Sprachräume weiten vom Schulbuch bis zur Heiligen Schrift
von Pröpstin Christina-Maria Bammel
Um Gerechtigkeit im Verhältnis der Geschlechter ringen wir. Das Ringen um die entsprechende Sprache gehört dazu. Das gilt für alle Bereiche von der Alltagssprache über Schulbuch- und Gesetzestexte bis zur Heiligen Schrift. Auch von Erfahrungen geschlechtsspezifischer Marginalisierungen ist in den Heiligen Schriften als Zeugnissen von Gotteserfahrung zu lesen. Solche Marginalisierungen zu benennen und Gegenstrategien zu finden, hat mit Gerechtigkeit zu tun.
Gewöhnungsbedürftigkeit gegenseitig zugestehen
Den meisten Menschen sind Ungerechtigkeiten im Verhältnis der Geschlechter heute unerträglich geworden. Man kann sich darüber empören, dass sich im Ringen um eine neue Sprache die Texte der Heiligen Schrift zu verändern beginnen, wenn von Gott als König*in etwa die Rede ist. Gewöhnungsbedürftigkeit kann man sich gegenseitig zugestehen. Und miteinander darüber reden, wie seit über 2000 Jahren Übersetzungen der Heiligen Schrift die Glaubenssprache ändern. Wichtig ist, den Kern der Nachricht nicht aus den Augen zu verlieren: die Sehnsucht nach Gottes Gerechtigkeit.
Gott mit oder ohne Sternchen - es bleibt GOTT
Mir geht das Herz auf, wenn ich Menschen erlebe, die für Gerechtigkeit ihr Reden und Handeln einsetzen. Vor allem für soziale Teilhabe und Teilgabe, aber auch für die Gerechtigkeit im Verhältnis der Geschlechter, wie sie sich auch in unserem Sprechen von Gott ausdrückt. Ob dabei von Gott mit oder ohne Sternchen gesprochen wird, ist für mich nicht entscheidend. Wesentlich ist, dass wir in unserem Sprechen von Gott niemanden ausschließen, sondern uns zusammenhalten lassen von unserer, vor allem von einer Liebeskraft der Gottheit, die die Menschheit so dringend braucht.
Respektvolle Zuwendung
Menschengemachte Sprache bleibt immer anfällig dafür zu dominieren und zu marginalisieren. Doch die sich wandelnde Sprache ist unser Werkzeug, uns gegenseitig von unseren Erfahrungen der Ewigen zu erzählen, die Heiligkeit zu loben. Sprache hat ihre Schwächen. Und es gibt nur einen Weg, diese auszuhalten: die gegenseitige Begegnung in respektvoller Zuwendung.
Aktion "Folgt dem Stern - G*ott kommt"
Bei der Adventsaktion „Folgt dem Stern – G*tt kommt“ von Frauen in der EKBO, ejbo, Startbahn Neukölln und anderen werden geloste Bibelverse in geschlechtergerechte Sprache übersetzt und mit Bild und Kommentar auf Instagram und Facebook veröffentlicht. Das ist ein kreatives Angebot zum Weiten der Sprachräume als Ausdruck einer tastenden Gottesrede. Denn es geht nicht darum, eine politisch korrekte Sprache vorzuschreiben, sondern sprachliche Möglichkeiten neu auszuschöpfen. Das ist kein theoretisches Spiel mit Sprachbildern. Es geht um Menschen, die mit dieser Sprache berührt werden und Berührung suchen, vor allem geht es um das Geheimnis der Menschwerdung.