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Einer trage des anderen Last

Seit 1992 macht der Internationale Tag für die Beseitigung der Armut jedes Jahr am 17. Oktober darauf aufmerksam, wie wichtig die Bekämpfung von Armut ist. Macht die ­Ampelregierung genügend für die Menschen, die dringend Hilfe brauchen? Hat sie Strategien gegen die Spaltung der Gesellschaft?

Menschen tragen füreinander Verantwortung – beschrieben im biblischen Gleichnis des barmherzigen Samariters, einem Bekenntnis zur Solidarität. Der niederländische Maler Vincent van Gogh verlieh dem Gedanken der bedingungslosen Hilfe ein farbkräftiges Gesicht. Foto: Vincent van Gogh, Der barmherzige Samariter, Gemälde, 1890, CC0/via Wikimedia

Von Sabine Werth

Seit gut einem Jahr haben wir eine Ampelkoalition. Seit fast einem Jahr nehmen die gesellschaftlichen ­Herausforderungen und Krisen ständig zu. Waren es ursprünglich noch die ganz normalen Auseinandersetzungen oder Annäherungen dreier Parteien, die zum Teil keine gemeinsamen ideologischen Gemeinsamkeiten hatten, kamen der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die Inflation hinzu. Seither tun SPD, Grüne und FDP ­einiges, um nach außen Einigkeit und Geschlossenheit zu demonstrieren. Allerdings sind die bisherigen Maßnahmen wie die beiden ­ersten Entlastungspakete ihren ­Namen nicht wert. Es scheint, als hätten Mandatsträger*innen mit der Annahme ihrer Ämter so ziemlich jede Bodenhaftung verloren. 

Ein Beispiel ist der Tankrabatt. Wem hat er eigentlich geholfen? Hartz IV-Beziehende haben in aller Regel gar kein Auto. Viele Studierende auch nicht und Rentnerinnen und Rentner haben zum Teil aus ­Altersgründen ihren Führerschein abgegeben oder fahren sehr viel seltener Auto als jüngere Menschen, die pendeln oder aus anderen Gründen auf ein Auto angewiesen sind.

Eher Klientelpolitik 


Das Argument war, den Pendlerinnen und Pendlern eine Hilfe sein zu wollen. Aber kamen denn die ­Rabatte wirklich an? An den meisten Tankstellen wurden die 30 ­beziehungsweise 16 Cent nicht an die Tankenden weitergereicht. ­Warum eigentlich 30 Cent für ­Benzin, aber nur 16 Cent für Diesel? Die meisten Handwerker*innen fahren Diesel, die Lkw brauchen Diesel, alle Tafel-Fahrzeuge fahren Diesel. Dieses Beispiel zeigt, dass es wohl eher Klientel­politik war und nicht so sehr eine gezielte Maßnahme für alle, die es dringend brauchen. 

Die endlose Diskussion über die ­erneute Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für Lebensmittel von 19 auf 7 Prozent liefen so lange, dass viele Menschen, die niedrige Renten oder Hartz IV beziehen, gar nicht mehr genug Geld hatten, um überhaupt einkaufen zu gehen. Konsum, vor allem jener, der das Überleben sichert, hängt von der ­finanziellen Möglichkeit ab. Hier und beim Tankrabatt wurden ­öffentliche ­Gelder mit der Gießkanne aus­geschüttet und die, die dringend Hilfe brauchen, ­wurden und werden ­vergessen.

Nachdem die Kritik an den beiden Entlastungspaketen groß genug war, wurden im nächsten Schritt endlich die Rentner*innen und die Studierenden bedacht. Endlich! Ob allerdings das dritte Paket  den Menschen wirklich hilft, muss sich erst noch ­beweisen.

Das wahre böse Erwachen


200 Milliarden. Der Betrag klingt ­gigantisch. Aber wie wird er aus­geschüttet? An wen? Und wann? Schon jetzt haben viele höhere ­Vorauszahlungen für Gas und Strom, aber die eigentliche ­Katastrophe steht uns hier erst noch bevor. Mit der Betriebskostenabrechnung für 2022 wird es das wahre böse ­Er­wachen geben. Ist von den 200 Milliarden dann noch etwas übrig? Haben es die bekommen, die es dringend brauchen? Sind wieder ­einige wenige, die schnell genug „hier“ gerufen haben, denen zuvorgekommen, die es dringend brauchen könnten, die sich aber nicht so schnell und laut bemerkbar ­machen?

Verantwortung tragen


Solange Regierungen zwar Gutes wollen, es aber leider nicht um­setzen, dürfen sie nicht auf das Wohlwollen der Bevölkerung ­hoffen. Unsere Gesellschaft driftet immer mehr auseinander. Auf der einen Seite die, die glauben zu kurz zu kommen. Auf der anderen Seite jene, die sich, außer um sich selbst, um nicht viel kümmern. 

Eigentlich sind wir eine Solidargemeinschaft. Die Generationen ­­­tragen füreinander Verantwortung. Zumindest ist das der Anspruch. ­Einer trage des anderen Last – ist das so? Sind wir bereit, uns für ­einander einzusetzen? Es wäre zu schön, dieses Gefühl (wieder) zu ­haben. Den politisch Verantwort­lichen und der Gesellschaft gegenüber.

Sabine Werth ist Gründerin und Vorstandsvorsitzende der Berliner Tafel.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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