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„Näher als du denkst“

Die Landeskirche plant eine jüdisch-christliche Kampagne. Viele Landes­kirchen der EKD haben sich bereits angeschlossen. Ein Interview mit Marion Gardei

Gardei jüdisch-christliche Kampagne EKBO
Marion Gardei ist Pfarrerin und Beauftragte für Erinnerungskultur in der EKBO. Foto: Sabeth Stickfort/EKBO

Frau Gardei, im Januar 2021 startet die EKBO eine Kampagne, die das Gemeinsame von Juden und Christen betont. Was genau ist geplant?

Die Kampagne #beziehungsweise – jüdisch-christlich: näher als du denkst startet bundesweit im Januar 2021. Wir haben im Team für jeden Monat ein Plakat entwickelt, das in den Schaukästen der Gemeinden oder anderen geeigneten Stellen aufgehängt oder auch digital ver­öffentlicht werden kann. Orientiert am Jahres-Festkreis von Juden und Christen benennen die Plakate in prägnanter und manchmal auch provozierender Weise Gemeinsamkeiten und Bezüge zwischen beiden. Zum Beispiel für den Februar: Wir trinken auf das Leben. Purim beziehungsweise Karneval. Purim feiert die Rettung des jüdischen Volkes vor der Vernichtung durch ein staatlich organisiertes Pogrom. Fasching  stellt die herrschenden Verhältnisse auf den Kopf. Auf das Leben – L’Chaim, Helau und Prost!

Was erhofft sich die EKBO von der Aktion und wer soll erreicht werden?

Die Idee entstand beim Landeskirchlichen Arbeitskreis Christen und Juden der EKBO. Wir sind empört, dass Übergriffe gegen jüdische Bürger*innen, Hetze und Verschwörungstheorien in den sozialen Medien nehmen weiterhin zunehmen. Deshalb wollten wir ein einfaches,  leicht zugängliches Angebot entwickeln, das in die Breite der Gesellschaft hineinwirkt. Ein QR-Code führt zu einer Website, auf der sich weitere Informationen zum Monatsthema aus jüdischer und christlicher Perspektive finden. Dort werden auch Anregungen für die Schule, Gemeinde und Erwachsenbildung bereitgestellt. Das Projekt entstand unter jüdischer Mitarbeit und steht im ökumenischen Dialog und ist schon im Vorfeld auf großes Interesse gestoßen: Mehrere Landes­kirchen der EKD wie Württemberg, Bayern, Hannover, Rheinland, Mitteldeutschland und die Nordkirche sowie einige Bistümer haben sich ­bereits unserer Kampagne angeschlossen. Die Erarbeitung von pädagogischem Zusatzmaterial und anderem wird in das Projekt 1700 Jahre Judentum 2021 eingebettet.

In der Vergangenheit war in der Lehre der Kirche oft davon die Rede, dass das Christentum, das Evangelium, den jüdischen Glauben, die Gesetzesreligion abgelöst hätte. Das sitzt noch tief. Glauben Sie, dass die Kampagne ein ­Umdenken anstoßen kann?

Es gibt so viele haltlose Vorurteile gegenüber dem Judentum, die sich über Jahrhunderte in den Köpfen verfestigt haben. Es entsetzt mich, wie alte antijüdische Parolen und Denkmuster, die wir längst überwunden glaubten, heute wieder herausgeholt werden, um damit Hass zu schüren. Wir dürfen trotzdem diesen Leuten nicht das Feld überlassen. Deshalb geben wir Denkanstöße, die zeigen: Das Christentum hat im Judentum seine Wurzeln und beide Glaubensweisen haben je ihren eigenen Ausdruck für den Glauben an den gleichen Gott ent­wickelt. 

Wie ­erleben Sie das, wünschen sich Jüd*innen, dass Christ*innen bei antisemitischen Angriffen konsequenter an ihrer Seite stehen?

Zurzeit gibt es eine öffentliche Debatte über die Frage, inwieweit Kritik am Staat Israel und Antisemitismus zu trennen seien. Ich halte es für gefährlich, wenn man nur den Antisemitismus von rechts wahrnimmt, auch wenn er da zurzeit am auffälligsten sein hässiches Gesicht zeigt. Aber es gibt nach wie vor auch Antisemitismus, der als Kritik am Staat Israel verkleidet daherkommt. Das heißt nicht, dass alle Aktionen der israelischen Regierung gut geheißen werden müssen. Wir Deutschen sind jedoch wahrlich nicht die weltbesten Ratgeber für die Demokratie in Israel. Glaubwürdiger wäre es, zunächst den ­Antisemitismus und antijüdische Vorurteile in unserem eigenen Land und in unserer ­eigenen Kirche zu ­beseitigen. Dazu gehört auch der Beistand für unsere jüdischen Glaubensgeschwister bei tätlichen oder intellektuellen Angriffen.

Die Fragen stellte Sibylle Sterzik.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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