Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Inhalt springen
RSSPrint

Post aus dem Sprengelkiez

Foto: Sterzik

Von Sibylle Sterzik

Sonntag für Sonntag sitzt die Lehrerin im Ruhestand pünktlich zu Gottesdienstbeginn auf ihrem Stammplatzstuhl. Letzte Reihe links. Epistelseite. Fehlt sie, ist was. Aber das kommt so gut wie nie vor. Hat sie Kirchdienst, begrüßt sie Gottesdienstbesucher, mal einen kessen Spruch auf den Lippen, mal etwas zum Trösten. Nimmt sofort auf, wie es jemandem geht. Und drückt allen das Gesangbuch in die Hand. 

Der Seniorinnenkreis ist ihr Herzenssache. Ihr Telefon steht deshalb nicht still in Corona-Zeiten, in denen sich der Kreis nicht treffen kann. 

Sie ruft an, wen sie an den Hörer ­bekommt, vor allem die, die weder Smartphone noch E-Mail haben. Hört zu, tröstet, heitert auf mit einem Witz. „Wilde Hummel“ soll sie schon früher genannt worden sein. 

Zum Frauenkreis kommt sie, im normalen Leben, auch wenn das einmal im Monat ihren schön geord­neten Tageslauf aufwirbelt. Struktur muss sein für die frühere Pfarrfrau preußischen Einschlags. 12 Uhr gibts Mittag. Trifft sich jetzt der Frauenkreis per Telefonkonferenz, drückt sie die Tasten am Klavier. Alle lauschen, manche singen mit, keiner hält das Tempo. Nur die Klavierspielerin. 

„Auf welcher Hausseite hat deine Mutter ein Fenster, zur Straße oder zum Hof?“ Ruth Kohlhoffs Tochter Christiane versteht es gleich richtig. Mutters 90. Geburtstag stand am 22. April an. Groß feiern? Da ist ­Corona vor. Also Geburtstag unterm Balkon. Der GKR-Vorsitzende bringt sein Bingo-Equipment mit, zwei große schwarze Lautsprecher, ein Verstärker. Der Pfarrer holt Mikrofone aus der Kirche und Gesang­bücher. Woher Strom nehmen? Der Rechtsanwalt gegenüber hängt am Telefon, hat keine Zeit. Aber der nette Nachbar in ihrem Haus vom Balkon darunter schmeißt das Verlängerungskabel über die Brüstung. 

Die Tochter ruft oben an, die ­Enkelin Steffi führt Großmutter ans Balkonfenster. Unten stehen fast ein Dutzend Gemeindeglieder der Osterkirche. Die „Meistersinger von Wedding“, wie jemand sagt, singen ihr „Wie schön, dass Du geboren bist, wir hätten Dich sonst sehr vermisst“ und „Großer Gott, wir loben dich“. Oben am Fenster ist eine sprachlos, die das nie ist. Überraschung gelungen. „Die Kaiserin vom Weddingkiez  schaut gütig auf ihr singendes Volk hinunter“, wird später das Video kommentiert. Anne, eine Freundin des Hauses, hat gefilmt. Ringsrum gehen Fenster auf. Glückwünsche und Applaus fliegen über die Sprengelstraße. Radfahrer und Passanten stoppen, lauschen, winken nach oben. Von dort schaut die Jubilarin fassungslos hinunter. Fenstergucken statt Käsekuchen.

Artikelkommentar

Artikelkommentar
captcha
Bitte tragen Sie das Ergebnis der Rechenaufgabe in das Feld ein.
Hinweis: Die von Ihnen ausgefüllten Formulardaten werden lediglich für die Zwecke des Formulars genutzt. Eine andere Verwendung oder Weitergabe an Dritte erfolgt nicht.

Artikelkommentare

(3) Artikel Name Ihr Kommentar
1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

Hier gelangen Sie zur Übersicht über alle Kommentare.