Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Inhalt springen
RSSPrint

Debatte Atomwaffen: Leser- und Leserinnenbriefe

Ökumenische Dreifaltigkeit: Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung

Atomwaffen Kirche

Kaum ein Thema hat unsere Leserschaft zuletzt mehr bewegt als der Titelkommentar „Teuflische Dreifaltigkeit“ (Ausgabe 21) von Ulrich Frey zur Atombewaffnung. „Es ist irreführend, das Teuflische an Atomwaffen nur auf westlicher Seite zu verorten.“, findet Klaus Wittmann, Brigadegeneral a.D. und Mitglied der Landessynode. Auch die Formulierung „Teuflische Dreifaltigkeit“ stößt manch einem sauer auf.

Es ist kurzschlüssig und unsachlich, zumindest irreführend, das „Teuf­lische“ an Atomwaffen nur auf westlicher Seite zu verorten. Die NATO hat in ihrem strategischen Konzept von 2010 erneut bekräftigt, dass sie eine „nukleare Allianz“ bleiben wird, solange solche Waffen in den Händen anderer Mächte existieren. Aber ihre gesamte Strategie ist auf Kriegsverhinderung ausgerichtet, nicht auf „unbegrenzte Massenvernichtung“.

Im Lauf der Jahrzehnte hat sie zunehmend ihre Nuklearwaffen als lediglich politische Mittel zur Abschreckung jeglichen Einsatzes von Massenvernichtungswaffen beziehungsweise einer Erpressung mit dieser Möglichkeit betrachtet. 

Zugleich unterstützt sie den Nichtverbreitungsvertrag, auch wenn zu kritisieren ist, dass die großen Nuklearmächte ihre Verpflichtung zur Abrüstung ungenügend einlösen. 

Natürlich sind „globale Gerechtigkeit, effektiver Klimaschutz, gewaltfreie Konfliktbearbeitung und die Stärkung von multilateralen Organisationen“ dringlich. Die Friedensdenkschrift des Rates der EKD von 2007 „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“ bringt das überdeutlich zum Ausdruck. Sie postuliert auch, über die Heidelberger Thesen hinausgehend, „aus der Sicht evangelischer Friedensethik“ könne „die Drohung mit Nuklearwaffen heute nicht mehr als Mittel legitimer Selbstverteidigung betrachtet werden“. 

Die Kirche darf und muss so rigorose Positionen vertreten. Gleichwohl hat die Politik die Pflicht, gegen die noch bestehenden Gefährdungen Vorsorge zu treffen. Das geschieht bei der NATO nicht durch die Drohung mit dem Einsatz, sondern durch das Bereithalten solcher Waffen. Denn die Zahl der Nuklearmächte wächst, und die Gefahr, dass Terrorgruppen sich nukleare Mittel (zumindest „schmutzige Bomben“) zulegen, nimmt zu. Vor allem scheint Putins Russland vom Konzept „rein politische Waffen“ zunehmend abzurücken durch Vertragsverletzung, Stationierung in Reichweite mittel- und osteuropäischer Länder, Militärmanöver-Szenarien und nicht zuletzt durch eine Rhetorik, welche die Kriegführung mit Atomwaffen wieder einkalkuliert. Da braucht der europäische Teil der Nato weiterhin die Schutzzusage der USA. Deren Atomwaffen sind verbindendes Element der atlantischen Risikogemeinschaft.

Die „nukleare Teilhabe“ dient auch der Nichtverbreitung und ist wegen der Mitsprache im eminenten deutschen Interesse. Natürlich ist die Wiederaufnahme nuklearer Abrüstungsverhandlungen dringlich. Aber der Weg zur wünschenswerten nuklearwaffenfreien Welt führt nicht über die Verteufelung der NATO-Vorkehrungen zur Kriegsverhinderung. 

Klaus Wittmann ist Brigadegeneral a.D. und Mitglied der Landessynode.

