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Jede*r muss etwas tun

Der Israelsonntag, in diesem Jahr der 16. August, thematisiert das Verhältnis von Juden und Christen. Wie erlebt eine junge Rabbinatsstudentin jüdisches Leben in Deutschland heute und was wünscht sie sich von Christ*innen und Kirchen?

Helene Shani Braun, Rabbinerin, Jüdin
Foto: https://www.instagram.com/leni_bwn/

Von Helene Shani Braun

Wenn ich von meinem Studium und meinem Berufsziel Rabbinerin erzähle, treffe ich auf jüdischer ebenso wie auf christlicher Seite oft auf irritierte Gesichter, viele Fragezeichen und Ahnungslosigkeit. Vielen sind Rabbiner als ältere Herren mit langem Bart bekannt, aber eine Frau in diesem geistlichen Amt? Viele wissen nicht, dass die Wurzeln von Frauen im Rabbinat in Deutschland liegen. Denn die weltweit erste Rabbinerin war die Berlinerin Regina Jonas. Jonas wurde bereits 1935 ordiniert – also lange bevor die erste Pastorin einer evangelisch-lutherischen Kirche in Deutschland ordiniert wurde. Heute gibt es in aller Welt über 1000 Rabbinerinnen und ich bin voller Vorfreude mich eines Tages zu dieser Gruppe zählen zu dürfen.

Mir selbst ist die jüdische Vielfalt sehr wichtig und ich selber trage gerne dazu bei, diese auch zu vermitteln, denn genauso wie es nicht nur die eine Kirchen gibt, so ist auch das Judentum facettenreich. Das liberale Judentum ist ­offen für den Dialog. Seit diesem Jahr engagiere ich mich im interreligiösen Dialog, etwa in der Reihe „Unterwegs an Orten des Gebets“, in der es um die Begegnung zwischen den drei Weltreligionen geht.

 Innerhalb der jüdischen Gemeinde wünsche ich mir, dass auch die große Anzahl junger Jüd*innen wahrgenommen wird, die sich ­außerhalb der Gemeindestrukturen organisieren. Gerade in Berlin gibt es zahlreiche jüdische Organisationen und Vereine. Das ist wunderbar, denn genau hier können wir anknüpfen und mehr an einem ­Dialog und Austausch zur „nicht ­jüdischen Außenwelt“ arbeiten. 

 Ein Problem, das allerdings wie ein Dorn im Fleisch des interreligiösen Dialogs zwischen Christen und Juden steckt, ist der Antijudaismus/Antisemitismus. Ich finde es schrecklich, dass der fast zwei Jahrtausende alte, religiös begründete Antijudaismus der Kirchen bis heute vorhanden ist. So wird noch heute von „Pharisäern“ oder von einem „Judas“ gesprochen und es werden antijüdische Klischees ­bedient. Auch Redewendungen wie „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ sind immer noch gängig und vermitteln ein falsches Bild.

 Auch der moderne Antisemitismus ist nach wie vor ein wichtiges Thema. Muss erst ein Anschlag wie in Halle geschehen, damit der Staat reagiert? Und es reicht auch nicht, dass nur der Staat handelt, sondern jede*r muss etwas tun. Doch häufig erlebe ich nur Gleichgültigkeit. ­Jüdisches Leben sollte sichtbar sein und es sollte nicht nur an Antisemitismus gedacht werden, wenn von jüdischen Menschen gesprochen wird. Auf der anderen Seite sollte diese Feindschaft allerdings auch keinesfalls vergessen, sondern stets als Problem wahrgenommen ­werden.

Wir alle sollten die Vielfalt als etwas Positives sehen. Denn uns alle, gläubig oder nicht, eint doch, dass für uns die Würde des Menschen unantastbar ist. 

 Ich möchte nicht, dass die Religionen nur verglichen werden und Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Glauben aufgezeigt werden. Ich wünsche mir, dass das Mitein­ander über einen Austausch hinaus geht. Ich wünsche mir, dass alle jüdischen Menschen in Deutschland das ­Gefühl haben, dass die Kirche, die gesamte christliche Glaubens­gemeinschaft, hinter ihnen steht. Ob wir auf ­einem guten Weg sind, bin ich mir noch nicht sicher, es gibt in ­jedem Fall noch einiges zu tun!

Helene Shani Braun (23), lebt seit zwei Jahren in Berlin. Sie studiert jüdische Theologie und ist Rabbinatsstudentin am Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam. Neben dem Studium engagiert sie sich in der ­Liberalen Jugendbewegung Netzer Germany und dem queer-jüdischen Verein Keshet Deutschland.

Kontak per Instagram: @leni_bwn

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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