Von Katharina Körting
„Es begann mit einem kleinen profanen Problem“, erinnert sich Timo Wolf, GKR-Vorsitzender der Halenseegemeinde, anlässlich der Einweihung des neuen Pavillons vor der Hochmeisterkirche in Berlin-Wilmersdorf. Nämlich: „Es gab nur eine einzige, kleine Toilette“, erreichbar über eine steile Treppe – barrierefrei ist das nicht, und für eine überaus aktive Gemeinde mit vielen Veranstaltungen, Konzerten und sozialen Aktivitäten „eine Zumutung“. Was tun? Nur der Turm ist unterkellert, und das Grundstück endet fast an den Kirchenmauern – der Rest gehört der Stadt. Seit 2008 rauchten die Köpfe. Das Architekturbüro Nedelykov Moreira war Teil des Vorhabens. Ein zehn Jahre altes Modell erinnert an jene Anfänge. Nun ist es Wirklichkeit geworden.
Von der vielbefahrenen Westfälischen oder der Nestorstraße kommend – die Kirche liegt im Eck – fällt der Pavillon sofort ins Auge. Auf den ersten Blick will er nicht recht zum denkmalgeschützten Backsteinbau passen. Doch wenn man genauer hinsieht, ahnt man, was mit dem „geometrischen Bezug“ gemeint ist, den Architekt Pedro Moreira erwähnt. Wegen Denkmalschutz durfte der Anbau nicht höher werden als die Stein-Bossierung des 1910 fertigstellten Altbaus.
Schaufenster für die Gemeinde
Der gläserne Pavillon sei ein „Schaufenster“ der Halenseegemeinde meint Jan Langer, Mitglied des Gemeindekirchenrates. Später komme eine Projektionsfläche dazu. „Das ist noch im Konzept“, sagt Langer. In ein oder zwei Segmenten des Glases werde dann eine Folie angebracht, die per Knopfdruck milchig wird. „Darauf können wir Werbung machen für besondere Gottesdienste und Konzerte“, sagt er, „oder wir zeigen einfach die Wochenlosung.“
Es handelt sich um „ein technisch kompliziertes Bauwerk“, erzählt der Architekt. „Wir hatten eine minimale Fläche“, erklärt er. Nur ein kleines Dreieck war für die Bebauung verfügbar. Die Lösung: in die Tiefe gehen. Das brachte jedoch wieder neue Probleme mit sich.
Da die neoromanische, von Otto Schnock entworfene Kirche, auf einem Granitsockel und etwas höher steht, musste der Grund nicht nur mit 15 über 10 Meter langen Stahlträgern verstärkt werden, sondern auch mit gut 20 ein Meter langen Betonsäulen. Damit nichts wegrutscht.
Alles, was ebenerdig im schicken „Glashaus“ passiert, ist von außen sichtbar – einen Sichtschutz gibt es nicht. „Wir haben das lange überlegt und uns dann dagegen entschieden“, sagt Langer, „wir wollen sichtbar sein.“ Seit Jahren kümmert sich der hauptberuflich als Ingenieur tätige Baubeauftragte in seiner Freizeit um das Projekt. Im neu ausgehobenen Untergeschoss sind Toiletten, eine großzügige Küche und etwas Lagerfläche, per Plattformaufzug barrierefrei erreichbar. Wer die Treppe nutzt, kann das freigelegte, unverputzte Backsteinmauerwerk der Kirche bewundern. Oben stehen 24 Sitzplätze zur Verfügung. Es gibt Fußbodenheizung und Dreifachverglasung. Der Pavillon ist direkt mit der rechten Konche (Einbuchtung) der Kirche verbunden, aber auch über die geschwungene Rampe von außen erreichbar. Auch Fahrradstellplätze mit Bügeln gehören bald zum Ensemble. „Leider haben sie lange Lieferzeiten“, sagt Langer, „das dauert noch ein bisschen.“
Die Gemeinde schaut nach vorn
Trotz rückläufiger Mitgliedszahlen und gegen den Trend des ständigen „Nachdenkens über das Weniger“, wie Wolf es ausdrückt, materialisiert sich hier Zuversicht. Die Halenseegemeinde schaut nach vorn, möge die Zukunft bringen, was sie wolle, denn: „Der Pavillon ist sehr flexibel nutzbar.“ Darauf weist Pfarrerin Cornelia Benus-Dreyer hin. So sei zum Beispiel denkbar, Veranstaltungen aus dem 300 Meter entfernten Gemeindehaus dorthin zu verlagern und durch Vermietung der freigewordenen Räume neue Einnahmen zu generieren.
Für den Anbau waren Kosten in Höhe von zunächst 600000 Euro eingeplant. Spenden wurden gesammelt. Eine größere Erbschafts-Spende ergab den Grundstock. Die Bauarbeiten begannen im November 2020 und sollten eigentlich im Frühjahr 2021 beendet sein, doch erst im April 2021 erfolgte die Grundsteinlegung. Der Bau verzögerte sich pandemiebedingt, die Baukosten verdoppelten sich auf 1,2 Millionen Euro. Das Geld komme ausschließlich aus eigenen Mitteln, sagt Pfarrerin Benus-Dreyer, auch aus Rücklagen. Diese würden wieder aufgefüllt durch die Verpachtung der ehemaligen Jona-Kirche in der Roscherstraße.
Die Hochmeister- und die Jonagemeinde hatten 2016 fusioniert. Damals war das für die wenigen noch aktiven Mitglieder von Jona ein schwieriger, nicht unumstrittener Schritt. Das Jona-Haus nutzt jetzt eine jüdische Grundschule.
Auch für andere Gemeinden interessant
Im neuen Pavillon tropft noch ein bisschen Wasser aus der Leitung im Keller, aber Ende Januar werde der Anbau für die rund 4100 Mitglieder der Halenseegemeinde betriebsfertig sein, hofft Moreira. Kindergottesdienste, GKR-Sitzungen, Veranstaltungen des Fördervereins oder Sprechstunden – „die Nutzung wird vielfältig sein“, sagt Benus-Dreyer und freut sich: „Wir zeigen Präsenz.“ Möglich, dass die Halenseegemeinde damit ein Vorbild schafft. Moreira: „Das Konzept könnte auch für andere Gemeinden interessant sein.“
Hochmeisterkirche, Westfälische Straße 70a, 10709 Berlin