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Die Kirche weiter umbauen

Wegen Mitgliederverlusten muss sich die EKBO fragen, welche Stellen sie sich noch leisten kann

Viola Vogel. Foto: Matthias Kauffmann/EKBO

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) will die Folgen anhaltender Mitgliederverluste durch modernere Strukturen abmildern. Im Mittelpunkt müssten dabei Digitalisierung, Spezialisierung und Zentralisierung stehen, sagte ­Konsistorialpräsidentin Viola Vogel im Gespräch mit Yvonne Jennerjahn vom Evangelischen Pressedienst (epd). 

Die Mitgliederzahlen der evangelischen Kirche sinken seit Jahren, ein weiterer Rückgang wird erwartet. Welche Folgen hat das für die Landeskirche?

Viola Vogel: Wir haben pro Jahr etwa zwei bis drei Prozent Mitgliederverluste, in den vergangenen zehn Jahren von rund 1,04 Millionen Gemeindegliedern auf rund 834000 am Jahresende 2022. Wir müssen deshalb die Kirche weiter umbauen. Wir haben zwar noch keine Einbrüche auf finanzieller Seite, die uns in Panik versetzen. Aber wir sind ja gehalten, mit unseren kirchlichen Geldern nachhaltig, effizient und vor allem vorausschauend umzugehen. Es wird ­deshalb in den kommenden zehn, zwanzig Jahren eine dauerhafte Aufgabe kirchenverwaltender Leitung bleiben, die Strukturen zu überdenken und immer hinter jeder Stelle zu fragen, ob wir uns die noch leisten können und ob wir sie wirklich brauchen. Wir müssen uns da immer fragen, ob damit unser Kernauftrag der evangelischen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung erfüllt wird. Das ist nicht schön, weil niemand gerne rückbaut, aber das ist so. Vorausschauendes Verwaltungshandeln dient dazu, Kirche auch in der ­Zukunft zu ermöglichen. Und das hat wieder was Optimistisches, was uns als Christen ja kennzeichnet.

Wie sollen die Folgen des Mitgliederrückgangs bewältigt werden?

Im Mittelpunkt dieser gesamten Strukturveränderung müssen Digitalisierung, Spezialisierung und Zentralisierung stehen. Die elektronische Akte, die wir einführen ­wollen, ist ein Projekt, die digitale Eingangsrechnung in den kirch­lichen Verwaltungsämtern ein ­anderes. Ein weiteres sinnvolles Projekt, was wir in den letzten Jahren umgesetzt haben und weiter optimieren, ist ein funktionierendes landeskirchliches Intra- und ­Internet. Außerdem sollten Kleinstanstellungsverhältnisse, die es auch gibt, zukünftig so spezialisiert ­werden, dass da ganze attraktive Stellen draus werden. Auf deren Expertise können dann auch andere Funktionseinheiten in der Landeskirche zurückgreifen. Sinnvoll ist, dass nicht jede Kirchengemeinde und jeder Kirchenkreis alles macht, sondern dass gut ausgebildete Leute Fachwissen für die gesamte Landeskirche anbieten. Ein Erfahrungswert ist dabei, dass Digitalisierung erst einmal auch Personalaufwuchs bedeutet, bevor man dann irgendwann etwas spart und auch wieder Personal abbauen kann. Zuerst müssen verschiedene Prozesse ­landeskirchenweit vereinheitlicht werden. Und dazu braucht man Menschen, die gerne und gut im Dienst der Kirche arbeiten.

In welchen Bereichen steht die Landeskirche vor besonders großen Herausforderungen?

Beim Gebäudebestand wird es in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ein enormes Umwälzungspotenzial geben, weil aufgrund der demografischen Entwicklung viele Kirchen einer diverseren Nutzung zugeführt werden müssen. Gleichzeitig sind wir auch aus denkmalschützerischen und kulturhistorischen Gründen gehalten, Bauwerke und auch Friedhöfe zu erhalten, zu finanzieren und die Baulasten aus unserem Budget zu tragen. Wir wollen das als protestantisch-christ­liche Gemeinschaft auch selbst. Aber viele kirchenhistorische Bauten und Gräber auf Friedhöfen sind auch für die gesamte Bevölkerung sehr bedeutsam, nicht nur für die Kirchenmitglieder. Da wünsche ich mir von den staatlichen Stellen ein noch größeres Bewusstsein, dass das immer stärker eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe wird.

