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Im Nächsten, der uns braucht, begegnet uns Gott

Christian Stäblein über das Leben der Flüchtlinge in Notunterkünften

Feldbetten für einen kleinen Moment des Ausruhens – Notunterkünfte ersetzen kein Zuhause, aber sie geben ein Dach über den Kopf. Foto: Manuela Schneider/EKBO

Es könnte die größte Flüchtlingskatastrophe seit 1945 werden. Laut den Vereinten Nationen sind bisher fast drei Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Kirchengemeinden hier vor Ort nehmen sie auf, helfen und begleiten. Denn die Gemeinschaft der Christinnen und Christen verbindet

Von Christian Stäblein

Die Augen, immer wieder sind es die Augen, in denen sich die Welt spiegelt. In Dalyas* und Adams* Augen blitzt Lebensfreude, während sie sich auf dem Sofa an Mutter und ­Vater drücken. Müdigkeit ist der ­Familie ins Gesicht geschrieben. Man sieht ihr die tagelange Flucht an, ahnt, dass sie Furchtbares ge­sehen hat auf ihrem Weg aus Kiew raus. Wie froh alle vier sind, am ­Leben zu sein und nun hier in der Gemeindewohnung in Alt-­Wittenau/Reinickendorf zu sitzen, auch das lassen die Augen ahnen. 

In der vergangenen Woche habe ich diese Familie besuchen dürfen, hörte ihre Fluchtgeschichte. Und mit ihnen viele andere. In den Schlafräumen der Notunterkünfte sitzen die Menschen aus der Ukraine auf ihren Feldbetten, der letzte Quadratmeter Privatheit, der ihnen geblieben ist. Den Blick aufs Handy gerichtet warten sie auf Nachricht von ihren Angehörigen. Ausruhen, Atem holen. Was für ­eine Welt. Manchmal möchte man angesichts der Nachrichten die ­Augen schließen, aber das wäre ­völlig falsch. Wir müssen hin­gucken, wir wollen da sein für die, die uns jetzt brauchen. 

Und wir sind da als Kirche. Ich habe es bei den Besuchen in den Kirchräumen und Gemeindesälen erlebt, die in Windeseile zu Not­unterkünften umgestaltet wurden. Überall wache Augen, helfende Hände. Bunte Bettwäsche wird ­gebracht, Zitronenkuchen und Obst, Schokolade und alles, was den ­ersten Moment bestimmt. Die ­Menschen aus den Gemeinden, die ­Pfarrerinnen und Pfarrer sind vor Ort. Die Helferinnen und Helfer tun unermüdlich, was notwendig ist: bei der Registrierung helfen, mit den Kindern spielen, übersetzen, zu­hören, aber auch in Ruhe lassen, ­Türen öffnen, begleiten, die Augen aufhalten. 

Wir schauen uns dieser Tage viel in die Augen. Wir erkennen, wie wir uns getäuscht haben. Ich habe ­diesen Krieg nicht für möglich ­gehalten, bis zuletzt nicht. Die Brutalität des Überfalls, die Menschenverachtung durch Putin und seine Truppen nimmt uns die Illusion von einer Welt, wie wir sie uns wünschten. Wir müssen die Gewissheiten der Friedensethik neu betrachten. Wir tun das. Aber als Erstes müssen und wollen wir helfen, für die Menschen da sein. Wie sollten wir uns sonst je wieder in die Augen schauen können?

Es sind alte Wahrheiten, die ich bei Begegnungen mit Menschen aus Kiew, Charkiw und dem Donbass neu begreife: Wir helfen, weil wir in den Augen der anderen sehen, dass sie sind wie wir. Menschen. Und wir helfen, weil wir wissen: Im Nächsten, der uns braucht, begegnet Gott. Jesus sagt das. Was ihr tut, tut ihr mir. In den Augen von Dalya und Adam blitzt Lebensfreude. Und ­begegnet Gott. 

Von Dietrich Bonhoeffer, an ­dessen Vorträge zum Frieden dieser Tage viel erinnert wird, stammt der Gedanke, dass die Gemeinschaft der Kirchen und der Christinnen und Christen verbindet – über alle ­Völker und Nationen hinweg und durch sie hindurch. Die Kirche ist Christus als Gemeinde existierend. Deshalb, so Bonhoeffer, könnten Christen „nicht die Waffen gegeneinander richten, weil sie wissen, dass sie damit die Waffen auf Christus selbst richteten“. Nicht nur Christinnen und Christen, alle Menschen könnten und dürften das nicht. Ein Satz der Auftrag ist bei allem Be­mühen, jetzt das ökumenische Netzwerk und das der Religionen in Gebet und Tun starkzumachen. 

