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Ist die geplante Reform, dass eine Kirchengemeinde mindestens aus 300 Gemeindegliedern bestehen muss, für Sie nachvollziehbar?

Die Landessynode der EKBO will bei ihrer Tagung vom 10.bis 13. November über die Mindestgröße von Kirchengemeinden beraten. Bereits im Frühjahr wurde dazu ­beschlossen, dass sich Kirchengemeinden zukünftig in größeren Verbünden zusammenschließen müssen, um als Körperschaft des öffentliches Rechts zu wirken. Nun soll ­festgelegt werden, aus wie vielen Mitgliedern sie mindestens bestehen sollen. Die Kirchenleitung hat dazu die Zahl 300 vorgeschlagen. Sie ist umstritten. In den vergangenen zwei Jahren gab es dazu digitale Sprechstunden mit Pröpstin Christina-Maria Bammel. Mitglieder der Kirchenleitung sowie Superintendent*innen besuchten die ­Gemeinden. Das Gesetz soll voraussichtlich 2023 wirksam werden. In der EKBO haben derzeit mehr als 650 Kirchengemeinden weniger als 300 Gemeindeglieder – insbesondere in den ländlichen Regionen. Welche Auswirkungen hätte das ­Gesetz zu den Mindestgliedern auf die Gemeinden? Und ist es überhaupt nötig? Dazu ­befragten wir zwei Engagierte aus dem Kirchenkreis Mittelmark-Brandenburg, wo von 97 Kirchengemeinden 69 weniger als 300 Gemeindeglieder haben.

Pro


Von Jens Meiburg 

Unsere Evangelische Kirche gestaltet sich immer konkret vor Ort, in einer Gemeinde, die Gottesdienst feiert und Gemeindeleben und Verkündigung verantwortet. Organisiert sind wir in unserer Kirche in historisch gewachsenen Strukturen, die immer über die einzelne Ortsgemeinde hinaus solidarische Beziehungen zu anderen Gemeinden im Kirchenkreis und in der Landeskirche hat. Nun sind wir an einem Punkt, wo sich die Strukturen unserer kirchlichen Arbeit den Ressourcen anpassen müssen.

Viele Kirchengemeinden verantworten schon lange nicht mehr einzeln die Jugend- und Konfirmandenarbeit und die Arbeit mit Kindern vor Ort, weil dies schon seit Jahrzehnten auf der Ebene des Pfarrsprengels beziehungsweise des Kirchenkreises passiert. 

Nicht nur im Blick auf die Ressourcen der haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden und den zunehmenden Druck durch mehr Verantwortung und weniger Mitarbeitende ist die Zusammenarbeit zwischen Kirchengemeinden nötig und gut. Dies fordert dazu heraus, ­gemeinsam ­Verantwortung zu übernehmen, über den ­eigenen Kirchenturm hinaus. Viele Gemeinden tun dies schon lange und auf vielfältige Weise, ob als fusionierte (Gesamt-)Kirchengemeinde oder in einem Pfarrsprengel. 

Darum ist es gut, dass das Gemeinde­strukturgesetz verschiedene Formen der ­Organisation ermöglicht. Die Diskussion ­da­rüber läuft schon über viele Jahre, auch wenn es offensichtlich noch nicht jede*r Mitverantwortliche in einigen Gemeinden mitbekommen hat.

Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte hat mir gezeigt, dass ein solcher Entwicklungs­prozess nicht automatisch und nicht immer der Einsicht folgend geschieht. Darum ist nicht nur der Wunsch nach gemeinsam geltenden Regeln und Strukturen da. Es braucht auch einheitliche Kriterien, eben eine Mindestgröße für die Gemeinde als Körperschaft öffentlichen Rechts. Die Zahl 300 pro Körperschaft erscheint mir maßvoll. Es ist wichtig, dass sie kommt und zwar jetzt. Wir brauchen mehr Klarheit in den Rahmenbedingungen und vor allem Bewegung in der Sache. Ich hoffe, dass weniger ­Verwaltung und mehr Verkündigung und Seelsorge dabei herauskommt. Denn die ­Herausforderungen und Aufgaben sind groß.

Deshalb müssen die Arbeitsstrukturen für Pfarrer*innen und Gemeindekirchenrats­vorsitzende klarer und überschaubarer sein. Zwar fürchten einige, in einer neuen Struktur nicht genügend Beachtung und Versorgung zu erlangen und andere fürchten den Zugriff auf ihre Rücklagen und zusätzlichen Einnahmen. Doch wir können nur gemeinsam Kirche sein.

Prioritäten müssen gemeinsam gesetzt, Entscheidungen müssen gemeinsam getroffen werden. Dafür braucht es Menschen, die Lust und Freude an der Gestaltung des Gemeindelebens haben und sich einsetzen für ihre ­Kirche. Dafür braucht es auch Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, wenn es ums Ganze geht. 

