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Einsamkeit und Sorge um Weihnachten

Wie sich der zweite Lockdown auf die Telefonseelsorge auswirkt

Telefonseelsorge Weihnachten
Symbolfoto: epd

Von Sibylle Sterzik und Ulrike Mai

Die Einschränkungen durch den Teillockdown aufgrund der Corona-Pandemie beschäftigen viele  An­rufende am Telefon. Einsamkeit,  keine Möglichkeit zu verreisen, Suizidgedanken, auch von Jugendlichen. Aber auch Kindheitserfahrungen, die hochkommen: ­isoliert sein, niemanden haben. Der Lockdown kappt Beziehungen. Er ruft aber auch längst vergessene Gefühle hervor und eine damit verbundene Hilflosig- und Ratlosigkeit. Das mit auszuhalten, dafür haben viele Ehrenamtliche am Telefon der Kirchlichen Telefonseelsorge ein ­offenes Ohr.

 Mit dem zweiten Lockdown rücken die Pandemie und ihre Folgen wieder ins Zentrum vieler Beratungen der Telefonseelsorge. Viele Anrufende erzählen von Einsamkeit und der Sorge, zu Weihnachten nicht wie gewohnt mit der Familie feiern zu können. Für die Beraterinnen und ­Berater gibt es viel zu tun. 

„Nach dem Ende des ersten Lockdowns im Frühjahr gab es bei unseren Kontakten am Telefon eine gewisse Normalisierung, was Anrufaufkommen und Themen anbelangt“, konstatiert Dorothee Herfurth-Rogge. Die Pfarrerin ist gemeinsam mit dem katholischen Theologen ­Michael Hillenkamp Vorsitzende der Evangelisch-Katholischen Kommission, dem bundesweiten Leitungsgremium der Telefonseelsorge. „Seit den neuen Beschränkungen geraten wie im Frühjahr die Themen Corona und damit Einsamkeit, Ängste und depressive Stimmungen in den Mittelpunkt vieler Gespräche.“ 

Die Situation im Frühjahr 

Gab es vor der Pandemie im Durchschnitt täglich 2500 Telefonate, so stiegen die Gespräche im März und April auf über 3000 pro Tag an. Zu bestimmten Tageszeiten war das Gesprächsaufkommen fast 50 Prozent höher als vor der Pandemie. Mit dem Ende des ersten Lockdowns normalisierte sich das. Die Zahl der Anrufe blieb aber höher als im Vorjahr. Im September waren es durchschnittlich 2700 Gespräche pro Tag. 

Interessant ist der Blick auf die Themen der Telefonate. Die Pandemie war im Frühjahr in fast allen Gesprächen ein Thema; rund 40 Prozent der Anrufenden sprachen über ­Einschränkungen, Verunsicherungen und Veränderungen durch die Pandemie. Sie fühlten sich einsam (rund 24 Prozent der Anrufenden), verängstigt (16 Prozent), fast 15000 Anrufende beschrieben ihre Stimmung als depressiv. Auch das Thema Suizidalität wurde im Vergleich zum Vorjahreszeitraum häufiger genannt. 

Nach Ende des Lockdowns waren Sorgen wegen der Corona-Pandemie nicht mehr das Hauptthema. Das ­änderte sich im Oktober. Wurde das Thema Corona in der zweiten Septemberhälfte in rund fünf Prozent der Gespräche genannt, war es vier Wochen später in über elf Prozent der Gespräche ein Thema. In der ­ersten Novemberhälfte blieb die Anzahl der Anrufe relativ ­konstant, aber die Gespräche zum Thema Einsamkeit nahmen deutlich zu.  Neben Einsamkeit besteht für viele die Sorge, wie sich die Pandemie auf das bevorstehende Weihnachtsfest auswirken wird. 

Verstärkte Nutzung der Online-Angebote 

Seit 25 Jahren gehört auch die Beratung per E-Mail und im Chat zu den Angeboten der Telefonseelsorge. Jeder Vierte unter 30 Jahren wendet sich per Mail oder Chat an die Telefonseelsorge. Auch diese Möglichkeiten wurden im Frühjahr mehr ­genutzt als sonst. Im Durchschnitt wurden 2019 täglich 52 Chats geführt und 82 Mails geschrieben. Im April 2020 waren es täglich 135 Chats und 143 Mails. Die Themen ähnelten denen am Telefon. Bisher sind die Chat-Zahlen seit Oktober nicht ­signifikant gestiegen, blieben aber auf einem höheren Niveau als im Vorjahr.  

„Wenn wir die Statistiken betrachten, können wir erkennen, dass Corona – abgesehen von der für uns alle neuen Erfahrung einer Pandemie – die bestehenden Sorgen und Probleme vieler Menschen verstärkt. Einsamkeit ist auch ohne eine Pandemie und Kontaktbeschränkungen ein Thema der Telefonseelsorge. Jetzt wird sie offenkundig vermehrt für Menschen zum Problem, die bisher gut sozial integriert waren“, sagt Dorothee Herfurth-Rogge. „Als Telefonseelsorgerinnen und -seelsorger können wir diese existenzielle menschliche Erfahrung des subjektiven oder objektiven Verlassenseins natürlich nicht aufheben. Aber unsere Anrufenden erleben im Gespräch menschliche Zuwendung und Verständnis für ihr Leid – und das kann eine Hilfe sein.“ 

Die Telefonseelsorge werde den Sorgen und Ängsten der Menschen weiterhin mit Empathie und Zugewandtheit entgegentreten. „Gerade auch zu Weihnachten werden wir unsere Leitungen für möglichst viele offen halten“, so Dorothee Herfurth-Rogge abschließend. 

Telefonseelsorge

Mit mehr als 7500 geschulten Ehrenamtlichen in 104 Städten oder Regionen ist die Telefonseelsorge deutschlandweit tätig. Sie steht rund um die Uhr täglich zur Verfügung und berät Menschen  jeder Nationalität, jedes ­Geschlechts, jeder Konfession und jedes Alters. Das Angebot ist anonym und kostenfrei. 2019 wurden 932100 ­Telefonate und 50000 Beratungsgespräche geführt. Es wurden 34795 Mails geschrieben und 19540 Mal gechattet. Dank der Unterstützung der Deutschen Telekom sind die Telefonnummern 0800/1110111 und 0800/1110222 seit 1997 gebührenfrei. 

An diesem Sonntag wird die Kollekte in den Gottesdiensten der EKBO für die Telefonseelsorge gesammelt.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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