Auf Gottes Augen hoffe ich, ­immer wieder. Dass er die Menschen in der Ukraine sieht. Die in den Luftschutzbunkern. Die auf der Flucht. Die bei uns angekommen sind. Auf Gottes Augen, die im Nächsten ­begegnen. Und die im Segen ­an­gerufen werden. Gott erhebe das Angesicht und schenke: Frieden. Gott, sieh.   

*Name von der Redaktion geändert

Christian Stäblein ist Bischof der ­Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische ­Oberlausitz.

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1. "Jeder einzelne Austritt schmerzt" Wolfgang Banse Die Kirchenaustritte sind hausgemacht.Hauptamtlich Tätige tragen zum größten Teil dazu bei.Die Aussage von Herrn Stäblein:"Jeder einzelne Austritt schmerzt", sind hohl und bleiben es.Frau Christina Bammel, Herr Christian Stäblein vertreten die EKBO nach innen , wie nach außen, im Bezug KdÖR, ihnen ist die Austrittszahlen zu zu schreiben, ohne wenn und aber.Der EKBO kann man eine gewisse Unfreundlichkeit bezeichnen, gegenüber Glieder, die Kunden sind. Effizient, Qualität kommen nicht tragen.WSie auch.Volkskirche war en die Gliedkirchen in der EKD nie, im Bezug Staatskirche.Menschen, gläubige Menschen leiden unter den Strukturen der Kirche, unter Arbeitnehmende, die in der Kirche ihren Dienst versehen.Dies und jenes wird experimentiert, Gläubige werden als Marionetten geführt, an Fäden gezogen.Demokratie ist nicht erleb, erfahrbar!Um 360Grad müßten sich die Kirchen innerhalb der EKD drehen, damit sie wieder Salonfähig werden.Wertschätzung erfährt nicht jede und jeder.Standesdünkel, Klassengesellschaft innerhalb der Kitrche ist erleb, erfahrbar.YAuch der Gleichheitsgrundsatz kommt nicht immer in den Kirchen zum Tragen."Haste was, bist de was", dies wird gelebt.Nicht identifizierbar ist es, wenn ein leitender Geistlicher, hier Bischof Stäblein, auf eien Podium aggressiv wird, im Bezug auf einen Pastor der SELK, hier Pastor.Dr.Dr.hc. Martens.Laut Ausgabe eines Gemeindebriefes, soll Herr Stäblein folgendes gessagt haben:"Der AltLutheraner nimmt uns alle Asylanten weg".Dies ist zu missbilligen!Der besagte Pfarrer tut etwas, mehr, als andere.Er arbeitet für vier.Seine Leistungen lassen sich sehen, zu würdfigen, was ertut, auch mit großen gesundheitlichen Problemem, wie Fieber.Nicht umsonst hat die Nachrichten Agentur IDEA Herrr Pfarrer Dr. Dr.hc Gottfried Martens vor Jahren als Pfarrer des Jahres gewählt. Kann Herr Stäblein, auch damit auf warten?!Der Zusammenhalt in den SELK Kirchengemeinden ist größer, als in den Kirchengemeinden der Amtskirche.Wo Anonymität vorhanden ist.Ein Ruck muss gehen, was die Kirchenleitung der EKBO betrifft. Nicht weiter so, wie bisher, sondern anders, mit Herz.Wieviel Kirchenglieder hatte die EKBO zu Beginn der ASmtszeit von Herrn Stäblein.Wieviel hat sie jetzt?Nicht ab, um aussitzen ist gefragt, sondern pastoralen Dienst.KLirche für andere sein, wie Dietrich Bonhoeffer es formulierte, dann hat die Kirche eine relle Überlebenschance.
2. Taufe Konfrimation Horst H. Krüger Mein Vorschlag: Verzcht auf die Konfirmation und statt dessen eine Kindersegnung und die Taufe dann Statt der Konfirmation. Taufe als Glaubenstaufe und Aufnahme in die Kirche, da spielt dann das Alter keine Rolle mehr wenn der Wunsch des Gläubigen vorhanden ist.
3. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.

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