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Pro und Kontra: Mit oder ohne Kreuz?

Um das geplante Kuppelkreuz auf dem Berliner Stadtschloss gab es Diskussionen. „dieKirche“ bat Steffen Reiche und Christian Wossidlo um ihre Meinungen. Obwohl die Entscheidung, ein Kreuz zu installieren, gefallen ist, wird das Thema in der Stadt weiter kontrovers begleitet.

<span style="font-size: 11px;">Westfassade des Berliner Stadtschlosses um 1900. Foto: Globus-Verlag/CC</span>



Um das geplante Kuppelkreuz auf dem Berliner Stadtschloss gab es Diskussionen. „dieKirche“ bat Steffen Reiche und Christian Wossidlo um ihre Meinungen. Obwohl die Entscheidung, ein Kreuz zu installieren, gefallen ist, wird das Thema in der Stadt weiter kontrovers begleitet.

 

PRO

Von Steffen Reiche, Pfarrer in Berlin-Nikolassee

Das Stadtschloss in Berlin ist wieder in der Diskussion. Die Linke hat, um sich bei ihren Wählern für die Bundestagswahl zu qualifizieren, die deutsche Öffentlichkeit gelinkt. Beim Fußball würde Strafstoß gepfiffen. Beim Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses aber wird einfach weiter diskutiert. Denn alles war doch schon längst mit größtmöglicher Transparenz entschieden. Das Kreuz, wie schlimm für einige scheinbar, gehört zum beschlossenen historischen Bau und es hat sich, wie für die historische Fassade, die der Bund nicht mitfinanzieren will, eine Sponsorin gefunden.

Und deshalb rufe ich denen zu, die die schon längst beschlossene historische Fassung des Berliner Schlosses nun noch einmal ändern wollen und kein Kreuz darauf haben möchten, weil doch im neuen Humboldt-Forum alle Kulturen der Welt gezeigt werden sollen: Im Zeichen des Kreuzes ist seit fast 2000 Jahren der Respekt nicht nur für den Nächsten gewachsen, sondern eben auch für seine Kultur! Die Wurzel, die uns zu solcher Toleranz fähig macht, ist die Liebe Gottes, die wir in Jesus Christus spüren. Und sie gibt es leider nicht in gleicher Weise bei den Moslems und den Hindus. Denn die verfolgen andere Kulturen und Religionen dort, wo sie die Mehrheit stellen. Das sind übrigens genau die, denen wir aus Motiven unserer Religion die gleichen Rechte einräumen und sie eben nicht verfolgen, sondern sie hier Moscheen und Tempel bauen lassen.

Ja, ich weiß und beklage es, dass die Kirchen und die Staaten der christlichen Welt das in der Vergangenheit auch manchmal missachtet haben. Aber Pfings-ten hat sie immer wieder ins Unrecht gesetzt mit diesem Hochmut, mit dieser Überheblichkeit über andere Menschen, andere Staaten und andere Kulturen. Deshalb ist dort, wo Pfingsten gefeiert wird, unsere Toleranz, unser Respekt gewachsen und deshalb bitten wir auf dieser Welt heute andere, denen Unrecht und Leid zugefügt worden ist, um Vergebung.

Seit kurzem wird nun intensiv ein neuer Vorschlag diskutiert zur Frage des Kreuzes auf dem Berliner Schloss. Die Gründungsintendanz will das Kunstwerk des Norwegers Lars Ramberg von 1990 wieder ans Schloss bringen. Aber was an dem verlogenen Palast der Republik klug und richtig war, wäre heute falsch. Denn 1990 war Zweifel angebracht, war wunderbar zweideutig, denn alle zweifelten – die einen, dass es richtig war, den „Ballast der Republik“ abzureißen, die anderen daran, ihn länger stehen lassen zu sollen.

Zweifel gehört zu unserer Kultur, wird nun von den Befürwortern gesagt. Richtig! Denn zu zweifeln hat uns vorangebracht, hat uns neues entdecken lassen. Aber wollen wir an den Kulturen der Welt zweifeln, die im Humboldt-Schloss gezeigt werden sollen? Oder soll der Schriftzug „Zweifel“ sich nur auf das Kreuz beziehen, was oben zu sehen sein wird? Oder auf die Fassade von Stella? Der sich nun völlig zu Recht empört und alles daran setzen wird, dass die einzige der vier Fassaden, die er als Architekt gestalten will und darf, nun mit „Zweifel“ überschrieben oder konterkariert werden soll? Denn die anderen drei Fassaden sind die historischen preußischen Fassaden des Gottesgnadentums der Hohenzollern. Und wenn Zweifel angebracht ist in Relation zum Kreuz und das Kunstwerk „Zweifel“ angebracht werden kann, dann doch genau dort.

Und wenn das Kreuz dieses unselige Gottesgnadentum meinen würde, wäre ich bei den ersten, die fordern würden: Weg damit! Aber das wollen die Ästheten nicht. Vielleicht blieben ja dann die Sponsoren weg. Und also vergreift man sich an dem Schwächsten, dem Architekten und drückt dem den Zweifel auf die Fassade.

