Kirchenkunst entdecken in Brandenburg und der schlesischen Oberlausitz.
Diese Woche: „Artist in Residence“ am Brandenburger Dom
Von Hannes Langbein
Der Dom zu Brandenburg an der Havel ist eigentlich immer eine Reise wert – besonders aber im Sommer: Da ist der imposante Kirchenbau, ehemalige Bischofskirche, „Wiege der Mark Brandenburg“, inmitten der Havel. Da ist der idyllische Burghof, die Schätze des Dommuseums mit seiner aktuellen Mitmach-Ausstellung „Hands On“, ein Café zum Einkehren – und seit vergangenem Jahr auch ein Hotel.
Beste Urlaubsbedingungen also. Und beste Arbeitsbedingungen. Denn seit nunmehr vier Jahren lädt das Domstift in Kooperation mit der landeskirchlichen Kulturstiftung St. Matthäus alle zwei Jahre junge Absolvent*innen der renommierten Kunsthochschule Braunschweig nach Brandenburg, um dort im Rahmen eines „Artist-in-Residence“-Programms als „Künstler*in am Dom“ zu arbeiten: Drei Sommermonate leben und arbeiten die Künstler*-innen am Dom, beschäftigen sich mit Geschichte und Gegenwart des Areals und präsentieren im Herbst eine Ausstellung.
In diesem Jahr ist es die Hannoveraner Künstlerin Ivana Rohr, die vor wenigen Wochen eingetroffen ist. Sie stellt ihre Arbeit unter das Thema „Zweifel“: Was geschieht, wenn Menschen aus welchen Gründen auch immer beginnen, an ihren Vorbildern und Idolen zu zweifeln? Das Thema ist so komplex wie existenziell: Denn beinahe in allen Lebensbereichen geschieht es, dass Menschen Vorbilder haben, diese irgendwann fragwürdig werden und diese dann als Vorbilder hinterfragen.
In ihren dunkelsten Abgründen kennen wir die Frage mit Blick auf Missbrauchsfälle in kirchlicher Obhut, aber auch mit Blick auf Künstler wie Peter Handke – Literaturnobelpreisträger mit Sympathien für einen Kriegsverbrecher. Auch im Kleinen – mit Blick auf Eltern und Lehrer*innen – können Vorbilder erodieren. Was geschieht, wenn die Fassade unserer Vorbilder zu bröckeln beginnt?
Ivana Rohr wird im Rahmen ihrer Zeit am Dom neben der Vorbereitung ihrer Ausstellung auch mit Schüler*innen der Kunstklasse des Domgymnasiums in Brandenburg arbeiten. Nicht zuletzt stellt sich für sie die Frage nach ihren eigenen Vorbildern, auch und besonders nach den religiösen.
Pfarrer Hannes Langbein ist Direktor der Stiftung St. Matthäus.