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Muezzinruf und Glockenläuten

Seit Moscheen und Kirchen wegen der Pandemie geschlossen wurden, sind als Zeichen der Solidarität Glocken zu hören – und an vielen Orten auch erstmals Muezzinrufe.

Die Salimya-Moschee der DITIB in Göttingen. Foto: Thomas Robb/epd

Von Judith Kubitscheck (epd)

"Allahu Akbar"  Gott ist am größten  so lautet der Beginn des islamischen Gebetsrufes. Seit wegen der Corona-Pandemie Kirchen und Moscheen geschlossen wurden, ist er an zahlreichen Orten Deutschlands zu hören. Die Duisburger Zentralmoschee der Türkisch-Islamischen Union (Ditib) war wohl bundesweit die erste, die im März den Gebetsruf hören ließ.

Ermuntert von den benachbarten Kirchen sei er nun täglich um 19 Uhr gemeinsam mit dem Läuten der Glocken als Zeichen der Solidarität zu hören, sagt Hülya Ceylan, Vorsitzende des Ditib-Landesverbandes in Nordrhein-Westfalen. Hannover, Dortmund und Wuppertal mit alleine 18 Moscheevereinen, München und zahlreiche andere Orte folgten dem Beispiel. Manche ließen den Muezzinruf speziell für den islamischen Fastenmonat Ramadan zu.

Mit den Anfragen für den islamischen Gebetsruf gehen Städte und Kommunen unterschiedlich um: Köln gewährt der Ditib-Zentralmoschee und anderen Moscheen den Gebetsruf. Bremerhaven und das hessische Haiger beispielsweise nicht. Dort kam es zu einer Facebook-Debatte zwischen der dortigen CDU und dem Ausländerbeirat.

"Gleiches Recht"

Auch die Stadt Mannheim lehnte die Bitte von islamischen Gemeinden nach einem Gebetsruf vom Minarett der Yavuz-Sultan-Selim-Moschee ab. Es brauche zuerst eine öffentliche Diskussion zum Gebetsruf, erklärte der Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD).

Dies sieht die evangelische Pfarrerin Ilka Sobottke, Vorsitzende der Christlich Islamischen Gesellschaft Mannheim e.V. und "Wort zum Sonntag"-Sprecherin anders: "Es gibt keine rechtliche Grundlage dafür, dass wir diesen Ruf nicht schon längst hören." Muslime hätten das gleiche Recht, diesen Ruf erklingen zu lassen, wie Christen das Recht hätten, die Glocken zu läuten.

Rechtlich gesehen ist ein Muezzinruf per Lautsprecher prinzipiell erlaubt. Allerdings muss man im Einzelfall verschiedene Grundrechte und Interessen abwägen, erklärt der Erlanger Rechtsprofessor Mathias Rohe. Im Einzelfall müssten die Grundrechte wie Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und auch negative Religionsfreiheit  also das Recht, nicht mit Religion konfrontiert zu werden  gegeneinander abgewägt werden, sagt der Experte für Islamisches Recht.

Wenn die Muezzins die Gläubigen zum Gebet aufrufen, zitieren sie unter anderem das islamische Glaubensbekenntnis, in dem es heißt: "Ich bezeuge, es gibt keine Gottheit außer Allah und Muhammad ist sein Gesandter." Es geht also auch um die Frage, ob von der nichtmuslimischen Mehrheitsgesellschaft in einer pluralen Gesellschaft verlangt werden kann, eine solche Glaubensbekundung "auszuhalten" oder nicht.

Zeichen der Solidarität

In Deutschland wird meist im Inneren der Moschee in Zimmerlautstärke zum Gebet gerufen. Nach einer erfolgreichen Klage im Jahr 1985 war die Fatih-Moschee im nordrhein-westfälischen Düren die erste in der Bundesrepublik, in der ein Muezzin dreimal täglich per Lautsprecher zum Gebet auffordern kann. Mittlerweile ist der lautsprecherverstärkte Gebetsruf an mindestens 30 Moscheen bundesweit eingeführt.

Immer wieder wird von muslimischer Seite betont, dass der Gebetsruf erschallt, um in der herausfordernden Zeit ein gesellschaftliches Zeichen der Solidarität zu setzen. Doch nicht überall scheint angekommen sein, dass es sich bei dem Gebetsruf oft verbunden mit gemeinsamen Glockengeläut um eine christlich-muslimische Solidaritätsaktion handeln soll  für manche Muslime scheint der laut vernehmbare Ruf eher ein Triumph für ihre Religion zu sein.

So finden sich beispielsweise unter einem Youtube-Video, das bereits mehr als 276.000 Aufrufe hat und den ersten Gebetsruf vom Minarett der Zentralmoschee in Duisburg-Marxloh festgehalten hat, mehr als 1.500 Kommentare  darunter zahlreiche Stimmen, die Gott für den Gebetsruf preisen. Ein Benutzer unter dem Pseudonym "Great Expectations" schreibt auf Türkisch, er hoffe, dass sich Deutschland zum Islam bekehrt. Dafür erhält er mehr als 150 Likes.

Friedemann Eißler von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (Berlin) hofft auch auf eine breite gesellschaftliche Debatte. Solche Entscheidungen sollten vielleicht nicht im Windschatten der Krise getroffen werden, meint er.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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