Frankfurt am Main/Hannover/Istanbul/epd Die geplante Umwandlung der Hagia Sophia in Istanbul von einem Museum zur Moschee ist bei Kirchen und in vielen Ländern auf Kritik gestoßen. Der Weltkirchenrat und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) appellierten am vergangenen Wochenende an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, seine Entscheidung rückgängig zu machen. Die katholische Bischofskonferenz äußerte Sorge über die Anordnung Erdogans, das im 6. Jahrhundert als christliche Kirche errichtete Gebäude für muslimische Gebete zu öffnen. Der Beauftragte der Bundesregierung für Religionsfreiheit, Markus Grübel, sagte, die Türkei wende sich damit ab von Europa und vom Respekt gegenüber anderen Religionen. Kritik kam auch von der EU, den USA, Griechenland und der Unesco, zu dessen Weltkulturerbe das Wahrzeichen Istanbuls zählt.
Der Weltkirchenrat (ÖRK), in dem 350 protestantische, anglikanische, orthodoxe und altkatholische Kirchen mit mehr als einer halben Milliarde Gläubigen zusammengeschlossen sind, äußerte „Trauer und Bestürzung“. Die Hagia Sophia sei als Museum ein „Ort der Offenheit, der Begegnung und der Inspiration für Menschen aller Nationen und Religionen“ gewesen. „Mit Ihrer Entscheidung, die Hagia Sophia wieder in eine Moschee umzuwandeln, haben Sie dieses positive Zeichen der Offenheit der Türkei umgekehrt und es in ein Zeichen der Ausgrenzung und der Spaltung verwandelt“, heißt es in dem Schreiben des amtierenden ÖRK-Generalsekretärs Ioan Sauca an Erdogan.
Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm schrieb auf Facebook, seit der Umwandlung in ein Museum 1935 durch den türkischen Republikgründer Kemal Atatürk sei die Hagia Sophia von vielen Menschen „als Ort eines friedlichen Zusammenlebens der Religionen besucht worden.“ Es sollte das Ziel aller sein, dieses friedliche Zusammenleben zu stärken. „Und es sollte auch Ziel staatlichen Handelns sein. Die jetzige Entscheidung wirkt dem entgegen und sollte rückgängig gemacht werden.“ Die Katholische Deutsche Bischofskonferenz sieht die Gefahr, „dass die Hagia Sophia künftig wieder als Symbol religiösen ,Raumgewinns‘ gedeutet werden könnte.“ Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland hat die geplante Umwandlung der Hagia Sophia von einem Museum in eine Moschee kritisiert. Das Bauwerk sei Welterbe und ein Symbol friedlichen Zusammenlebens der Religionen, sagte der Vorsitzende, Gökay Sofuoglu, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. „Dass man daraus eine Moschee macht, ist eine absolute Fehlentscheidung.“
Die Hagia Sophia wurde als „Kirche der göttlichen Weisheit“ im Jahr 537 geweiht. Sie war fast ein Jahrtausend lang die christliche Hauptkirche Konstantinopels und damit Hauptkirche des byzantinischen Reiches und Zentrum der orthodoxen Ostkirche. Als die Osmanen 1453 die Stadt eroberten, wurde sie zur Moschee umfunktioniert. 1935 wurde sie in ein Museum umgewandelt.