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Zukunft der Kirche – Kirche der Zukunft

Die Kirche steht vor einem Häutungsprozess. Sie muss eine neue Gestalt finden. Worauf es dabei ankommt, kommentiert ­Markus Dröge mithilfe der 12 Leitsätze der EKD-Synode und konkretisiert sie mit seinen Erfahrungen in der EKBO

Baustelle Kirche. Foto: pixabay

Von Markus Dröge

„Zwölf Leitsätze“ hat die EKD-­Synode im November 2020 beschlossen und der jetzt neuen Synode mit auf den Weg gegeben: „Hinaus ins Weite – Kirche auf gutem Grund“.  Worum geht es dabei? 

Der „gute Grund“, auf den die Kirche der Zukunft baut, ist die Ausrichtung auf Christus, das Vertrauen in den Heiligen Geist und die Praxis der Nächstenliebe. Kirche ist „Leib Christi“, heute in einer Netzwerk­gestalt zu denken. Kirche ist „wanderndes Gottesvolk“, immer neu im Aufbruch und mit unterschiedlichen Formen von Nähe und Distanz. Und Kirche ist „Salz der Erde und Licht der Welt“, sensibel dafür, wie wichtig es ist, Aufmerksamkeit zu erzeugen.

„Offenheit, nicht Rückzug“, so die Maxime der Leitsätze. Im ­Reformationsjubiläumsjahr 2017 hat ­unsere Kirche deutschlandweit die Erfahrung gemacht: Wenn wir auf andere zugehen, ist die Resonanz oft positiver, als wir erwarten. Gerade im stark atheistisch-geprägten ­Brandenburg habe ich Erstaunliches erlebt. Die in einfacher Sprache formulierte reformatorische Botschaft ist auf große Offenheit gestoßen. Ein Bürgermeister, bekennender Atheist, sagte mir: „Die reformatorische Botschaft von der Gewissensfreiheit und der Verantwortung für das ­Gemeinwohl ist genau das, was wir heute brauchen!“ 

Glaube an die Versöhnung


Der gelebte Glaube, die Frömmigkeit, (Leitsatz 1) ist der Grund der Kirche. Evangelische Frömmigkeit ist aber nicht individualistische ­Spiritualität oder esoterische Religiosität, sondern der Glaube an die Versöhnung in Christus. Dieser Glaube setzt Verantwortung für den Nächsten frei: „Wir bezeugen (unseren Glauben), in einer pluralen ­Gesellschaft und setzen uns für ein menschliches Mit­einander in Staat und Gesellschaft ein.“ Durch Bildungsarbeit, Kirchenmusik, auch durch Großereignisse wie den ­Kirchentag, wird diese Frömmigkeit gestärkt. Sie zeigt sich im Einsatz für die Trias Gerechtigkeit, Frieden, ­Bewahrung der Schöpfung. 

Unser Auftrag ist es, von Gott zu reden. Vor einiger Zeit wurde eine Untersuchung im Berliner Kirchenkreis Lichtenberg-Oberspree durchgeführt, dort wo nur noch ein geringer Teil der Bevölkerung kirchlich ist. Das Ergebnis war nachdenkenswert: Die Menschen ohne Gott vermissen Gott nicht. Sie haben eine ähnliche ­bürgerliche Ethik, wie die christlich geprägten; sie finden durchaus ihren Sinn für das Leben. Der einzige ­bedeutsame Unterschied ist, dass die christlich geprägten ­Mitmenschen eher motiviert sind, sich für das Allgemeinwohl zu ­engagieren. 

Der theologische Ausschuss der Union Evangelischer Kirchen will nun an dem Thema „Was fehlt, wenn Gott fehlt?“ weiterarbeiten. Denn mit oberflächlichen Antworten überzeugen wir niemanden mehr. 

Es muss heute auch um die Glaubwürdigkeit der Grundlagen unserer Spiritualität gehen: Was ist das Besondere einer Spiritualität mit Gott? Dies gilt es dann als ein Angebot in die Pluralität der Lebensentwürfe einzubringen. 

