Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Inhalt springen
RSSPrint

Seelsorgerin und Ratgeberin

16 Jahre lang war Heilgard Asmus Generalsuperintendentin in den Sprengeln Cottbus und Potsdam. Am Samstag wird die Kirchen-Allrounderin und Vorreiterin für Frauen in der Kirchenleitung aus ihrem Amt verabschiedet. Doch das bedeutet für sie nicht, die Füße hochzulegen. Klaus Büstrin wirft einen Blick zurück und einen nach vorn.

Heilgard Asmus Potsdam Cottbus
Foto: epd

Von Klaus Büstrin

Es sind Erlebnisse der besonderen Art, wenn Heilgard Asmus die Fenster ihrer Wohnung in Brandenburg an der Havel öffnet, ob zum Auftakt des Abends um 18 Uhr oder morgens um sieben Uhr: Das vielstimmige Geläut von drei imposanten Backsteinkirchen klingt kraftvoll über der Stadt. Für sie ist der eindrucksvolle Glockenklang ein Ruf zur Sammlung, zur Stille und zur Hoffnung. „Seit 1987 ist es mir gut vertraut. Damals kam ich als Gemeindepfarrerin an die St. Gotthardtkirche hier in Brandenburg. Zwölf Jahre war ich dort. Mit großer Freude. Es war eine spannungsreiche politische Zeit, denn ich konnte als Gemeindepfarrerin viel lernen“, erzählt Heilgard Asmus, die sich nun vom Amt der Generalsuperintendentin des Sprengels Potsdam verabschiedet.

Viele Themen stehen beim Gespräch auf dem Programm, zu viele, um sie alle tiefgründig behandeln zu können. Schnell kommt sie auf die Ereignisse im Herbst 1989 in der einstigen DDR und vornehmlich in der Havelstadt Brandenburg zu sprechen. „Am 7. Oktober jenes Jahres luden wir zu einem Gebet für unser Land in die Auferstehungs­kirche ein, natürlich beäugt von der Staatssicherheit.“ Über ihre Erinnerung an die Tage kurz vor dem ­Mauerfall sprach Heilgard Asmus auch in einer Predigt am 3. November des vergangenen Jahres im Stadtteil Kirchmöser West: „Vielen wurde gedroht. Doch die Hoffnung wurde stärker, dass Drohung und Unterdrückung nicht das Letzte seien. Menschen wuchsen über sich hinaus. Kirchen waren überfüllt und endlich, endlich offen für alle. Wut haben wir ins Gebet genommen. Und Aussichtslosigkeit, Fragen und immer wieder Hoffnung wurden zu einem alles verändernden Anfang.“

Gewohntes durchbrechen, Bekanntes neu sehen

Seit Beginn ihres Pfarrdienstes stand das Thema Kirche und Gesellschaft im Fokus. Auch als Generalsuperintendentin. Ob im Sprengel Cottbus oder Potsdam: Es war ihr wichtig, dass Glaubensthemen mit Lebensthemen verschränkt werden, dass sie an die Öffentlichkeit gelangen und dass man über sie sachorientiert spricht. „Hören auf das, was die Menschen um uns herum bewegt, auch über den nahen Kirchturm hinaus: ihre Sorgen, Nöte und Freuden“, sagt Heilgard Asmus. Auch deswegen hat sie bereits 2008 in Cottbus öffentlich gefordert, keine Kohle mehr abzubauen, wo Menschen leben. Sie betonte in ihrer Amtszeit immer wieder, dass wir da, wo wir uns gut eingerichtet haben, das Gewohnte und Gewöhnliche durchbrechen, das Bekannte und die lang Bekannten in aller Freiheit neu sehen und spüren, natürlich dort, wo Hilfe nötig ist: Kirche als Salz und Licht in der Welt. 

Wenn man die Biografie der Generalsuperintendentin liest, erfährt man, dass sie mit der Kirche und ihren Ritualen von Kindheit an vertraut ist, schließlich stammt sie aus einem Pfarrerhaushalt Zwar waren ihr als Pfarrerskind zu DDR-Zeiten ein bestimmtes Maß an innerer Freiheit und Unabhängigkeit gegeben, doch auch politische Konflikte blieben nicht aus. Theologie hätte sie gern studiert. Doch der Besuch der Erweiterten Oberschule wurde der Tochter eines Pfarrers trotz guter Zeugnisse verwehrt. Nach einer Berufsausbildung mit Abitur konnte sie schließlich an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena das Theologie­studium aufnehmen. 

Ihr pfarramtliches Berufsleben begann in Brandenburg an der Havel, als Vikarin an der Auferstehungskirche. Dann folgte eine halbe Pfarrstelle an St. Gotthardt, die anderen 50 Prozent gehörten der Krankenhausseelsorge, zu der sie die Ausbildung absolvierte. „Die Arbeit in der Klinik war für mich eine großartige und bewegende Erfahrung, denn man kommt als Seelsorgerin den Menschen kaum so nah in ihren Sorgen und Fragen, ihren Ängsten und Hoffnungen wie bei einem stationären Klinikaufenthalt und kann mit ihnen Mut und Zuversicht suchen“, sagt sie rückblickend. 

