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Kirche wieder anders

Am 5. Februar feiern deutschlandweit Christinnen und Christen den Kirchentagssonntag. Auch in unserer Region beteiligen sich Gemeinden, um sich auf den Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg im Juni einzustimmen. Was sie dafür planen und wie sich Initiativen, Kirchengemeinden und Teilnehmende aktuell auf den Kirchentag vorbereiten

1000 bemalte Bibeln als „Glaubenssteine“: Auf dem Dortmunder Kirchentag 2019 setzten die Künstlerin Barbara Gerasch und der Berliner Gemeindepädagoge Friedrich Böhme die Vision eines „Raumes der Tausend Antworten“ in der Container-Kiez-Kirche der Evangelischen Jugend um. Menschen sprachen dabei über ihre Lieblings-Bibelstelle. Foto: Uwe Baumann

Von Constance Bürger

Berlin. Für Helen Karzek ist es selbstverständlich, dass sie für ihre Kirchengemeinde zum Kirchentagssonntag am 5. Februar den ­Gottesdienst mit vorbereitet. Seit Kindheitstagen ist die 61-Jährige Kirchentagsfan. Der Gottesdienst zum ­Thema „umgekehrt“ in der ­­Paul-Schneider-Kirche in Berlin-Lankwitz orientiert sich am ­Gottesdienstentwurf des Deutschen Evange­lischen Kirchen­tages (DEKT) für den Kirchentagssonntag – und der ist originell. 

Alle Besucher*innen dürfen ­offiziell ihr Smartphone aus der ­Tasche holen, um die Foto-App zu nutzen. Im­­ ­Selfiemodus sollen sie sich selbst betrachten. Dann soll die Kamera umgedreht werden, um die Menschen vor, hinter und neben sich zu ­betrachten: „Lasst uns ­einander ­sehen“, heißt es im ­Gottesdienstentwurf.  

Segen mit Konfetti


Ein ungewöhnliches Format – ­„Kirchentag ist eben anders“, sagt Helen Karzek. Auch für den Segen wählt das Materialheft zum Gottesdienstentwurf eine Über­raschung. „Wir werfen Konfetti nach oben. Das ist der Segen, der auf uns runter regnet“, sagt die Prädikantin. Sie hofft, dass viele der Besucher*­innen des Gottesdienstes Lust ­bekommen, vom 7. bis 11. Juni nach Nürnberg zu fahren.

Für sie ist der Kirchentag eine Art Fort­bildung. „Jedes Mal entdecke ich dort neue Formate, die ich gerne mit in unsere Gemeinde nehme“, sagt sie. „Denn Kirche muss sich ­immer wieder entwickeln.“ Für Nürnberg hat sich die Physio­therapeutin schon angemeldet. Sie freut sich, endlich wieder mit dem Caravan zu campen. Beim ­letzten Kirchentag 2021 in Frankfurt/Main war das corona­bedingt nicht möglich. Auf dem Campingplatz genießt Karzek schon morgens das Mit­einander. 

Deutschlandweit laden am 5. Februar unter dem Motto „um­gekehrt“ Kirchengemeinden zum Gottesdienst am Kirchentagssonntag ein. Er­ ­findet alljährlich am ­liturgischen Sonntag ­Septuagesimä statt und soll neugierig ­machen auf Losung und Miteinander des ­Kirchentages. Das ist auch Ziel des Landesausschusses Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz des DEKT, die Jugendarbeit der Landeskirche und des Diözesan­rates der Katholik*innen: Sie laden am 5. Februar zu einem ökumenischen ­Kirchentagssonntagsgottesdienst in die Gethsemanekirche in Berlin-Prenzlauer Berg ein. Die Besucher*-innen werden einen Teil des Jugenprojektes der Evange­lischen Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EJBO) für Nürnberg ­kennenlernen. 

Katalysator für die Jugendarbeit


Ihre Projekte haben auf Kirchen­tagen eine gewisse Tradition – und Prominenz: In der Gerüst­kirche, ­einer offenen Stahlkonstruktion mit acht Meter hohem Turm, ­feierten die Jugendlichen ­ihren Glauben 2017 in Berlin. In Dortmund 2019 beteiligten sie sich im Zentrum Jugend mit einer beeindruckenden Kirchenkonstruktion aus 27 Containern. „Von den Jugend­lichen gab es wieder ein breites ­Votum, sich erneut einzubringen“, sagt Tobias Kummetat. 

Er ist Referent für kulturelle ­Jugendbildung im Amt für kirch­liche Dienste in Berlin und gehört zur Steuerungsgruppe Kirchentag der EJBO. ­Gemeinsam mit Landes­jugendpfarrerin Julia Daser ­koor­diniert er das Programm des Projektes. 

Unter dem Titel „Zeit_Räume“ wird es in Nürnberg – analog zur ­Kirchentagslosung „Jetzt ist die Zeit“ (Markus 1,15) – um das Thema Zeit gehen. Ohne Container geht es auch dieses Mal nicht: Im Zentrum Jugend werden 4 Seecontainer so aufgestellt, als wären sie eine Uhr. In den Containern sowie dazwischen wird es Workshops, Theaterper­formances und auch wieder den ­beliebten ­DJ-­Segen am Abend geben. 