 

Unser Gemeindekirchenrat hat mit Sorge den Artikel zur „nuklearen Teilhabe“ der Bundesrepublik Deutschland gelesen. Seit über 130 Jahren kümmert sich unser Oberlinhaus mit der Kirchengemeinde um Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben. Wir wehren uns dagegen, dass der Begriff Teilhabe in Verbindung mit atomarer Abschreckung benutzt wird. So bekommt der Begriff der „atomaren Teilhabe“ eine positive Konnotation: Man würde die atomare Bewaffnung (und letztlich die Vernichtung) in das normale gesellschaftliche Leben einbeziehen wollen, um damit einem weiten gesellschaftlichen Konsens gerecht zu werden. Dabei werden die Fragen nach der Stationierung von (US-amerikanischen) Atombomben in Deutschland immer lauter und ihre Stationierung ist kein Konsens.

Auch wir knüpfen an die Forderungen der Friedensbewegung in der DDR an, die einige GKR-Mitglieder aus unserem Haus mitgestaltet haben: Schmiedet „Schwerter zu Pflugscharen“. Wir wünschen uns eine öffentliche Diskussion über die nukleare Aufrüstung und bei den politisch Verantwortlichen in der Bundesrepublik: ein Stopp der atomaren Aufrüstung. Die für die Waffensysteme geplanten Mittel brauchen wir dringend für die Umsetzung einer Klimagerechtigkeit, damit unsere Kinder und Enkel an der Zukunft teilhaben können.

Für den GKR im Oberlinhaus: Pfarrer Matthias Amme

 

18,5 Milliarden Euro für Aufrüstung, für Eskalation, für das Festhalten an einer zerstörerischen Logik. Ich nenne das: verstrickt bleiben in Strukturen der Sünde. Was wäre, wenn dieses Geld lebensdienlich investiert würde! Die Corona- und die Klimakrise machen deutlich, dass globale Probleme solidarische Antworten brauchen. Das Gedenken an den 75. Jahrestag der Befreiung von der zerstörerischen Logik des Krieges sollte uns dazu mahnen, Friedens­stifterin und Friedensvermittler zu werden.

Die EKD-Synode hat im November 2019 eine bedenkenswerte Friedensdenkschrift veröffentlicht. Die Badische Landeskirche bringt ein Friedensszenario „Sicherheit neu denken“ ins Gespräch. Das überzeugt mich sehr. Ich halte es für eine mutige Vision, die realisierbare Wege aufzeigt. Sie traut uns Menschen viel zu. Sie macht ernst mit unserer Kernbotschaft, der Befähigung zur Umkehr. Die Kreissynode des Kirchenkreises Berlin Stadtmitte plant, sich mit beiden Ansätzen zu beschäftigen.

Ich wünsche mir sehr, dass unsere Kirche auf allen Ebenen der teuflischen Dreifaltigkeit eine Absage erteilt und sich mit aller Entschiedenheit einsetzt für die ökumenische Dreifaltigkeit: Friede, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung. Auf diesem Weg werden wir unserer historischen Verantwortung gerecht. Wir finden Antworten auf die Krisen, die ja nicht weniger werden. Und dieser Weg macht zudem Spaß, uns erwarten Kraftquellen, Menschen, die mit uns auf dem Weg sind, und jede Menge Inspiration, Horizonte und Segen. Oder mit den Worten von Bischof und Pröpstin gesprochen: neu laufen voll Vertrauen!

Monika Matthias ist Pfarrerin in Berlin-Kreuzberg.

 

Ich kann ja verstehen, dass Sie für die Titelseite einprägsame Überschriften suchen, mal mehr oder weniger gelungen, aber „Teuflische Dreifaltigkeit“ ist nun doch wirklich ein Missgriff und hat mich sehr befremdet. Die Umschreibung des Wesens Gottes mit dem Attribut „teuflisch“ zu verbinden, schmerzt. Als Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) sollte Ulrich Frey vielleicht doch nicht so ein aggressives und unversöhnliches Vokabular nutzen, bei aller Zustimmung zu seiner inhaltlichen Position.

Pfarrer i.R. Götz Doyé war Professor für Religions- und Gemeindepädagogik an der Evangelischen Hochschule Berlin.

 

Artikelkommentar

Artikelkommentar
captcha
Bitte tragen Sie das Ergebnis der Rechenaufgabe in das Feld ein.
Hinweis: Die von Ihnen ausgefüllten Formulardaten werden lediglich für die Zwecke des Formulars genutzt. Eine andere Verwendung oder Weitergabe an Dritte erfolgt nicht.

Artikelkommentare

(3) Artikel Name Ihr Kommentar
1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

Hier gelangen Sie zur Übersicht über alle Kommentare.