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Gesungene Bilder

Ein Ensemble, das durch Corona nicht vom Proben abgehalten werden konnte: zu Besuch beim Berliner Gebärdenchor.

„Die Gedanken sind frei“: Der Berliner Gebärdenchor bei der Probe für den nächsten Auftritt. V.l.n.r.: Marina, Elisabeth, Judith (Bildschirm), Wolfgang und Thomas. Foto: Friederike Höhn

Von Friederike Höhn

„Da ist mehr Gefühl drin, mehr Ausdruck, mehr als nur Worte. Gebärden, das ist Poesie“, schwärmt Judith und gebärdet immer schneller vor der Kamera. Elisabeth kommt kaum mit dem Dolmetschen hinterher, denn auch die anderen Mitglieder des Berliner Gebärdenchors geraten schnell ins Schwärmen, wenn sie über ihre Leidenschaft erzählen. Vier von ihnen sind heute in der Berliner Lukas-Kirche, dem Sitz der Evangelischen Gehörlosengemeinde. Judith ist per Zoom aus dem Kloster Bestwig zugeschaltet. 

Selten haben sich die neun Mitglieder während der letzten Wochen persönlich getroffen, vieles lief über Videochats. Dort haben Kommunikation und Proben nach technischen Anlaufschwierigkeiten gut geklappt. „Auch wenn die spiegelverkehrte Ansicht im Videochat am Anfang eine kleine Herausforderung war“, sagt Judith und lacht. Die asynchrone Übertragung, die für „hörenden Chöre“ – so der Begriff in der 

Gehörlosengemeinschaft – das gemeinsame Proben per Zoom oder anderen Programmen schier unmöglich macht, spielte hier eine weniger große Rolle. Und die digitalen Treffen hatten noch anderes für sich: „Da waren wir auch mal alle neun bei den Proben dabei, das ist sehr selten“, erzählt Thomas. 

Ein Auftritt eines Gebärdenchors ist nicht mit dem eines „hörenden Chors“ zu vergleichen. Performance, Choreografie und Poesie spielen eine wichtige Rolle. „Wichtig ist eine gute Stimmung, etwa mit Licht oder Kerzen“, beschreibt Marina einen gelungenen Auftritt. Sie ist seit vier Jahren mit dabei. „Synchronität und der Rhythmus müssen passen“, ergänzt Thomas. Für ihn ist die Chorarbeit Meditation. „Sie verbindet mich mit Gott. Und mit der tollen Gemeinschaft, die wir hier haben.“

Thomas ist seit sieben Jahren festes Mitglied des Ensembles, das von Wolfgang Mescher geleitet wird. Die beiden kennen sich schon lange aus der Jungen Gemeinde. Mescher ist Gründungsmitglied, seit über 20 Jahren dabei und hat 2004 die Chor­leitung übernommen. Bei Auftritten steht er nicht vor dem Chor, sondern in der Mitte. Je nach Ensemblegröße und Lied gibt es eine eigene Choreografie, die neben den eigentlichen Texten geprobt wird.

Doch einen Großteil der Chor­arbeit macht das Übertragen von Liedern in Gebärden aus. Fast jeden Chorsatz, jedes neue Lied, das bei einem Konzert oder im Gottesdienst zur Aufführung kommen soll, übersetzt der Chor selbst. „Zeile für Zeile“, erklärt Thomas. Ein bis zwei Stunden kann es pro Strophe dauern, denn es wird gern diskutiert. Wichtig bei der Übersetzung ist nicht allein der exakte Inhalt. „Beim Übertragen muss man in Bildern denken“, sagt Marina. „Und in Bewegungen. Die sollten ineinander übergehen“, ergänzt Wolfgang. Mit den Jahren ist ein dickes Heft an Liedern zusammengekommen. Darunter auch das Lied „Gott gebärdet gern“, das originär in Gebärdenpoesie gedichtet wurde. Es ist das Lieblingslied von Judith und Marina, „denn es spiegelt die Gehörlosenkultur wider“, erklären sie.

Mitmachen beim Chor kann „eigentlich jeder, der Gebärdensprache kann und Lust auf Poesie hat“, meint Chorleiter Wolfgang. Aber, fügt er hinzu, „die Kenntnisse sollten schon fortgeschritten sein“. Teamfähigkeit ist dem Chor auch sehr wichtig, und eben eine Verbindung zur Gehörlosenkultur.

Aktuell arbeitet der Chor an „Die Gedanken sind frei“. Sie haben das Lied in Gemeinschaftsarbeit übersetzt und einstudiert. Es soll beim Sommerfest der Gehörlosengemeinde am 9. August zur Aufführung kommen. 

Der Gebärdenchor Berlin tritt regelmäßig in den Gottesdiensten der Gehörlosengemeinde auf. Zudem wirkt er bei Projekten in der Berliner Philharmonie, verschiedenen Musicals und Konzerten zusammen mit hörenden Chören mit und entwirft eigene Konzertprogramme.

Wer ihn live erleben möchte, ist zum Sommerfest am 9. August, ab 14 Uhr in der Bernburger Straße 3–5, Berlin-Kreuzberg, herzlich eingeladen. Ein Gebärdensprachdolmetscher ist vor Ort.

Weitere Informationen und Termine bei Elisabeth Andersohn, 

E-Mail: andersohn-berlin@web.de.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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