Wir glauben an einen Gott, der den Einzelnen zugewandt ist. Deshalb muss die Kirche der Zukunft eine seelsorgliche Kirche sein. Seelsorge (Leitsatz 2) hat eine große Bandbreite: vom Alltagsgespräch bis hin zur Spezialseelsorge. Wir brauchen in Zukunft ein gutes Netzwerk, in dem sich haupt- und ehrenamt­liche Seelsorge verbindet und ergänzt. Weil die Zahl der hauptamtlich in unserer Kirche Mitarbeitenden kleiner wird, bedarf es sehr guter Fortbildungskonzepte, um auch die ehrenamtliche Seelsorge stark zu machen. 

Eigenes Profil ins Gemeinwesen einbringen


Die Kirche der Zukunft wird sich nicht zurückziehen und nur noch Glaubensverkündigung für einen kleiner werdenden Kreis anbieten. Aber sie wird in ihrer öffentlichen Verantwortung  (Leitsatz 3) noch deutlicher sagen müssen, von welchem Grund aus sie argumentiert. Das ist nicht einfach, besonders nicht in einem atheistischen Umfeld. Gerade diese Herausforderung muss aber angenommen werden: Sich aus brennenden ethischen Themen ­herauszuhalten – was wäre das für ein Zeugnis? 

Die Gestalt einer kleiner werdenden  Kirche (Leitsätze 4–7) wird so sein, dass die Kirche sich noch ­stärker in die Gemeinwesenarbeit vor Ort einbringt. Sie ist ein Partner unter vielen, aber mit eigenem ­Profil. Es geht um Mission als „Konvivenz“ (einer Gemeinschaft geteilten Lebens — die Red.) im Zusammenleben mit anderen. Exemplarisch, nicht flächen­deckend. Der verstärkten Zusammenarbeit von Kirchengemeinden und diakonischen Einrichtungen wird dabei eine wichtige Rolle zu­kommen. 

Die Kirche wird ökumenischer sein. Sie wird Doppelstrukturen ­abschaffen, wie jetzt schon beim konfessionell-kooperativen Religionsunterricht. In der Spezialseelsorge werden diese Prozesse auch bald greifen. In der internationalen Ökumene werden wir von den ­protestantischen Kirchen in Europa lernen, die zahlenmäßig oft eine kleine Minderheit sind, und dennoch ein gesellschaftlich aktives Christentum leben.

Was es über den Tellerrand hinaus gibt


Unsere Kirche wird digitaler sein. Das spezifisch Kirchliche dabei ist: Wir schaffen digitale geistliche Räume. Aber wir müssen uns auch kritisch auseinandersetzen mit den problematischen Auswirkungen der Digitalisierung auf das Sozialleben und das Menschenverständnis. Neben aller Begeisterung für digitale Fortschritte in unserer Kirche sollte dies, so meine ich, etwas deutlicher bearbeitet werden.

Die Kirche der Zukunft wird ­unterschiedliche Orte haben: Parochiale Ortsgemeinden, dort wo sie lebendig bleiben, aber dazu: besondere Orte für spezielle Aufgaben und Zielgruppen. Hier greift das Bild des Leibes Christi als Netzwerk. Ortsübergreifend machen sie präsent, was es über den eigenen Tellerrand hinaus gibt – wenn auf dem ­eigenen Teller nicht mehr so viel liegt. 

Die Herausforderungen in diesem umfassenden Veränderungs-prozess werden für Mitglieder, Mitarbeitende und für Kirchenleitungen (Leitsätze 8–10 und 12) groß sein. Es wird darauf ankommen, sehr sorgfältig die Interessen der Einzelnen zu wahren und die Motivation zu fördern. Aufgabenkritik und Priorisierung müssen gut kommuniziert und zu einvernehmlichen Entscheidungen geführt werden. Zwischen den Landeskirchen der EKD muss sich die Zusammenarbeit noch viel stärker entwickeln, um Doppelstrukturen abzubauen und Ressourcen zu ­sparen. 