Sechs Kirchenkreise bereiten das Programm mit ihren Jugendlichen vor, etwa 110 von ihnen werden vor Ort mit­wirken. „Es ist toll, dass sich wieder so viele Kirchenkreise beteiligen“, sagt Kummetat. Dies sei ein Katalysator für die weitere ­Jugendarbeit in der Landeskirche. 

Mitfinanziert wird das Jugend­­-projekt vom Landesausschuss ­Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz des DEKT. Er ist hier ­Ansprechpartner und Anlaufstelle für alle Kirchentagsinteressierten und hält den Kontakt zwischen der DEKT-Leitstelle in Fulda und unserer Region. Sein Vorsitzender, der Berliner Andreas Günther, hat in den vergangenen Monaten schon drei Mal Nürnberg besucht, unter anderem um die Veranstaltungs­orte zu ­besichtigen. „Die freuen sich auf uns, dort gibt es eine positive Grundstimmung“, sagt Günther, der auch zur Präsidialversammlung des DEKT gehört. 

Für die Tage im Juni hofft der ­­Kita-Leiter, „dass da auch mal wieder eine echte Zeitansage ­möglich ist“. Als Mitglied in der DEKT-­Auswahlkommission für den ­Bereich Kabarett ist Günther auch mit­verantwortlich für das ­Kultur-programm. Darauf freuen sich schon jetzt Klaus Feldtkeller aus Nuthethal südlich von Berlin und seine Bekannte Sabine Behrendt aus Berlin. Seit 2003 nehmen sie ­gemeinsam am Kirchentag teil – für Sabine ­Behrendt, die eine mehrfache Behinderung hat, wäre das sonst nicht möglich. 

Im Rollstuhl in der ersten Reihe 


Während des Kirchentages ­werden die beiden wie immer in ­einer ­Sammelunterkunft mit anderen Rollstuhlfahrer*innen übernachten – zumeist sind das Schulen für ­körperbehinderte Menschen. ­Jeder Einzelne erhält ein eigenes Klassen­zimmer. Der Kirchentag organisiert ein ­Pflegebett. „Es wird einiges in ­Bewegung gesetzt, damit Rollstuhlfahrer, die auf Hilfe angewiesen sind, teilnehmen können“, sagt Klaus Feldtkeller. Der Kirchentag sei für Sabine Behrendt die einzige Möglichkeit, an einer so vielfältigen Großveranstaltung teilzunehmen – und das zumeist in der ersten Reihe. 

Einmal monatlich besucht er ­Sabine Behrendt. Bald können sie gemeinsam das Kirchentags­programm studieren - am 16. März soll es veröffentlicht werden. Neben Musicals, Konzerten und Theatervorstellungen besuchen sie regelmäßig den Markt der Möglich­keiten. Dort präsentieren sich ­verschiedene kirchliche und diakonische ­Initiativen und Projekte. 

Informieren und vernetzen 


Vielleicht treffen die beiden dort auf Juliane Peschel-­Paetzold. Sie ist Koordinatorin für kirchliche Nachhaltigkeitsarbeit in der Kommunalen Ökumene ­Treptow-Köpenick aus Berlin. Sie wird für die Initiative auf einem ­Gemeinschaftsstand ­dabei sein, den sie ­derzeit mit vier Vertreter*innen des Ökumenischen Netzwerkes für Klimagerechtigkeit und den „Christen für eine gerechte Wirtschaftsförderung“ vorbereitet. Auf dem Stand werden sie ökumenisch für Klimagerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Klimawandel werben. 

Auf dem Markt der Möglich­keiten könne man „ungezwungen mit Menschen ins Gespräch ­kommen“, so Peschel-Paetzold. Die Atmosphäre sei offen und zugewandt. So ergebe sich die Chance, ihr Projekt vorzustellen und neue Kontakte zu knüpfen. Die Kommunale Ökumene Treptow-Köpenick  vernetzt 27 christliche Gemeinschaften in dem Berliner Bezirk mit der Kommune und der Zivilgesellschaft, um Klimagerechtigkeit voranzubringen. Treptow-Köpenick ist der erste Bezirk mit einer Nachhaltigkeitsstrategie in Berlin.

Coronabedingt ist der Kirchentag in Nürnberg der erste evange­lische für Peschel-Paetzold, den sie als Mitarbeiterin der Kommunalen Ökumene miterleben wird. Privat hat sie schon als Konfirmandin ­Kirchentage besucht. „Ich habe sie immer als sehr große Bereicherung und als Impulse für meine Arbeit und Leben als Christin gesehen“, sagt sie.  „Auf dem Kirchentag hat sich Kirche für mich auch oftmals ganz anders dargestellt, viel lebendiger als im Alltag.“

Gottesdienste zum Kirchentagssonntag am 5. Februar

10 Uhr, Dom St. Marien, Fürstenwalde 

10 Uhr, Dorfkirche Friedrichsfelde, Berlin-Lichtenberg

11 Uhr, Melanchthon-Kirche, Berlin-Kreuzberg

11 Uhr, Paul-Schneider-Kirche, Berlin-Lankwitz (Familiengottesdienst)

17 Uhr, Gethsemanekirche, Berlin-Prenzlauer Berg (ökumenisch)

                                  

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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