Von Jochen Fritz
Landwirtschaft kann Fluch oder Segen für die Klimakrise sein. Eins ist Fakt: Eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft weltweit ernährt immer noch mehr als 80 Prozent der Menschheit. Es wird auch in Zukunft nicht die intensive auf synthetischen Kunstdünger, Pflanzenschutz und Intensivtierhaltung ausgerichtete Landwirtschaft sein, die uns ernähren wird. Diese verbraucht zu viele Ressourcen, laugt den Boden aus und ist klimaschädlich.
Doch Landwirtschaft muss zur Lösung der Klimakrise werden. Die Landwirtschaft der Zukunft muss mehr Humus im Boden aufbauen und nicht weiter abbauen. Sie muss Tiere nachhaltig auf Weideland halten, klimaangepasste Pflanzen anbauen oder eine Nutzung für wiedervernässte Moore finden. Denn hier liegen große Potenziale für die CO2-Speicherung.
Es liegt also zu großen Teilen in den Händen der Bäuerinnen und Bauer, ob wir es schaffen, hier eine Neuausrichtung hinzubekommen. Aber der Boden ist oftmals leider nicht mehr in den Händen der Bäuerinnen und Bauern. Von den Erträgen auf den Äckern kann man es sich schon lange nicht mehr leisten, Land zu erwerben, oft wird auch die Pacht unerschwinglich. Gerade für nachhaltigere Wirtschaftsweisen, die nicht auf den kurzfristigen Profit ausgerichtet sind, wird das zum Problem.
Boden wird immer öfter als Wertanlage gesehen
So wandert leider immer mehr Boden in die Hände von Großindustriellen und Investoren, die darin eine gute Wertanlage sehen. Oftmals werden ganze Betriebe in Größenordnungen von 1000 bis 3000 Hektar Land von diesen außerlandwirtschaftlichen Investoren übernommen, da es oft keine Nachfolger in den Agrargenossenschaften oder anderen landwirtschaftlichen Betrieben gibt. Mit sogenannten Share-Deals umgehen sie dabei noch die Grunderwerbsteuer. Dieser Ausverkauf unserer Landwirtschaft muss ein Ende haben: Denn es sind wir Bäuerinnen und Bauern, die die Böden so beackern, dass auch nachfolgende Generationen noch darauf wirtschaften können. Kurzfristige Renditen spielen hier keine Rolle.
Viele Betriebe gehen schon neue Wege: Sie pflanzen Walnussplantagen, bringen in Agroforstsysteme wieder Bäume auf die Äcker oder betreiben nachhaltige Weidelandwirtschaft. Es gibt viele junge Menschen, die die Herausforderung annehmen wollen und einen eigenen Betrieb gründen. Doch es ist schwer für sie, an Land zu kommen und wenn, ist es oft nicht bezahlbar. Darüber hinaus organisieren sich viele Menschen beispielsweise in „Solidarischen Landwirtschaften“ und tragen die wirtschaftliche Verantwortung der Landwirtschaftlichen Betriebe mit.
Umdenken beim Verpachten
Hier hat auch die Kirche große Möglichkeiten, als Landeigentümer ihre Flächen an junge Existenzgründer, ökologisch wirtschaftende bäuerliche Betriebe oder Solidarische Landwirtschaften zu verpachten. Es müssen nicht immer die Großbetriebe sein, die schon jetzt sehr viele Flächen haben. Es ist an der Zeit, Kirchenland nach Gemeinwohlkriterien (s.u.) zu verpachten. Der Betrieb, der artgerecht seine Tiere hält oder beispielsweise Hecken pflanzt, sodass die Artenvielfalt zunimmt und der Boden vor Winderosion geschützt ist, der sollte zukünftig auf Gemeindeland wirtschaften. Ein Umdenken sollte stattfinden, sodass die Wahrung der Schöpfung und somit der Aufbau gesunden Bodens und eine klimafreundliche Landwirtschaft und artgerechte Tierhaltung die Kriterien der Landvergabe der Kirchengemeinden werden. Das ist mit sogenannten Kriterienkatalogen möglich und transparent nachzuvollziehen. Nicht mehr der mit dem höchsten Gebot kann die Flächen pachten, sondern der mit dem klimafreundlichsten Konzept.
Wir brauchen neue Bäuerinnen und Bauern auf unseren Flächen, die zukunftsweisende Landwirtschaft betreiben wollen und die Dörfer beleben werden. Jeder Landbesitzer, ob staatlich, kirchlich oder privat, hat die Möglichkeit und Verantwortung, sein Land zukunftsfähig und gemeinwohlorientiert zu verpachten. Gesunder Boden ist unsere Zukunft – es lohnt sich, ihn in gute Hände zu geben und hinzusehen, wie darauf gewirtschaftet wird.
Unter www.abl-mitteldeutschland.de findet sich der AbL-Kriterienkatalog „Gemeinwohlorientierte Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen“.
Jochen Fritz ist Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Nordost. Er bewirtschaftet mit zwei weiteren Familien den Biohof Werder. Dort leben 35 Wasserbüffel, 40 Schafe und ein paar Hühner. Im Sommer ist es ein Lernort für Schulklassen.
Jochen Fritz, Biolandwirt aus Werder.