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Jetzt auch noch fasten?

Am Aschermittwoch (17. Februar) beginnt die Fastenzeit. Wie man in Corona-Zeiten eine spirituelle Auszeit nehmen kann

Fasten Sieben Wochen ohne Blockaden
Titelfoto des Fastenkalenders der evangelischen Kirche 2021 „Spielraum! Sieben Wochen ohne Blockaden“. Foto: edition Chrismon

Von Stephan Cezanne (epd)

Ist es eine Überforderung, vielleicht sogar Zumutung? Die christliche Fastenzeit 2021 findet inmitten des Corona-Lockdowns statt. Seit Monaten kein Restaurantbesuch, der nächste Shopping-Bummel oder das Fest mit Freunden nicht in Sicht, ganz abgesehen von existenziellen Ängsten und Sorgen vieler Menschen. Soll man wirklich zusätzlich freiwillig auf Fleisch, Alkohol, ­Nikotin, Fernsehen oder Süßigkeiten verzichten? „Corona ist inzwischen zu einer zehnmonatigen Übung geworden, mit Leid, Verlust und Angst umzugehen – wir haben mehr als genug gefastet“, räumt die Hannoveraner Pastorin und „Zeit“-Kolumnistin Hanna Jacobs ein. Mit anderen Theologinnen und Theologen wirbt sie für eine etwas andere Passionszeit 2021.

„Wir verzichten seit Monaten auf so viel: Ausgelassenheit, Kulturveranstaltungen, Berührungen, Kneipenbesuche. Jetzt auch noch für ­sieben Wochen auf ein bestimmtes Lebensmittel zu verzichten würde am geistlichen Sinn des Fastens ­völlig vorbeigehen“, sagt Jacobs. Sie vermutet, dass in diesem Jahr weniger Menschen im traditionellen Sinne fasten werden.

Die Monate der Corona-Pandemie seien ohnehin eine Zeit des Rückzugs, sagt der evangelische Pfarrer Andreas Hoffmann aus Frankfurt am Main: „Wir sind in Klausur.“ Wie Mönche in ihrer ­Klausur im Kloster machen viele Menschen jetzt eine Erfahrung von Entsagung und Askese, sagt der ausgebildete geistliche Begleiter dem epd. „Rückzug ist etwas, was hart, aber auch wichtig ist.“

Für die evangelische Theologin Susanne Breit-Keßler kann die Fastenzeit gerade während der Corona-Pandemie eine seelische Stütze sein. Seit 1983 lädt die evangelische ­Kirche zur Fastenaktion „7 Wochen Ohne“ ein. In diesem Jahr steht die Aktion zwischen dem 17. Februar (Aschermittwoch) und dem 5. April unter dem Motto „Spielraum – ­Sieben Wochen ohne Blockaden“. Sie solle dazu beitragen, „dass Menschen mehr Weite in ihrem Leben entdecken und Enge hinter sich lassen“, sagt die frühere Münchner ­Regionalbischöfin und Kuratoriumsvorsitzende der Initiative.

Fasten sei keine moralische ­Angelegenheit, betont Breit-Keßler: „Es bedeutet vor allem, kleine Fluchten und große Freiheiten für sich zu entdecken. Wo und wie kann ich mich neu und anders als bisher entfalten?“ Das diesjährige Motto „Spielraum“ solle auch für eine Zeit ­stehen, „in der ich nachdenke, wie die Menschen dieser Welt mitein­ander verbunden sind und was man selbst zu einer Globalisierung der Herzen beitragen kann“.

In der Fastenzeit vor dem zweiten Corona-Ostern, fügt die evangelische Theologin Jacobs hinzu, geht es nicht um einen Beweis „der eigenen Willensstärke, nicht ums Durchhalten und auch nicht um Kalorienreduktion, sondern darum, sich zu besinnen und das Leiden nicht aus dem Sinn und Blick zu verlieren“. Es gehe darum, „das Mitleidenkönnen nicht zu verlernen“. Daher redeten Protestantinnen und Protestanten lieber von Passionszeit als von Fastenzeit.

