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In der Freiheit bestehen

Ist die Freiheit auf dem Rückzug? Was passiert gerade aufgrund von Sicherheitsvorkehrungen in unserer Gesellschaft – und wo haben diese starken Einschränkungen aufgrund der Bedrohung durch das Corona-Virus seine Grenzen – auch im Blick auf unsere seelsorgerlichen Aufgaben?

Corona Kranke besuchen
Ausdruck der Kraft der Liebe und der Besonnenheit: Balkonkonzerte weltweit. Grafik: Uwe Baumann/Augusto Ordonez

Von Wolfgang Huber

In der Freiheit bestehen! Diese Aufforderung begleitet mich seit meiner Jugend. Im Jahr 1965 bildete dieser Satz die Losung des Deutschen Evangelischen Kirchentags in Köln. Von einer Freiheit ist die Rede, die nicht einfach eigenes ­Verdienst, sondern Geschenk ist. Die Rede ist von der Freiheit, die Christus uns schenkt, damit wir sie bewahren. Es geht um die verdankte Freiheit, mit der verantwortlich umzugehen unsere Aufgabe ist. 

Die Corona-Krise ist ein Ernstfall der Freiheit. Er tritt immer dann ein, wenn die eigene Freiheit mit der Freiheit anderer zusammenstößt. Am radikalsten geschieht das, wenn wir einander schon ­dadurch gefährlich werden, dass wir uns bewegen oder gemeinsam etwas unternehmen. Das Virus, das uns in diesen Wochen alle in Atem hält, ist unsichtbar. Aber nahe kommt es dann, wenn Menschen einander nahe kommen. 

Die Mehrheit hat diese Botschaft begriffen. 95 Prozent der deutschen Bevölkerung, so stellte das Meinungsforschungsinstitut ­Infratest dimap am Anfang dieser Woche fest, stimmt den Kontaktsperren und Ausgangsbeschränkungen zu. Dies im Alltag durch­zuhalten, verlangt Selbstdisziplin. In kritischen Situationen ist sie ­unerlässlich, um die Freiheit zu ­bewahren. 

Die politischen Maßnahmen zur Eindämmung drohender Erkrankungen werden weithin bejaht. Doch zugleich breiten sich Egoismus und Unvernunft aus. Der evangelische Friedhofsverband Berlin Stadtmitte schloss am vergangenen Montag seine 46 Friedhöfe, weil es in einer Reihe dieser Friedhöfe zu „unzulässigen Zusammenkünften“, wohl auch zu „Corona-Partys“ gekommen war. Die Orte der Totenruhe wurden als Bolzplätze missbraucht. Alles Weitere kann man sich leicht ausmalen. Ein solcher Missbrauch der Freiheit führt zu Verboten, also zur Einschränkung der Freiheit. Ließe man Verstand, Selbstdisziplin und Respekt walten, wären solche Verbote nicht nötig. 

Stehen als nächstes Einkaufs­beschränkungen an? Muss in den Supermärkten Wachpersonal aufgestellt werden, um aberwitzige Hamsterkäufe zu verhindern? Weltweit macht man sich über die Deutschen schon lustig, die, wenn es ernst wird, als erstes Toilettenpapier horten. Es geht auch vernünftiger: Eine Brauerei stellt ihre Produktion von Bier auf  Desinfektionsmittel um. 

Im christlichen Verständnis ­gehört die eigene Freiheit mit der Freiheit des Mitmenschen zusammen. Die Liebe zu sich selbst hat an der Liebe zum anderen Maß und Grenze. Wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen, ist in dieser großen Bewährungsprobe entscheidend. Angst ist dabei ein schlechter Ratgeber; denn sie verführt zum Kreisen um uns selbst. Der „Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ ist nun gefragt. 

Es gibt unterschiedliche Wege, mit anderen in Kontakt zu bleiben: Telefonate, E-Mails, soziale Netzwerke, Briefe. Doch auch diejenigen müssen wir im Blick behalten, ­denen solche Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen. Manchmal hilft auch heute nur das direkte ­Gespräch, der Blick in die Augen, wenn möglich ein Gebet. 

Für die Werke der Barmherzigkeit muss Raum sein. Zu ihnen ­gehört der Besuch von Kranken, die Begleitung von Sterbenden, die ­Bestattung der Toten. Wenn den engsten Angehörigen der Besuch von Kranken und Sterbenden verweigert wird, wenn Seelsorgerinnen und Seelsorger ihrer Aufgabe nicht mehr nachkommen dürfen, ist eine Grenze überschritten. 

Einschränkungen sind unvermeidlich; Sicherheitsvorkehrungen sind verpflichtend. Aber zu einer Kontaktsperre für Alte und Sterbenskranke darf es nicht kommen. Auch hier gilt: In der Freiheit be­stehen!

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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