„Die evangelische Kirche wird in Zukunft organisatorisch weniger einer staatsanalogen Behörde, sondern mehr einem innovationsorientierten Unternehmen oder einer handlungsstarken zivilgesellschaftlichen Organisation ähneln.“ Dieser Satz (Leitsatz 11) hat es in sich! Das deutsche Religionsverfassungsrecht ermöglicht es den Religions­gemeinschaften (nicht nur den Kirchen!), sich als kritische Partnerinnen des Staates in der Gesellschaft einzubringen, verlässlich durch ­Mitgliedschaftssteuern finanziert. Dieses System trägt sehr stark zum Wohl unserer gesellschaftlichen und religiösen Kultur bei. Wenn sich nun die Kirche eher in Richtung einer ­zivilgesellschaftlichen Organisation entwickelt, dann muss sie sehr ­darauf achten, dass die positiven Möglichkeiten, sich verlässlich in die Gesellschaft einzubringen, nicht ­geschmälert werden. 

Abschied von ­Liebgewonnenem


Die Kirche steht vor einem ­Häutungsprozess. Sie muss eine neue Gestalt finden. Es wird wesentlich darauf ankommen, den geist­lichen Grund der Kirche lebendig zu halten, um die notwendige Spannkraft zu bewahren und die Trauerprozesse im Abschiednehmen von Liebgewonnenem geistlich zu bewältigen. Vor allem sollten wir die Angst vor dem Kleiner-Werden ablegen. Mich hat ein Satz sehr beeindruckt, den ich in unserer Partnerkirche in Siebenbürgen gehört habe: „Christenmenschen werden nicht gezählt, sondern gewogen.“ Das heißt:  Es kommt nicht auf die Anzahl der Mitglieder an, sondern auf das geistliche Gewicht. 

Der Artikel ist die gekürzte Fassung eines Vortrages, den Markus Dröge 2021 beim Dies Academicus des Instituts für Evangelische Theologie der Universität Koblenz hielt.

Aus den 12 Leitsätzen der EKD-Synode

1. Frömmigkeit. Wir leben unseren Glauben. Der Glaube an Jesus Christus gewinnt Gestalt als Frömmigkeit, die persönliche Haltung, christliche Traditionen und praktische Spiritualität verbindet. 

2. Seelsorge. Wir begleiten Menschen. Die ­evangelische Kirche bleibt eine dem einzelnen Menschen zugewandte Kirche. Es ist die Aufgabe aller für Seelsorge Beauftragten, ansprechbar und kommunikationsfähig zu sein. Wir stärken seelsorgliche Netzwerke durch eine gute Qualifikation aller Seelsorgenden und durch fachlichen Austausch. 

3. Öffentliche Verantwortung. Wir sagen, wovon wir leben. Wir bezeugen Christus und nehmen zu gesellschaftlichen Prozessen öffentlich Stellung, wo dies vom Evangelium her geboten ist und sich in ­unserem kirchlichen Leben und Handeln praktisch und erkennbar niederschlägt.

4. Mission. Wir bezeugen Jesus Christus in der Welt. Die Kräfte ... der Kirche als einer menschlichen Einrichtung bleiben dabei begrenzt. Aber weil uns die Liebe Gottes drängt, geben wir in Wort und Tat Gottes Liebe weiter, gemeinsam mit der Diakonie und auch mit Partnern außerhalb der Kirche. 

5. Ökumene. Wir stärken die Ökumene. 

6. Digitalisierung. Wir wollen ­Kirche im digitalen Raum sein. 

7. Kirchenentwicklung. Wir bauen Gemeinden. Der Wohnort wird aber zukünftig nicht mehr das einzige Kriterium für die Zugehörigkeit zu einer Gemeinde sein. Gemeinde als Sammlung um Wort und Sakrament soll eine geistliche Heimat bilden, wo Menschen zusammenkommen.

8. Zugehörigkeit. Wir wollen, dass viele Menschen dazugehören. Die evangelische­ ­Kirche ermöglicht auch Menschen aktive Teilhabe, die (noch) nicht Kirchenmitglied oder getauft sind. 

