer wieder finden wir in Kirchen „neue“ alte Darstellungen, die judenfeindliche, nationalsozialistische und gewaltverherrlichende Motive und Symbole enthalten. Solche Darstellungen, die von Menschenfeindlichkeit und Gewaltverherrlichung geprägt sind, existieren seit Jahrzehnten und länger an Kunstwerken, liturgischen Gegenständen und an Kirchenwänden, ohne dass jemand daran Anstoß nimmt. Oder wenn sich Einzelne beschwerten, wurde die Kritik zurückgewiesen, mit der Begründung, das gehöre doch auch zu unserer Tradition. Das hänge ja nun schon so lange. So erfahren wir als Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz meist eher zufällig von diesen – die Kirche beschämenden – Darstellungen oder gar erst aus der Presse. Anstoß war ein ähnliches Gesetz aus der pfälzischen Landeskirche aus Anlass der Glockenfunde mit Nazisymbolen, das verhindern sollte, dass Gemeinden sich dem Aus-dem-Gebrauch-Nehmen verweigern.

Was für Gegenstände fallen neben Glocken unter die Neuregelung?

Antijüdische Schmähplastiken wie sogenannte „Judensauen“ im Dom von Brandenburg oder in Kirchen, SA-Männer abgebildet auf dem Taufstein, Horst Wessel in die Kanzel geschnitzt, Amben mit Reichsadlern mit Ehrenkranz und unvollständig herausgelöstem Hakenkreuz, Bilder von Adolf Hitler und Eva Braun auf Orgelpfeifen, einseitige Heldensprüche auf Gedenk­tafeln für die Soldaten der Wehrmacht mit entsprechenden Symbolen, Parolen der Deutschen Christen auf Kirchenwänden wie „Christus ist unser Held, Deutschland ist unsere Aufgabe“.

Wo vermuten Sie solche Gegenstände? 

Die Kunstguterfassung unseres kirchlichen Bauamtes, die gerade durchgeführt wird, brachte und bringt noch einiges zutage, was es zu bearbeiten gilt. Im ländlichen Bereich sind es oft Kriegsdenkmäler oder Gedenktafeln, die besonders in der Nazizeit einseitig mit kriegs­verherrlichenden Symbolen und Sprüchen und unreflektierter Heldenverehrung gestaltet wurden. In den Kirchen, die in der Nazizeit gebaut wurden, finden sich oft Bildgestaltungen nach dem Gedankengut der Deutschen Christen. 

Wie soll außerhalb mit den Gegenständen verfahren werden?

Darstellungen von judenfeind­lichem, rassistischem und nationalsozialistischem Gedankengut sollen aus dem liturgischen Gebrauch genommen werden, also aus den Kirchenräumen heraus in einen pädagogischen, musealen Kontext gestellt werden. Das Gesetz schafft also eine Handlungsgrundlage, um gegen diese menschenverachtenden und diskriminierenden Darstellungen vorzugehen.

Warum wird nicht auch der Umgang mit baulichen Relikten geregelt?

Das betrifft auch bauliche Relikte, soweit sie beweglich sind. Ganze Kirchen wollen wir natürlich nicht abreißen.

Wie sollte aus Ihrer Sicht damit umgegangen werden?

Es gilt, die entsprechenden Kunstwerke nicht einfach zu vernichten, sondern sie mit Beratung für derartige Kommentare und Konzepte dem musealen beziehungsweise pädagogischen Bereich zuzuführen, damit zukünftige Generationen daraus lernen können, zum Beispiel Anschauung gewinnen über die Verknüpfung von Kirche und Nationalsozialismus. Ich weiß aus meiner Erfahrung, dass da, wo Gemeinden aus diesem Anlass in eine Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit eintreten, ein fruchtbarer Prozess entsteht, der das Gemeindeleben bereichert. Solche Prozesse habe ich in der Vergangenheit oft begleitet, daraus sind Ausstellungen, Dokumentationen und Unterrichtsmaterialien entstanden.

Wie soll es weitergehen?

Wir wollen die Gemeinden mit diesem Problem nicht allein lassen. Deshalb gibt es auch ein Beratungsangebot meinerseits. Gemeinsam mit Pastoralkolleg und kirchlichem Bauamt werde ich am 24. Mai einen Beratungstag für betroffene Gemeinden durchführen, diese Gemeinden auch gezielt dazu einladen. Hier geht es um „Best Practice“ bisher, aber auch um Angebote für eine individuelle Besprechung über die Einleitung und Begleitung solcher Prozesse.

