Von Hartmut Hüsges
Fünf Jahre nach dem Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz gedenken wir – wie jedes Jahr – der Opfer dieses furchtbaren Ereignisses, das bis heute die Hinterbliebenen der Gestorbenen und die Verletzten belastet. Wir trauern um 13 Tote. Für mich selbst ist dieser Gedenktag diesmal ein ganz besonderer, denn mein Ehemann Sascha Hüsges ist im Oktober 2021 an den Folgen seiner schweren Verletzungen, die er am 19. Dezember 2016 erlitten hat, nach langem Leiden verstorben. Er ist nunmehr das 13. Todesopfer des Terroranschlags.
Für die Angehörigen der Opfer sowie für die Verletzten hat sich das Leben verändert. Die Verletzungen an Leib und Seele wiegen schwer. Wir ringen um eine neue Normalität, die für viele von uns unerreichbar scheint. Viele von uns verlangen schonungslose Aufklärung darüber, wie es zu dem Anschlag kommen konnte. Ist vielleicht Behördenversagen zu beklagen? Es gibt viele ungeklärte Fragen. Die bisher vorliegenden Antworten sind unbefriedigend.
Das Gedenken an diesen Tag des Horrors und des Schreckens ist wichtig. Zunächst geht es natürlich um das Gedenken an diejenigen, die ohne Schuld am Abend des 19. Dezember 2016 ums Leben gekommen sind. Sascha und ich freuten uns auf einen schönen Abend auf dem Weihnachtsmarkt. Und alles endete in Horror und Schrecken. Unser Leben veränderte sich radikal.
Das Erinnern an den Anschlag am Breitscheidplatz hat – neben dem Gedenken an die Opfer – eine weitere wichtige Funktion: Es geht darum, wachsam zu sein. Die Wurzeln des Terrors liegen in Hass, Intoleranz und Hetze, wodurch Menschen zu menschenverachtenden Taten verführt werden. Wir erleben gerade in diesen Tagen wieder das unheilbringende Wirken von Menschen und Vertretern bestimmter politischer Strömungen, die Hass unter die Menschen bringen und die Gesellschaft zu spalten versuchen. Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz gegenüber Andersdenkenden und Andersglaubenden ist die unheilbringende Saat, die von Volksverhetzern und -verführern und Hasspredigern ausgebracht wird.
Diese Saat darf nicht aufgehen. Denn ginge sie auf, dann wären wieder Gewalt und Terror die Folge. Das Gedenken an Gewalttaten stärkt das kollektive Gedächtnis an dieses Übel und kann dadurch helfen, dies zu verhindern. Lasst uns wachsam sein!
Hartmut Hüsges ist der langjährige Ehemann von Sascha Hüsges, der im Oktober 2021 nach langem Leiden den schweren Verletzungen erlag, die er als Ersthelfer beim Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz erlitten hatte.
Gedenken in der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz
Am Sonntag, 19. Dezember, 18.45 Uhr findet eine Andacht (2G) zum 5. Jahrestag des Terroranschlags in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche auf dem Breitscheidplatz in Berlin statt. Die Andacht wird in diesem Jahr mit ökumenischer und interreligiöser Beteiligung gefeiert. Neben Bischof Christian Stäblein, Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein sowie Pfarrer Martin Germer und Pfarrerin Kathrin Oxen wirken der Erzbischof Heiner Koch, Rabbiner Andreas Nachama und Imam Kadir Sanci mit. Dazu singt Jocelyn B. Smith, Jonas Sandmeier spielt Orgel.
Da die Anzahl der Plätze in der Kirche corona-bedingt stark begrenzt ist, bestehen derzeit leider keine Kapazitäten mehr.
Um möglichst vielen die Teilnahme zu ermöglichen, kann die Andacht aber im Livestream unter www.ekbo.de/livestream miterlebt werden.
Im Anschluss findet vor den Stufen zur Kirche am Gedenkort „Goldener Riss“ ein Gedenken mit Verlesung der Namen der Todesopfer statt. Es mündet um 20.02 Uhr in 13 einzelne Glockenschläge und klingt mit Musik aus. Auch hier ist es sowohl möglich, vor Ort dabei zu sein, als auch per Livestream.