9. Mitarbeitende. Wir fördern Mitarbeit. 

10. Leitung. Wir entscheiden verantwortlich. 

11. Strukturen. Wir bewegen uns. 

12. EKD und Landeskirchen. Wir alle sind EKD. Wichtig ist, dass zukünftig dieselbe Aufgabe jeweils nur noch einmal gemacht wird – und dafür gut.

Der volle Text: www.ekd.de/zwoelf-leitsaetze-zur-zukunft-einer-aufgeschlossenen-kirche-60102.htm

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1. "Jeder einzelne Austritt schmerzt" Wolfgang Banse Die Kirchenaustritte sind hausgemacht.Hauptamtlich Tätige tragen zum größten Teil dazu bei.Die Aussage von Herrn Stäblein:"Jeder einzelne Austritt schmerzt", sind hohl und bleiben es.Frau Christina Bammel, Herr Christian Stäblein vertreten die EKBO nach innen , wie nach außen, im Bezug KdÖR, ihnen ist die Austrittszahlen zu zu schreiben, ohne wenn und aber.Der EKBO kann man eine gewisse Unfreundlichkeit bezeichnen, gegenüber Glieder, die Kunden sind. Effizient, Qualität kommen nicht tragen.WSie auch.Volkskirche war en die Gliedkirchen in der EKD nie, im Bezug Staatskirche.Menschen, gläubige Menschen leiden unter den Strukturen der Kirche, unter Arbeitnehmende, die in der Kirche ihren Dienst versehen.Dies und jenes wird experimentiert, Gläubige werden als Marionetten geführt, an Fäden gezogen.Demokratie ist nicht erleb, erfahrbar!Um 360Grad müßten sich die Kirchen innerhalb der EKD drehen, damit sie wieder Salonfähig werden.Wertschätzung erfährt nicht jede und jeder.Standesdünkel, Klassengesellschaft innerhalb der Kitrche ist erleb, erfahrbar.YAuch der Gleichheitsgrundsatz kommt nicht immer in den Kirchen zum Tragen."Haste was, bist de was", dies wird gelebt.Nicht identifizierbar ist es, wenn ein leitender Geistlicher, hier Bischof Stäblein, auf eien Podium aggressiv wird, im Bezug auf einen Pastor der SELK, hier Pastor.Dr.Dr.hc. Martens.Laut Ausgabe eines Gemeindebriefes, soll Herr Stäblein folgendes gessagt haben:"Der AltLutheraner nimmt uns alle Asylanten weg".Dies ist zu missbilligen!Der besagte Pfarrer tut etwas, mehr, als andere.Er arbeitet für vier.Seine Leistungen lassen sich sehen, zu würdfigen, was ertut, auch mit großen gesundheitlichen Problemem, wie Fieber.Nicht umsonst hat die Nachrichten Agentur IDEA Herrr Pfarrer Dr. Dr.hc Gottfried Martens vor Jahren als Pfarrer des Jahres gewählt. Kann Herr Stäblein, auch damit auf warten?!Der Zusammenhalt in den SELK Kirchengemeinden ist größer, als in den Kirchengemeinden der Amtskirche.Wo Anonymität vorhanden ist.Ein Ruck muss gehen, was die Kirchenleitung der EKBO betrifft. Nicht weiter so, wie bisher, sondern anders, mit Herz.Wieviel Kirchenglieder hatte die EKBO zu Beginn der ASmtszeit von Herrn Stäblein.Wieviel hat sie jetzt?Nicht ab, um aussitzen ist gefragt, sondern pastoralen Dienst.KLirche für andere sein, wie Dietrich Bonhoeffer es formulierte, dann hat die Kirche eine relle Überlebenschance.
2. Taufe Konfrimation Horst H. Krüger Mein Vorschlag: Verzcht auf die Konfirmation und statt dessen eine Kindersegnung und die Taufe dann Statt der Konfirmation. Taufe als Glaubenstaufe und Aufnahme in die Kirche, da spielt dann das Alter keine Rolle mehr wenn der Wunsch des Gläubigen vorhanden ist.
3. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.

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