24. Mai, 14–18 Uhr, Martin-Niemöller-Haus: Vom Umgang mit judenfeind­lichen, rassistischen und national­sozialistischen Erinnerungsstücken in unseren Kirchen. Ein Studientag zum neuen Kirchengesetz für Pfarrer*innen, Gemeindeleitungen, GKR-Mitglieder, Beauftragte für Erinnerungskultur in den Gemeinden, mit Pfarrerin Marion Gardei, Pfarrer Holger Bentele, Studienleitung Pfarrer*innenfortbildung/Pastoralkollegsleitung im Amt für kirch­liche Dienste (AKD) und Claudia Rückert, Kunstgutreferentin, Kirchliches Bauamt der EKBO.

Informationen zur Anmeldung unter E-Mail: m.gardei(at)ekbo.de

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1. "Jeder einzelne Austritt schmerzt" Wolfgang Banse Die Kirchenaustritte sind hausgemacht.Hauptamtlich Tätige tragen zum größten Teil dazu bei.Die Aussage von Herrn Stäblein:"Jeder einzelne Austritt schmerzt", sind hohl und bleiben es.Frau Christina Bammel, Herr Christian Stäblein vertreten die EKBO nach innen , wie nach außen, im Bezug KdÖR, ihnen ist die Austrittszahlen zu zu schreiben, ohne wenn und aber.Der EKBO kann man eine gewisse Unfreundlichkeit bezeichnen, gegenüber Glieder, die Kunden sind. Effizient, Qualität kommen nicht tragen.WSie auch.Volkskirche war en die Gliedkirchen in der EKD nie, im Bezug Staatskirche.Menschen, gläubige Menschen leiden unter den Strukturen der Kirche, unter Arbeitnehmende, die in der Kirche ihren Dienst versehen.Dies und jenes wird experimentiert, Gläubige werden als Marionetten geführt, an Fäden gezogen.Demokratie ist nicht erleb, erfahrbar!Um 360Grad müßten sich die Kirchen innerhalb der EKD drehen, damit sie wieder Salonfähig werden.Wertschätzung erfährt nicht jede und jeder.Standesdünkel, Klassengesellschaft innerhalb der Kitrche ist erleb, erfahrbar.YAuch der Gleichheitsgrundsatz kommt nicht immer in den Kirchen zum Tragen."Haste was, bist de was", dies wird gelebt.Nicht identifizierbar ist es, wenn ein leitender Geistlicher, hier Bischof Stäblein, auf eien Podium aggressiv wird, im Bezug auf einen Pastor der SELK, hier Pastor.Dr.Dr.hc. Martens.Laut Ausgabe eines Gemeindebriefes, soll Herr Stäblein folgendes gessagt haben:"Der AltLutheraner nimmt uns alle Asylanten weg".Dies ist zu missbilligen!Der besagte Pfarrer tut etwas, mehr, als andere.Er arbeitet für vier.Seine Leistungen lassen sich sehen, zu würdfigen, was ertut, auch mit großen gesundheitlichen Problemem, wie Fieber.Nicht umsonst hat die Nachrichten Agentur IDEA Herrr Pfarrer Dr. Dr.hc Gottfried Martens vor Jahren als Pfarrer des Jahres gewählt. Kann Herr Stäblein, auch damit auf warten?!Der Zusammenhalt in den SELK Kirchengemeinden ist größer, als in den Kirchengemeinden der Amtskirche.Wo Anonymität vorhanden ist.Ein Ruck muss gehen, was die Kirchenleitung der EKBO betrifft. Nicht weiter so, wie bisher, sondern anders, mit Herz.Wieviel Kirchenglieder hatte die EKBO zu Beginn der ASmtszeit von Herrn Stäblein.Wieviel hat sie jetzt?Nicht ab, um aussitzen ist gefragt, sondern pastoralen Dienst.KLirche für andere sein, wie Dietrich Bonhoeffer es formulierte, dann hat die Kirche eine relle Überlebenschance.
2. Taufe Konfrimation Horst H. Krüger Mein Vorschlag: Verzcht auf die Konfirmation und statt dessen eine Kindersegnung und die Taufe dann Statt der Konfirmation. Taufe als Glaubenstaufe und Aufnahme in die Kirche, da spielt dann das Alter keine Rolle mehr wenn der Wunsch des Gläubigen vorhanden ist.
3. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.

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