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Gute Pflege braucht gutes Geld

Wie die Diakonie zu Tarifverhandlungen in der Pflegebranche steht

Diakonie Caritas Pflegetarif
Diakoniedirektorin Barbara Eschen zum Pflege­tarif: „Die Untergrenze darf nicht zur Obergrenze ­werden“ Foto: Verena Götze/DWBO

Kürzlich lehnte die Caritas Deutschland, der katholische Wohlfahrtsverband, seine Zustimmung zu einem von Bundes­arbeitsminister Hubertus Heil vorgeschlagenen flächendeckenden Tarifvertrag in der Pflege ab. Wie steht die Diakonie dazu? „die Kirche“ fragte nach bei Barbara Eschen, Direktorin des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (DWBO). Im Interview mit Uli Schulte Döinghaus, spricht sie über Unter- und Obergrenzen im Pflegetarif, zähe Verhandlungen und über die „Refinanzierung“ von Gehältern. 

Frau Eschen, vor Kurzem scheiterte eine allgemeine Verbindlichkeitserklärung eines Pflegetarifver­trages an den Arbeitgebern der Caritas. Sie lehnten einen bundesweiten Branchentarifvertrag ab. Sie begründeten das mit der Sorge, dass die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungen nicht mehr den Unterschied zwischen dem Branchentarifvertrag und den (höheren) Löhnen refinanzieren würden, die bei kirchlichen Dienstgebern üblich sind.

Die Gefahr, dass die Untergrenze zur Obergrenze wird, sehen wir auch.

Ein bundesweiter Branchentarifvertrag Altenpflege wäre ver­mutlich unter den Abschlüssen der kirchlichen Wohlfahrtsverbände geblieben.

In den meisten Fällen ja. Die ­Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie (AVR) kennen keine Branchentarifverträge. Dienstgeber wie Dienstnehmer lehnen eine Zersplitterung des AVR-Tarifs ab. Hier hätte es den Einstieg in eine ungute Entwicklung geben können.

Hätten die diakonischen ­Kommissionen nach der ­Ablehnung durch die Caritas-­Gremien nicht wenigstens ein ­Zeichen setzen müssen, um ihre Solidarität mit den eher mäßig ­bezahlten ­Beschäftigen in den ­privatwirtschaftlich organisierten Pflege­unternehmen zu zeigen?

Eine Entscheidung hätte keinerlei Änderung der Situation herbei­geführt. Aber schauen wir nach vorn: Der Gesundheitsminister will die Versorgungsverträge an eine Tarifunterwerfung binden. Versorgungsverträge sollen danach ab dem 1. Juli 2022 nur mit Pflegeeinrichtungen ­abgeschlossen werden, die ihren Mitarbeitenden im Pflege- und Betreuungsbereich eine Entlohnung zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die Pflegeeinrichtung gebunden ist. Das wäre gut.

Warum?

Damit wäre der Willkür in der ­Bezahlung begegnet und zugleich die Tarifautonomie gesichert.Ausgerechnet die Verbandsver­treter der „Privaten“, denen das Scheitern des Branchen­tarifvertrages am meisten nützt, stellen die kirchlichen ­Arbeitgeber ­ständig in Frage, zum Beispiel wegen des „Privilegs“, dass sie nicht mit Gewerkschaften ­verhandeln müssen. 

Die privatgewerblichen Pflege­anbieter müssen ja auch gar nicht mit den Gewerkschaften verhandeln. Darin liegt das Problem: Viel zu viele wenden Haustarife an. Erzwingungsstreiks zur Aufnahme von Verhandlungen durch Gewerkschaften bei den privatgewerblichen Anbietern unterbleiben auch, da der gewerkschaftliche Organisationsgrad in der Pflege viel zu gering ist und die Gewerkschaften deshalb nicht durchsetzungsfähig sind. Weil die Unterwerfung unter den Dritten Weg und die Anwendung der AVR zu den Mitgliedspflichten der Diakonie gehören, haben wir hingegen eine hohe Tariftreue (diakonieweit konstant über 90 Prozent), die eine ordentliche und transparente Bezahlung gewährleistet – ein hohes Gut.

In welcher Phase sind die ­Verhandlungen über Arbeits­vertragsrichtlinien zurzeit, wann wird neu ­abgeschlossen?

Die Laufzeit der derzeitigen „AVR DWBO Entgelte“ reicht bis einschließlich 31. Dezember 2021. Für die Zeit danach wird ein Abschluss Ende April 2021 erwartet. Die ­Verhandlungen dazu laufen gerade.

Wer handelt die Arbeitsverträge aus, die dann für die Dienst­nehmer und Dienstgeber des DWBO verbindlich sind?

Die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) werden durch die paritätisch besetzte Arbeitsrechtliche Kommission (AK DWBO) ausgehandelt. Die ist von uns als DWBO Landesverband und auch von der EKBO unabhängig.

Von welchen Vorgaben lassen sich die beteiligten Seiten vor und während eventueller Verhand­lungen leiten, wenn es um die Lohnfindung geht? 

Grundsätzlich gilt es, angemessene Gehälter und Refinanzierbarkeit in Einklang zu bringen. Dafür werden auch konkurrierende Tarifwerke betrachtet. Die Anerkennung der AVR macht uns im Zuwendungsbereich in Berlin und Brandenburg zu schaffen, weil nicht alle Gehaltsbestandteile als refinanzierbar anerkannt werden. Zugleich schafft das Land Berlin mit einer Hauptstadtzulage zusätzliche Verwerfungen. 

Und in der Pflege: In immer ­stärkerem Maße sehen sich unsere Träger in der ambulanten Pflege erzwungen, in Einzelverhandlungen die Refinanzierung ihrer Arbeit, insbesondere die der Gehälter durch­zusetzen. Wir sehen es als unsere ­Aufgabe als Verband an, diese sehr schwierigen und aufwendigen ­Verhandlungen zu unterstützen.

Sind die kirchlichen Dienstgeber im umkämpften Arbeitsmarkt „Pflege“ begehrt?

Pflegekräfte in der Diakonie haben eine beeindruckende Motivation und gehen auch auf die seelischen und religiösen Bedürfnisse der Pflegebedürftigen ein. Pflege gehört von jeher zum Kern unserer Arbeit. Die Kompetenz von der Ausbildung über die Entwicklung von Konzepten und Standards der Pflege bis hin zu einer verlässlichen Bezahlung und anderen Rahmenbedingungen der Arbeit, wie etwa die betriebliche ­Altersvorsorge, wird auch von den Mitarbeitenden geschätzt. Aber: Gute Pflege braucht gutes Geld, und das müssen wir uns alle in der ­Gesellschaft mehr kosten lassen!

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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