Vorgängerin und Vorreiterin für Frauen in Leitung

Heilgard Asmus übernahm im Jahr 1999 das Pastoralkolleg im Amt für kirchliche Dienste, das sich in den Räumen des Brandenburger Domstifts befindet. Die Fortbildungs­einrichtung der Landeskirche stellt das Vermitteln und das Reflektieren von praktischer Theologie und kirchlicher Praxis für angehende Pfarrerinnen und Pfarrern in den Fokus. Eine Arbeit, die ihr sehr am Herzen lag. Sie war die erste Frau, die das Kolleg leitete, auch im Amt der Generalsuperintendentin zunächst im Juni 2004 für fast sechs Jahre im Sprengel Cottbus und ab 2010 im Sprengel Potsdam. „Ich bin überzeugt, dass es wichtig ist, in bestimmten Ebenen der Kirche manchmal Frauen stärker in den Blick zu nehmen als Männer – zum Beispiel im Superintendenten-Amt. Auf meinen Listen in den Findungskommissionen stehen in der Regel nur Frauennamen, weil ich weiß, wie schwierig es ist, überhaupt Frauen zu begeistern, und weil ich weiß, dass alle anderen Männernamen auf ihren Listen haben. Gemeindearbeit wird klassischerweise von vielen Frauen getragen, bei den GKR-Vorsitzenden sinkt die Zahl der Frauen dann etwas.“ So sagte Heilgard Asmus in einem Interview, das sie 2016 anlässlich einer Ausstellung zur Frauen­ordination gab. 

Das Amt der Generalsuperintendentin oder des Generalsuperintendenten ist vielschichtig. Es ist kein Job, der nach Feierabend beendet ist. Als Seelsorgerin und Ratgeberin für die Pfarrerinnen und Pfarrer, für kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, als Gesprächspartnerin für die Kirchengemeinden, für Politiker des Landes und der Kommunen muss man immer ansprechbar sein. 

Das Land Brandenburg verlieh Heilgard Asmus im Jahr 2016 den Landesverdienstorden. In der Begründung heißt es: „Heilgard Asmus ist als evangelische Theologin eine Botschafterin für Weltoffenheit und Toleranz. Als Generalsuperintendentin für den Sprengel Potsdam gelang es durch ihre ausgleichende und versöhnende Art, selbst schwierige Konflikte beizulegen.“ Als Vorstandsvorsitzende des Aktionsbündnisses gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit (bis 2014) hat sie besonderen Respekt und Anerkennung auch außerhalb der Landeskirche erfahren. In einer Broschüre des Aktionsbündnisses setzte sie sich mit den rechten Aufmärschen und demokratischen Protesten im Land Brandenburg auseinander. Sie ermutigt darin alle Menschen, der Ideologie des Neo­nazismus, den Hassreden gegenüber Migranten kräftig zu widersprechen. 

Sie bleibt der Landeskirche vielseitig erhalten

Als Generalsuperintendentin war sie in zahlreichen Stiftungen und Arbeitsgruppen der Kirchenleitung engagiert. Sie war an mehreren wichtigen Konzepten beteiligt, die Kirche und Gesellschaft betreffen, beispielsweise in Sachen Grundordnung der Landeskirche oder zu Flüchtlingsfragen. Auch die Generalvisitationen in den Kirchenkreisen waren ihr ein Anliegen, den mit ihnen kam sie in impulsreiche Kontakte mit den Gemeinden. Als stellvertretende Dechantin wirkte sie im Domkapitel des Domstifts Brandenburg; als Kuratoriumsvorsitzende der Hoffbauer-Stiftung bleibt sie noch ein wenig im Amt, ebenso im Kuratorium des Klosterstifts Zum Heiligen Grabe und Vorstandsmitglied der Stiftung Kirche im Dorf. 

Der Ansicht einiger, dass es beispielsweise in der EKBO viel zu wenig Pfarrer gäbe, da sie in ihrem Pfarrsprengel auf dem Land oftmals mehr als zehn Gemeinden zu betreuen haben und damit auch überfordert sind, kann die bald ehemalige Generalsuperintendentin nur beschränkt beipflichten. „Ja, wir haben zu wenig Pfarrer auf dem Land, weil es vor allem zu wenig Nachwuchs gibt. Doch ich plädiere nach wie vor dafür, dass Kirchen­gemeinden versuchen sollen, die geistliche Gestaltungskraft in den Kirchengemeinden zu stärken, Verwaltungsaufgaben sollten leichter und das Organisieren von Arbeit sinnvoller werden. Die Verkündigung des Evangeliums hat Vorrang. Dafür sind nicht nur die hauptamtlichen Pfarrer oder Gemeindepädagogen zuständig, sondern die gesamte Gemeinde.“

Heilgard Asmus geht noch nicht in den Ruhestand. Sie wird nun Aufgaben in der theologischen Erwachsenenbildung der Landeskirche übernehmen, für Haupt- und Ehrenamtliche. Ethik, Demokratie und Schöpfung werden ihre Themen bleiben – Themen, die uns alle angehen.

Gottesdienst mit Entpflichtung von Heilgard Asmus als Generalsuper­intendentin des Sprengels Potsdam am Sonntag, 23. August, 16 Uhr, in der St. Nikolaikirche Potsdam, Alter Markt.

 

Artikelkommentar

Artikelkommentar
captcha
Bitte tragen Sie das Ergebnis der Rechenaufgabe in das Feld ein.
Hinweis: Die von Ihnen ausgefüllten Formulardaten werden lediglich für die Zwecke des Formulars genutzt. Eine andere Verwendung oder Weitergabe an Dritte erfolgt nicht.

Artikelkommentare

(3) Artikel Name Ihr Kommentar
1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

Hier gelangen Sie zur Übersicht über alle Kommentare.