Unser evangelischer Anspruch ist, dass unsere kirchlichen Gebäude auch Nichtchristen zur Verfügung stehen sollen, sodass wir in die Gesellschaft hineinwirken, nicht nur in unseren eigenen Bereich. Und da sind wir natürlich dankbar für ­Kooperationspartner auch im säkularen Raum.

Ein anderes Feld, das die Landeskirche sehr beschäftigt, ist die Reduzierung der Zahl der rund 1100 Kirchengemeinden. Es ist sinnvoll, da größere Einheiten zu schaffen, zum Beispiel durch Fusionen und Kooperationen der Kirchenkreise und Kirchen­gemeinden untereinander, sofern die Beteiligten aufeinander zugehen wollen, damit die Aufgaben besser bewältigt werden können. Konsistorium, Kirchenleitung und Synode haben hier die rechtlichen Grundlagen bereits ­geschaffen, und das wird gut ­angenommen.

Wo kann aus Ihrer Sicht gespart werden?

Das muss immer im Einzelfall ­geprüft werden. Wenn gar nichts anderes möglich ist, werden wir auch kirchliche Gebäude verkaufen müssen. Grundsätzlich muss der Maßstab sein, dass unser Auftrag der Wortverkündigung und der ­Sakramentsverwaltung sicherzustellen ist, im Auftrag Jesu Christi. Das ist sozusagen die rote Linie. Was das dann konkret heißt an Projekten und kirchlichen Aufgaben, beschäftigt uns bereits jetzt ständig und unterliegt einer stetigen Dynamik. Jeder Mensch wird ihnen ­natürlich immer sagen, dass sein Aufgabenbereich unverzichtbar ist. Das ist in der Kirche so, das ist in der säkularen Welt ähnlich, wenn es um Sparzwänge geht. Wenn es erforderlich ist, muss man eine ehrliche Aufgabenkritik mit allem machen, was wir tun, und fragen, wem dient es. Das wird aber eine gesamtkirchliche Aufgabe sein, eventuell  notwendige harte finanzielle Einschnitte auch gemeinsam mit allen kirchenleitenden Organen zu entscheiden und zu tragen. Wir sind aus konsistorialer Sicht auf jeden Fall aufgerufen, theologisch und ­juristisch so vorzudenken, dass wir den anderen kirchenleitenden ­Organen konsistente und mehrheitsfähige Vorschläge machen, um handlungsfähig zu bleiben.

Wo könnte es neue Einnahmemöglichkeiten geben?

Das ist eine Frage von einem sehr wirtschaftlich ausgerichteten Blickwinkel aus. Deswegen erlauben Sie mir, vorab ganz grundsätzlich zu sagen: Es ist weder Sinn noch primärer Zweck kirchlichen Handelns, Geld zu erwirtschaften. Wir sind kein Wirtschaftsunternehmen, sondern eine protestantische, dem Evangelium verpflichtete und aus ihm lebende Religionsgemeinschaft in der weltlichen Form der Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das Geld, das wir einnehmen, ist ­deshalb zunächst einmal auch nur Mittel zu diesem religiösen Zweck. Das Geld wird uns von unseren kirchlichen Mitgliedern anvertraut, um Menschen zu helfen und den Auftrag Jesu Christi in die Welt zu tragen. Gleichwohl sind wir natürlich gehalten, weil wir den Anspruch der öffentlichen religiösen Wortverkündigung haben, auch gewisse Geldmittel dafür zu generieren. Die Kirchensteuer ist einer unserer Hauptfinanzierungspfeiler, und da sind wir sehr dankbar dafür. Die Staatsleistungen sind ein anderer Pfeiler. Wir haben auch Vermögen und Geld, das wir anlegen, aber in einem eher konservativ-klassischen Sinne, um Resonanz- und Ermöglichungsstrukturen für Menschen zu schaffen. Das sind alles immaterielle Güter. Wenn Sie so wollen, dient das Geld dem christlichen Geist unserer Gemeinschaft, niemals andersherum.

Wird die Landeskirche angesichts der weiter sinkenden Mitgliederzahlen auch in Zukunft Bestand haben – oder könnte ein Zusammenschluss mit einer anderen oder mehreren anderen Landeskirchen auf die Tagesordnung kommen?

Ich bin überzeugt, dass die Struktur der evangelischen Landeskirchen auch in Zukunft Bestand haben wird. Gespräche mit anderen ­Landeskirchen kann man natürlich immer führen. Flexibilität und Veränderungswille gehören schließlich zu den Grundkonstanten evange­lischen Seins. Aber Überlegungen zu solchen Zusammenschlüssen stehen bei uns im Moment nicht an.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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