Und außerdem: Ein wenig Zweifel an der Koketterie im Umgang mit dem Zweifel ist schon angebracht! Denn: Wer Zweifel schön findet, hat noch nie gezweifelt. Denn Zweifel führt uns in Sorge, in Angst, in Lebensnöte, ja lässt uns verzweifeln. Diejenigen, die in der Vergangenheit durch das Fegefeuer des Zweifels gegangen sind, sind danach entweder zu neuem Glauben erwacht, wie zum Beispiel Blaise Pascal oder Karl Barth und Rudolf Bultmann oder Martin Buber und Franz Rosenzweig, oder sie sind verrückt geworden wie Friedrich Nietzsche.

Deshalb: Lasst das Kreuz auf dem Schloss, das ist eine notwendige und hilfreiche, wenn nicht gar Heil stiftende
Zumutung.

 

KONTRA

Von Christian Wossidlo, Pfarrer im Ruhestand in Berlin

Das Schloss des letzten Kaisers wurde gesprengt. Der Nachfolgebau, der Palast der Republik, wurde geschliffen. Nun wollten alle einen neuen Bau, manche den Wiederaufbau des Stadtschlosses, andere einen modernen Museumsbau. Der Deutsche Bundestag beschloss einen Kompromiss: auf dem Arreal des Stadtschlosses einen innen und zur Spree hin modernen Neubau errichten zu lassen, der an den anderen drei Seiten mit der Fassade des Stadtschlosses verkleidet wird.

Ein Nutzungskonzept, dem alle Beteiligten zustimmten, gab es noch nicht. Es sollte auf jeden Fall ein kulturell genutzter Bau werden. Das verdichtete sich zum Humboldt-Forum. Unter der Kuppel des Schlosses gab es früher eine Kapelle – einen Raum für Gottesdienste. Schließlich waren schon die Kurfürsten, dann die preußischen Könige und auch die Deutschen Kaiser nicht nur Regenten des Landes, sondern auch der Kirche. Um das zu unterstreichen, ließ Kaiser Wilhelm II. den Dom bauen, zu seinem Ruhm. Die anderen beiden Kaiser ehrte man mit anderen Kirchen, der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und der Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche. So hatte nun der Kaiser für seine religiösen repräsentativen Bedürfnisse den Dom, natürlich mit einem Kreuz auf der Kuppel. Und er hatte das Schloss mit einer Kirche unter der Kuppel und auch einem Kreuz auf ihr. Das ist üblich, christliche Kirchen werden von einem Kreuz, dem Zeichen der Christenheit seit Konstantin dem Großen um 300 nach Christus, gekrönt.

Nun steht da an der Spree neben dem Dom an der Stelle des Stadtschlosses kein Schloss mehr. In dem im Bau befindlichen Gebäude finden sich an der Fassade und der Kuppel Zeichen und Erinnerungen an das Schloss, aber keine Kapelle oder Kirche mehr. Im Kultur-Forum oder Humboldt-Forum sind keine christlichen Gottesdienste oder ähnliche Handlungen vorgesehen. Im Inneren geht es um Begegnung, Annäherung, Darstellung und Erforschung von Kulturen, nicht von Kirchen. Die Kirche hat hier auch nichts zu bestimmen. Warum soll nun ihr Zeichen obendrauf gesetzt werden? Gibt es ein Kreuz auf der Staatsoper? Auf dem Deutschen Theater? Auf dem Pergamonmuseum?

Gut, es war einst ein Kreuz auf der Kuppel. Wir hatten auch einmal einen Kaiser. Es gab einmal unter der Kuppel eine Kirche. Das ist Vergangenheit, die so kein demokratischer Mensch wieder haben will. Es sei auch noch erinnert; von diesem Schloss, das da einmal stand, ging auch Unterdrückung aus, zum Beispiel des Revolutionsversuches 1848. Und das Kreuz dort oben blieb still und bedrohte mit. Will das jemand wieder haben?

Ich verstehe hier die Vertreter der Domgemeinde nicht. Sie begrüßen laut den Plan mit dem Kreuz. Sie sollte froh sein, dass sie unangefochten auf ihrem Dom ihr Kreuz errichten können, ebenso wie alle anderen christlichen Gemeinden in der Stadt. Sie sollte auch froh sein, dass ihr Symbol nicht auf diesem Gebäude, das durch sein Äußeres an das Schloss und damit an eine Zeit erinnert, in der sich die Kirche nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, zu sehen sein soll. Ich empfinde es als eine Zumutung an alle Christen in der Stadt, also auch an mich.

Unser Symbol, das Kreuz, erinnert ganz allein an Jesus Christus und damit steht es für das, was uns Christen aufgetragen ist:

1. Gottesdienste zu feiern, die Menschen erbauen, trösten erfreuen;

2. Gemeindearbeit zu leisten als Orte der Begegnung und Geselligkeit, als Heimat des Glaubens, der Gespräche, der Lehre und des Friedens und

3. Barmherzigkeit zu üben an allen, die sie brauchen.

Für all das wird das Humboldt-Forum nicht gebaut. Warum sollte dann das Kreuz vortäuschen, es wäre anders? Das Kreuz auf der Kuppel ist ein Etikettenschwindel. Will sich die Kirche das antun? Könnte es sein, dass der ganze Wiederaufbau von manchen von vornherein als Etikettenschwindel geplant war, nur um zu dem Bild des Schlosses in der Mitte der Stadt zu kommen? Das ist Rückwärtsgewandtheit im Kleid der Traditionspflege, oder gar Revanchismus?

 

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(3) Artikel Name Ihr Kommentar
1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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