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"So dürfen Kinder nicht leben"

Kirchen, Sozialverbände und Parteien fordern schnelle humanitäre Lösung für Kinder aus dem Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos

Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Foto: Jörn Neumann/epd

Von Dirk Baas (epd)

Frankfurt/Main/Potsdam/epd Frierende, dreckige Kinder, umgeben von Schlamm und Müll, schauen im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos mit verheulten Augen in die Kameras. Diese Bilder kennen Zeitungsleser und Fernsehzuschauer seit Jahren. Doch die Situation in den Lagern an den EU-Außengrenzen schaffte es immer seltener in die Medien, obwohl Flüchtlingshelfer seit Jahren beklagen, dass die Zustände in den Auffanglagern immer schlechter wurden - und nun völlig zu eskalieren drohen.

Vor diesem Hintergrund mehren sich die Forderungen, dass Deutschland zumindest Kinder aus dem Lager Moria aufnimmt. Auch die brandenburgischen Städte Potsdam, Frankfurt an der Oder und Teltow haben sich zur Aufnahme bereiterklärt. Die märkische Landesregierung unterstützt sie dabei. Experten zufolge wird sich die Situation in den Lagern dramatisch verschlechtern, wenn die Türkei weiter Flüchtlinge vor allem aus Syrien ungehindert Richtung Griechenland ziehen lässt.

Seehofer: Kein deutscher Alleingang

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) lehnt eine Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge bisher ab. Zwar hat er sich dafür ausgesprochen, die Verteilung von 5.000 Kindern und Jugendlichen aus griechischen Lagern innerhalb der EU zu regeln. Doch dafür gibt es keine konkreten Zusagen. Einen deutschen Alleingang gebe es nicht, sagt der Minister.

Doch nicht nur Kirchen und Sozialverbände werben für eine schnelle humanitäre Lösung für die Kinder, sondern auch SPD, Grüne und Linkspartei. Und bei einer Abstimmung über die Aufnahme Minderjähriger hat sich am Mittwochabend im Bundestag rund ein Fünftel der Abgeordneten der Fraktion von CDU und CSU hinter einem humanitären Appell versammelt.

Das Lager Moria auf Lesbos ist für 3.000 Geflüchtete ausgelegt, inzwischen drängen sich dort mehr als 17.000 Menschen. Die christliche Kinderhilfsorganisation World Vision war Mitte Februar vor Ort. "Die Menschen hausen in Zelten aus Plastikplanen, schlafen in den kalten Nächten auf dem Boden, es gibt kaum Strom. Die medizinische Versorgung ist nicht gewährleistet. Vor allem die Kinder leiden unter der absoluten Perspektivlosigkeit", schilderte der Vorstandsvorsitzende Christoph Waffenschmidt seine Beobachtungen: "So dürfen Kinder nicht leben."

Mit ähnlich deprimierenden Eindrücken traten Fachleute der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Kommunen und der Hilfsorganisation "Seebrücke" jüngst die Heimreise an. Auch der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) war bei der Reise dabei. "Minderjährige Flüchtlinge brauchen besonderen Schutz und eine adäquate und sichere Unterbringung", sagte der Bevollmächtigte des Rates der EKD, Prälat Martin Dutzmann - und verwies auf zahlreiche Kommunen, Kirchengemeinden und zivilgesellschaftliche Gruppen in Deutschland, "die hier helfen wollen, es aber nicht dürfen".

Diskussion um rechtliche Lage

In einer "Erklärung von Lesbos" fordert die Delegation, alle unbegleiteten Minderjährigen von den Inseln zu evakuieren, getrennte Familien zusammenzuführen und die kommunale Aufnahme von Flüchtlingen zu ermöglichen. "Dass wir nicht leistungsfähig genug wären, um noch mehr Menschen bei uns aufzunehmen, das sehe ich nicht", sagt der Theologe Dutzmann.

Der Deutsche Städtetag erteilte der eigenständigen Aufnahme durch einzelne Bundesländer oder Kommunen eine klare Absage. "Rein rechtlich ist eine Antwort relativ einfach: Alle von Deutschland aufgenommenen Flüchtlinge müssen zunächst ein Asylverfahren durchlaufen, egal auf welchem Weg sie gekommen sind. Das ist der Rahmen", sagt Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy.

Helene Heuser, Juristin an der Universität Hamburg, widerspricht. Eine Aufnahme von Schutzsuchenden aus einem EU-Mitgliedstaat durch die Bundesländer sei rechtlich zulässig. Das regele Paragraf 23 Absatz 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes: Die Bundesländer dürften "Ausländer aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmte[n] Ausländergruppen" aus "völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland" aufnehmen.

"Die Landesaufnahme darf ungeachtet eines Asylverfahrens erfolgen", folgert Heuser. Sie sei eine souveräne staatliche Entscheidung und unabhängig von einem etwaigen Asylverfahren.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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