Superintendent Georg Thimme, am 9. Oktober findet die Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt in Cottbus statt: Tobias Schick (SPD) und Lars Schieske (AfD) treten an. Wie erleben Sie die Stimmung in Cottbus vor der Wahl?
Cottbus ist eine lebens- und liebenswürdige Stadt, die seit Jahrzehnten einem ständigen Wandel unterzogen ist. Die Veränderung der Stadt ist schon optisch bemerkenswert, und die Lebensqualität ist deutlich gestiegen. Veränderungen sind aber immer auch verbunden mit Verunsicherung. Diese Verunsicherung wurde erst durch die Pandemie verstärkt und derzeit durch die wachsende Sorge im Blick auf die Auswirkungen des Krieges gegen die Ukraine auf den Alltag der Menschen. Die einen erleben Veränderungen als Chance. Sie werden kreativ und engagieren sich. Andere erleben diese Zeit als Bedrohung. Sie stemmen sich gegen Veränderungen und wollen an Vertrautem festhalten. Beide Bewegungen sind in Cottbus zu erleben. Leider gelingt es immer seltener, miteinander im Gespräch zu sein.
Die Wahlbeteiligung lag bei der ersten Wahl bei 53,3 Prozent. Warum ist es wichtig, bei der kommenden Stichwahl zur Wahl zu gehen?
Ich bin davon überzeugt, dass der überwiegende Teil der Cottbuser Bevölkerung im demokratischen Spektrum zu verorten ist. Die Wahl des Oberbürgermeisters ist die Chance, dies auch öffentlich zu zeigen. Immerhin haben zwei Drittel der Wählerinnen und Wähler nicht der AfD ihre Stimme gegeben. Es ist ein gutes Signal, dass die Mehrheit der im ersten Wahlgang unterlegenen Parteien – außer der AfD natürlich – nun dazu aufrufen, Tobias Schick (SPD) zu unterstützen. Die Wahl ist jedoch noch nicht vorbei. Jetzt gilt es, ein klares Zeichen zu setzen und wählen zu gehen.
Welche Ursachen sehen Sie darin, dass die AfD die zweitstärkste Partei im ersten Wahlgang geworden ist?
Die durch den Strukturwandel und die aktuelle weltpolitische Lage hervorgerufene Verunsicherung ist groß und verständlich. Der AfD gelingt es, diese Verunsicherung zu instrumentalisieren und für ihre eigene Agenda zu missbrauchen.
Welche Kompetenzen soll der zukünftige Cottbuser Oberbürgermeister mitbringen und wofür muss er sich unbedingt einsetzen?
Der Strukturwandel ist für Cottbus und die Lausitz eine einmalige Chance, sich wirtschaftlich und gesellschaftlich neu und zukunftssicher aufzustellen. Das wird sicher einer der Arbeitsschwerpunkte des neuen Oberbürgermeisters werden. Durch den Strukturwandel ist Cottbus eine wachsende Stadt. Bezahlbarer Wohnraum, Kita- und Schulplätze, Abbau von Schulden sind dabei wichtige Themen. Auch die Frage der inneren Sicherheit wird in weiten Teilen der Gesellschaft diskutiert.
Die verschiedenen Strömungen innerhalb der Stadt miteinander ins Gespräch zu bringen ist eine der besonderen Herausforderungen. Dazu bedarf es einer ausgesprochenen kommunikativen Kompetenz, um bestehende Gräben zu überwinden.
Wie arbeiten Sie und der Kirchenkreis aktuell mit den politischen Vertreterinnen und Vertretern der Stadt Cottbus zusammen?
Sowohl die Kirchengemeinden der Stadt Cottbus als auch der Kirchenkreis arbeiten gut mit den politischen Vertreter:innen, dem Oberbürgermeister und der Stadtverwaltung zusammen. Der Stadtkonvent aller Pfarrer:innen der Ökumene trifft sich darüber hinaus jährlich mit der Stadtverwaltung, um gemeinsame Themen zu beraten. Ich bin zuversichtlich, dass diese enge Zusammenarbeit auch fortgeführt wird.
Die Fragen stellte Constance Bürger.