Sind sie da und bereit, sich dieser auch ­eigenen Entwicklung zu stellen? 

Jens Meiburg ist Pfarrer der Kirchengemeinde St. Katharinen und der St. Gotthardt- und Christuskirchengemeinde in Brandenburg/Havel. 

Kontra


Von Dietmar Bleyl

Auf der diesjährigen Herbstsynode soll die Mindestgliederzahl künftiger Kirchen­ge-meinden beschlossen werden, die sich meiner Meinung nach zurecht als „Auf­reger“ herausgestellt hat. Nach den aktuellen Vorstellungen der EKBO soll ein Kirchensprengel mindestens 300 und eine Gesamt­kirchengemeinde 500 Mitglieder haben. Praktisch ­bedeutet das die Fusionierung von 8 bis 10 ländlichen ­Gemeinden mit Folgen auf die Wahrnehmung der pfarramtlichen Pflichten. Da eine Ausnahmeregel im Gesetz nicht ­vorgesehen ist, steht damit für jede ländliche, ­gegebenenfalls auch städtische, Kirchen­gemeinde die Fusion mit anderen Kirchen­gemeinden an. 

Für das Gesetz gibt es keine – im staat­lichen Bereich selbstverständliche – schrift­liche Begründung. Damit besteht keine ­Möglichkeit, die Überlegungen und Fakten, die dem Gesetz zu Grunde liegen, nachzuvoll­ziehen. Wer hoffte, bei den vom Konsistorium angebotenen Konsultationsgesprächen Näheres zu ­erfahren, wurde enttäuscht. Den ­genannten Zahlen liegen keine Erfahrungen und Modelle zugrunde. 

Förmlich vor den Kopf gestoßen müssen sich alle Kirchengemeinden fühlen, die in der Vergangenheit bereit waren, die Zusammenarbeit mit ihren Nachbargemeinden zu ­verstärken, um damit auf die Bildung eines Kirchensprengels zuzusteuern. Das Kirchen­gemeindestrukturgesetz (KGSG) konterkariert ihre Bemühungen, denn das Gesetz billigt Pfarrsprengeln im Gegensatz zu den Gesamtkirchengemeinden nicht den Status einer ­Körperschaft des öffentlichen Rechts zu. Nicht bestimmt ist, wer den Körperschaftsstatus an ihrer Stelle übernimmt.

Die Kirchengemeinden sollen administrativ entlastet und professioneller verwaltet werden. Hiermit sind die GKR-Sitzungen ­gemeint. Aber nach meinen Erfahrungen ­werden sie zahlenmäßig bei monat­lichen ­Sitzungen bleiben, wobei für jede wegen der erweiterten Zuständigkeiten ­wesentlich mehr Zeit zur Vor- und Nachbereitung benötigt wird. Nicht zu vergessen sind aber auch die zusätzlich ­anfallenden Fahrt- und damit Dienstzeiten der hauptamtlichen Mitarbeiter. 

Die ehrenamtlichen Tätigkeiten sollen bei den Gemeindeverbänden in für das geistliche Leben vor Ort zuständige Ortsgemeinderäte und für die öffentlich-rechtlichen Aufgaben ­zuständige Gemeindekirchenräte gesplittet werden. Dafür bedarf es mehr Ehrenamtliche als bisher, die nur schwerlich im ländlichen Raum zu finden sein werden. Durch wen die verwaltungsmäßige Entlastung der Gemeinden erfolgen soll, konnte in den Konsultationsgesprächen niemand benennen. Auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre ­besteht dahingehend Einigkeit, dass die Kirchlichen Verwaltungsämter derzeit dazu nicht in der Lage sind. 

Hinzukommt, dass der beabsichtigte Umstrukturierungsprozess viel Unruhe in die ­Gemeinden bringen und ohne eine vorhandene Logistik nicht zu bewältigen sein wird. Daraus entstehen unter anderem zusätzliche Kosten, zum Beispiel für die Umschreibungen in den Grundbüchern. Es ist offen, wer dafür aufkommen wird.

Meine Hauptbedenken liegen aber nicht in den Unklarheiten und bislang unberücksichtigten Aspekten des Gesetzes; vielmehr ­befürchte ich die Folgen des Gesetzes. Mit der Bildung immer größerer Strukturen, wie das in der Vergangenheit bei der Übertragung ­vakanter Kirchengemeinden geschehen ist, nimmt unvermeidlich die Präsenz der Kirche, insbesondere im ländlichen Raum, ab. Das hat zur Folge, dass Kirche vor Ort immer weniger wahrgenommen und für die Menschen belanglos wird. Diese Konsequenz kann doch nicht gewollt sein! Notwendig wäre eine Personal­offensive auf der Gemeindeebene!

Dietmar Bleyl ist Vorsitzender des Gemeindekirchenrates der Gesamtkirchengemeinde Alt-Töplitz. 

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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