Fastengruppen und Gesprächskreise müssen in diesem Jahr meist digital stattfinden, per Zoom, über Whatsapp oder E-Mail, wie es die ­Aktion „7 Wochen Ohne“ anbietet. Pfarrerin Jacobs will in ihrer Gemeinde in Hannover die Passionszeit auf diese Weise gestalten. Ein digitaler Adventskalender sei bereits gut angekommen und habe gezeigt: „Auch 80-Jährige fühlen sich via Smartphone mit anderen verbunden und beherrschen diese Kommunikationsform oft erstaunlich gut.“

Breit-Keßler sagt: „Wir sind inzwischen alle fit in Videokonferenzen. In ihnen kann man sich gut über eigene Erfahrungen austauschen. Dazu rate ich, per Mail Rundbriefe zu schreiben – eine fängt an, ein anderer fügt etwas hinzu und so weiter.“ Solche Briefe könne man sich auf­heben und überdenken.

Gerade dieses Jahr, sagt Jacobs, eigne sich gut für die Fastenzeit, „weil es letztlich ein gewohntes ­Ritual ist, mit der die Zeit strukturiert wird und weil man dieses Jahr auch mehr Zeit hat, die ganzen ­Fastenkalender und -Mails zu lesen“. In der Passionszeit 2021 könne es darum gehen, „nach den eigenen Kraftquellen zu suchen, um Wüstenzeiten zu überstehen, so wie Jesus die 40 Tage in der Wüste überstanden hat, ohne verrückt zu werden“. Vielleicht könne man die Passionszeit in diesem Jahr begehen, ohne auf bestimmte Lebensmittel zu verzichten.

Während eines solchen Rückzugs – ob freiwillig oder angeordnet –könnten freilich Ängste, Verdrängtes sowie andere Gefühle nach oben kommen, gibt der Theologe Hoffmann zu bedenken: „Das passiert jetzt natürlich ganz viel: Die Nerven liegen blank, wir starren auf die Nachrichten. Wie schlimm wird es denn noch?“

Da müsse man aufpassen, nicht in den Sog des Negativen zu geraten. Daher solle man laut Hoffmann „seine Dämonen und schweren ­Gedanken liebevoll anschauen, ­willkommen heißen, aber auch ­loslassen“. So könne die Fastenzeit gerade in der Corona-Krise „ein Weg zur Seelenruhe“ werden.

Drei Fastenaktionen laden vom 17. Feb-ruar (Aschermittwoch) bis 4. April (Ostern) zum Mitmachen ein: Die Fas-tenaktion für Klimaschutz und Klima-gerechtigkeit will Anregungen geben, langfristig gerechter und ressourcenschonender zu leben. Sie orientiert sich an den UN-Nachhaltigkeitszielen. 

In Kooperation mit elf Landeskirchen bietet die EKBO die Fastenbroschüre „Soviel du brauchst ...“ an. Bestellbar: www.ekbo.de/klimafasten 2021. Weitere Infos unter www.klimafasten.de. 

 

Fastenaktionen

Die Fastenaktion „7 Wochen ohne“ unter dem Motto „Spielraum! Sieben Wochen ohne Blockaden!“ ermutigt dazu, den Umgang mit Regeln zu erkunden. Sie fragt, wie wir ­innerhalb von Grenzen großzügig leben können. 

Die Aktion wird mit einem ZDF-Gottesdienst am So, 21. Februar, 9 Uhr,  in ­Eltville-Erbach eröffnet. Infos unter: www.7-wochen-ohne.de – Aktuelles und Austausch unter: www.facebook.com/7wochenohne und www.instagram.com/7wochenohne

Der Verein Andere Zeiten bietet für die Aktion „7 Wochen ­anders leben“ eine wöchentliche Briefaktion „7 Wochen anders leben“ und den Fasten-Wegweiser „wandeln“ mit täglichen Impulsen an. Bestellen unter: www.anderezeiten.de. Am 17. Februar ist ein Gottesdienst zum Thema „Seufzen“ um 18 Uhr auf dem YouTube-Kanal von Andere Zeiten unter AndereZeiten eV_Hamburg  abrufbar.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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