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Missionare brachten das Kreuz und nahmen Kunst mit

Berliner Missionswerk fördert den kritischen Blick auf seine Geschichte

Bénédicte Savoy bei Ihrem Vortrag zum Jubiläum des Berliner Missionswerks im Evangelischen Zentrum in Berlin-Friedrichshain. „Missions- und Kolonialgeschichte sind miteinander verflochten“, sagt Professorin Savoy.Foto: Gerd Herzog

Am 29. Februar 1824, vor 200 Jahren, wurde die Berliner Mission ­gegründet. Aus diesem Anlass hielt die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy am 29. Februar bei einer ­öffentlichen Veranstaltung im ­Evangelischen Zentrum einen Vortrag zum Thema „Trophäen des ­Glaubens". Auch Berliner zogen im 19. Jahrhundert in weite Teile der Welt. Was heißt das für die heutige Erinnerungskultur der Berliner Mission und darüber hinaus?

Von Gerd Herzog

„Man wird größer, wenn man schwierige Themen anpackt“, eröffnete Bénédicte Savoy ihren inspirierenden Vortrag („Thropäen des Glaubens“) anlässlich des 200. Jubiläums der Berliner Mission. Savoy gilt seit langem als kritische Stimme im Gespräch über die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit. Vor einigen Jahren hatte ihr Expertenbericht zur kolonialen Raubkunst in Frankreich für Aufsehen gesorgt. Jubiläen neigen dazu, Momente der unkritischen Selbstfeier zu sein, „umso bemerkenswerter finde ich es, zu diesem Anlass ­sprechen zu dürfen“. Den Abend eröffnet hatte Missionswerk-Direktor Christof Theilemann mit einer ­kurzen Andacht.

Hundert Gäste waren der Ein­ladung ins Evangelische Zentrum gefolgt, um Savoys Ausführungen zu lauschen und den Gründungstag der Berliner Mission zu begehen. Am 29. Februar 1824, auf den Tag genau vor 200 Jahren, kamen einige wenige Männer in einer Wohnung am Berliner Holzmarkt zusammen, um die Berliner Mission ins Leben zu rufen. Sie folgten dem Zeitgeist, der auf ein weltweites Verbreiten des Evangeliums drängte. Und das lange bevor das Deutsche Kaiserreich selbst Kolonialmacht wurde und der Siegeszug des Imperialismus im späten 19. Jahrhundert die Missionare vor gänzlich neue Herausforderungen stellte.

Mehrheit afrikanischer Kulturschätze in Europa


Bénédicte Savoy hat sich über Jahre als eine maßgebliche Stimme in den Debatten um die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit, die Rückführung kulturellen Erbes Afrikas und die Restitution etabliert. Ein bedrückender Fakt sei, so Savoy, dass der überwiegende Teil der Kulturschätze der 56 afrikanischen Staaten in europäischen Museen beherbergt werde, „und dabei spielten auch Missionare eine ­Rolle“. Durch ihre Nähe zu den Menschen erwiesen sie sich oft als die aufmerksameren Ethnografen, Historiker und Wissenschaftler. „Sie brachten, gemäß ihrem Selbstverständnis, das Licht und das Kreuz nach Afrika und nahmen Objekte mit“, erläuterte Savoy. Die Objekte, die von den Missionaren in ihre Heimatländer gesandt wurden, sollten ursprünglich den Erfolg ­ihrer Arbeit unter Beweis stellen. Während die Motivation anfangs vorrangig religiös-theologisch war, dienten die Objekte später auch der Spendensammlung. Schließlich wurden sie verkauft, als auf dem Kunstmarkt hohe Preise für „exotische“ Objekte erzielt wurden. Savoy zeichnete nach, wie sich die Motive verbanden und in welchem Umfang sakrale Gegenstände und Herrschaftsinsignien nach Europa gelangten: „Man hat den Menschen ihre kulturellen Grundlagen ent­zogen.“

„Radikale Transparenz“


Savoy gelang es, das Publikum in ihren Bann zu ziehen, was auch in der Diskussion ihres Vortrags deutlich wurde, zu der Theilemann die Gäste einlud. Auf die Frage, was sie sich von den heutigen Missions­werken wünsche, antwortete Savoy:  „Radikale Transparenz“, Transkriptionen von Handschriften und digitale Foto-Archive, kurz: „Erreichbarkeit sicherstellen“. Denn die kostbaren Archive der Missionswerke seien eine wichtige Ergänzung zu den politischen Archiven, betonte sie und forderte, diese für Menschen in den ehemaligen Kolonien zugänglich zu machen. Auch dem Hinweis, dass Christen in afrikanischen Partnerkirchen, den ehemaligen Missionskirchen, den Kampf gegen den ­Glauben an Magie und Hexerei unterstützen, wich sie nicht aus. „Das ist das Gespräch der Menschen vor Ort; dafür fehlt häufig der Raum. Die Kirche könnte solche Räume schaffen!“ Es gebe viele verschiedene Meinungen, sowohl hier im Raum als auch in den afrikanischen Staaten: „Es gibt viel zu diskutieren!“

Zur Person

Bénédicte Savoy ist Professorin für Kunstgeschichte der Moderne an der Technischen Universität Berlin, zuvor war sie Professorin für die Kulturgeschichte des europäischen Kunsterbes des 18. bis 20. Jahrhunderts am Pariser Collège de France. Als Expertin für „Translokationen“ von Kunstwerken erarbeitete sie 2018 einen Bericht über die Restitution afrikanischer Kulturgüter für den französischen Staats-präsidenten Emmanuel Macron. 

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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